5.4.1 Allgemeines

 

Rz. 90

Mit Einführung der Abgeltungsteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen hat der Steuerabzug für den Stpfl. nicht mehr nur eine Vorauszahlungswirkung für die zu erhebende ESt. Die Abgeltungsteuer strebt eine endgültige Besteuerung der Kapitalerträge durch den Steuerabzug an der Quelle an. Deshalb müssen auch – wie in der Veranlagung zur ESt – negative Kapitalerträge (Verluste) sowie im Ausland angefallene Quellensteuern bei der Steuerberechnung durch die auszahlende Stelle berücksichtigt werden. Auszahlende Stellen sind nach § 44 Abs. 1 S. 4 EStG inländische Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierhandelsunternehmen und Wertpapierhandelsbanken. Ausl. Institute sind weder zum Steuerabzug noch zur Berücksichtigung von negativen Kapitalerträgen verpflichtet. Da der Steuerabzug gem. § 43 Abs. 5 EStG in den Fällen des § 20 Abs. 8 EStG sowie für KSt-Subjekte keine Abgeltungswirkung hat, sind ein Ausgleich negativer Kapitalerträge sowie eine Anrechnung ausl. Quellensteuern im Steuerabzugsverfahren bei diesen Stpfl. nicht möglich. Dies wurde durch S. 7, der durch das G. v. 19.12.2008[1] in § 43a Abs. 3 EStG eingefügt wurde, klargestellt. Für Privatanleger, die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen, gelten die Ausführungen zum Stückzinstopf daher weiterhin, wobei der Stückzinstopf zu einem Verlustverrechnungsmechanismus für jegliche negativen Kapitalerträge ausgeweitet wurde (Rz. 53). Für betriebliche Anleger bzw. für Körperschaften sind gezahlte Stückzinsen zwar weiterhin negative Kapitalerträge; diese werden jedoch seit dem 1.1.2009 nicht mehr beim KapESt-Abzugsverfahren berücksichtigt. Sie werden vielmehr erst im Rahmen der Veranlagung zur ESt gewinnmindernd berücksichtigt.

[1] BGBl I 2008, 2794.

5.4.2 Ermäßigung der Kapitalertragsteuer bei Anrechnung ausländischer Steuern (Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 3)

 

Rz. 91

§ 43a Abs. 1 S. 3 EStG verweist zur Berechnung der KapESt bei Berücksichtigung der anzurechnenden ausl. Quellensteuer auf § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG.[1] Damit wird die einkommensteuermindernde Anrechnung von ausl. Steuern nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG bereits im Steuerabzugsverfahren berücksichtigt (§ 32d EStG Rz. 57ff.). Diese Sonderregelung ist aus Gründen der Verfahrenserleichterung zweckmäßig, damit das depotführende Kreditinstitut die anfallende ausl. Quellensteuer gem. § 43a Abs. 3 EStG bereits anrechnen kann. So kann eine Veranlagung nur zum Zweck der Anrechnung ausl. Quellensteuern vermieden werden.

 

Rz. 92

Die Finanzverwaltung[2] hat klargestellt, dass die länderbezogene Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags (per country limitation) im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht gilt. Anrechenbare, aber noch nicht angerechnete ausl. Quellensteuer kann daher auch auf die KapESt angerechnet werden, die auf inländische Kapitalerträge entfällt. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die auszahlende Stelle vor einer etwaigen Anrechnung ausl. Quellensteuern eine Verrechnung der positiven Kapitalerträge aus dem Ausland mit Verlusten vornimmt. Denn die Verlustverrechnung hat Vorrang vor der Anrechnung ausl. Quellensteuern (§ 43a Abs. 3 S. 2 EStG).

 

Rz. 93

Die Anrechnung ausl. Steuern im Steuerabzugsverfahren ist nicht möglich, wenn die Kapitalerträge zu anderen Einkunftsarten gehören.[3] In diesem Fall wird die ausl. Steuer erst im Rahmen der Veranlagung gem. § 34c EStG angerechnet. Werden Kapitalerträge Zug um Zug gegen Aushändigung von Zinsscheinen oder Teilschuldverschreibungen ausgezahlt oder gutgeschrieben, kann eine Anrechnung der ausl. Steuern nicht vorgenommen werden; dasselbe gilt, wenn Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen Gläubiger der Kapitalerträge sind, da in diesen Fällen eine Abgeltungswirkung des KapESt-Abzugs nicht eintreten kann.

 
Praxis-Beispiel

Anrechnung ausländischer Steuer

Ausländische Dividende = 100

Steuerberechnung: Abgeltungsteuer (25 %) = 25

./. anrechenbare ausländische Steuer = 15

zu zahlende Abgeltungsteuer = 10[4]

Zu weiteren Beispielen wird auf das Anwendungsschreiben zur Abgeltungssteuer verwiesen.[5]

 

Rz. 94

Keine Anrechnung der ausl. Quellensteuer ist vorzunehmen, wenn im betreffenden ausl. Staat nach dem Recht dieses Staats ein Anspruch auf teilweise oder vollständige Erstattung der ausl. Steuer besteht.[6] Besteht lediglich der Anspruch auf eine teilweise Erstattung, kann der Stpfl. die Anrechnung im Wege der Veranlagung gem. § 32d Abs. 4 EStG beantragen. In diesen Fällen muss er dem zuständigen FA die Höhe der möglichen Erstattung im ausl. Staat nachweisen (z. B. durch Vorlage des ausl. Bescheids über die Erstattung der anteiligen Quellensteuer nach ausl. Recht).[7]

Die entsprechenden Erstattungsformulare sind über die Webseite des BZSt abrufbar.[8]

 

Rz. 94a

Die Finanzverwaltung verweist für Nicht-DBA-Fällen, in denen es vor allem fraglich ist, ob die abgezogene ausl. Quellensteuer eine der deutschen ESt entsprechende Steuer darstellt, darauf, dass die Kreditinstitute nicht von einer generellen Anrechenbarkeit von Quellensteuern (ausl. Steuern) auf Kapitalerträge ausgehen dürfen.[9] Es ist insofern eine Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen in je...

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