Rz. 57

Der Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG setzt das Vorliegen einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft voraus, wobei es genügt, dass die Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt in dem Vz, für den der Antrag erstmals gestellt wird, besteht.[1] Auch eine Beteiligung über einen sehr kurzen Zeitraum reicht damit aus. Eine Definition des Begriffs der Kapitalgesellschaft enthält § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht. Aus dem Wortlaut lässt sich jedoch ableiten, dass die zivilrechtliche Rechtsform entscheidend sein soll. Die Frage, ob ein Rechtsgebilde als Kapitalgesellschaft einzuordnen ist, beurteilt sich daher nach Maßgabe des Zivilrechts. Das deutsche Zivilrecht kennt als Kapitalgesellschaften die AG, die KGaA und die GmbH einschließlich der UG haftungsbeschränkt. Hinzu kommt auf europäischer Ebene die europäische Aktiengesellschaft SE. Bei ausl. Rechtsgebilden ist ein sog. Typenvergleich durchzuführen. Das hat zur Folge, dass es – so jedenfalls der BFH – nicht auf die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit ankommt, sondern allein darauf, ob das ausl. Rechtsgebilde seiner Struktur nach einer inländischen Körperschaft entspricht.[2] Andere Körperschaften als Kapitalgesellschaften werden von der Regelung nicht erfasst.

Auch die Frage, wie ein Rechtsgebilde in der Gründungs- und Auflösungsphase zu behandeln ist, richtet sich nach dem Zivilrecht. So ist eine Gründungsgesellschaft, die zwischen dem Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags und der Eintragung ins Handelsregister besteht (sog. Vorgesellschaft) mit der späteren Kapitalgesellschaft identisch.[3] Ein Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ist daher möglich. Dagegen kann eine Vorgründungsgesellschaft, die zwischen der Vereinbarung der Gesellschafter, eine Gesellschaft zu gründen, und dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags besteht, noch nicht als Kapitalgesellschaft betrachtet werden. Vielmehr handelt es sich um eine Personengesellschaft, für die § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht gilt.[4] Im Hinblick auf die Auflösungsphase einer Kapitalgesellschaft ist zu beachten, dass ein Auflösungsbeschluss noch nicht die Beendigung der Gesellschaft zur Folge hat. Diese tritt erst mit der Löschung aus dem Handelsregister ein. Bis dahin besteht die aufgelöste Gesellschaft fort, es wird lediglich der werbende Zweck der Gesellschaft durch den Zweck der Abwicklung überlagert. Diese Grundsätze zur Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten auch im Rahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, wie der BFH klargestellt hat.[5]

 

Rz. 58

Nicht jede Art von Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft genügt für einen Antrag i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Erforderlich ist vielmehr, dass der Stpfl. in dem Vz, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen geht der Gesetzgeber in typisierender Betrachtung von einem unternehmerisch motivierten Anteilserwerb aus.[6] Eine unmittelbare Beteiligung liegt dabei vor, wenn die Anteile dem Stpfl. ohne Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft als zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen sind.[7] Um eine mittelbare Beteiligung handelt es sich, wenn die fraglichen Anteile über eine andere Kapitalgesellschaft gehalten werden (§ 17 EStG Rz. 80).

Bei der Zwischenschaltung einer Personengesellschaft ist zu differenzieren. Im Fall einer Beteiligung über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft ist von einer unmittelbaren Beteiligung auszugehen.[8] Dagegen begründet eine Beteiligung über eine gewerblich tätige Personengesellschaft eine mittelbare Beteiligung (§ 17 EStG Rz. 87). Für die Ermittlung des Schwellenwerts i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG sind unmittelbare und mittelbare Beteiligungen zusammenzurechnen.[9] Was die von § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG geforderte berufliche Tätigkeit anbelangt, so kann es sich bei dieser um eine unselbstständige oder um eine selbstständige Tätigkeit handeln.[10] Auch kann die Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Nicht erforderlich ist daher, dass die Tätigkeit zu steuerbaren Einkünften führt.[11] Die Tätigkeit setzt auch nicht voraus, dass der Gesellschafter unmittelbar für diejenige Kapitalgesellschaft tätig wird, für deren Kapitalerträge er den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellt. Bei besonderen Umständen können auch Tätigkeiten auf der Ebene einer anderen Kapitalgesellschaft als berufliche Tätigkeit für diejenige Kapitalgesellschaft zu qualifizieren sein, für deren Kapitalerträge der Antrag gestellt wird.[12] Die Tätigkeit muss jedoch einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Kapitalgesellschaft vermitteln. Einfache Tätigkeiten (z. B. Bürosachbearbeiter oder Lagerarbeiter) reichen insofern nicht aus.[13]

 

Rz. ...

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