Rz. 55

Ist einer der beiden in Rz. 51f. behandelten Tatbestände nach § 42d Abs. 3 S. 4 Nr. 1 und 2 EStG erfüllt, die eine Inanspruchnahme des Arbeitnehmers erlauben, so muss das FA sein Auswahlermessen ausüben, ob es die LSt gegen den Arbeitnehmer durch LSt-Nachforderungsbescheid oder gegen den Arbeitgeber durch Haftungsbescheid geltend machen will.

 

Rz. 56

Die ordnungsgemäße Ausübung des Auswahlermessens hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das FA muss die Wahl, an welchen der beiden Gesamtschuldner es sich halten will, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der durch Recht und Billigkeit gezogenen Grenze und unter verständiger Abwägung der Interessen aller Beteiligten treffen.[1] Eine ausführliche Kasuistik zur Ausübung des Ermessens findet sich in H 42d.1 "Ausübung des Ermessens" LStH 2023. Es gibt weder einen Grundsatz, der eine vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitnehmers gebietet, noch einen solchen, der eine vorrangige Heranziehung des Arbeitgebers verlangt. Auszugehen ist von dem gesetzgeberischen Zweck des LSt-Verfahrens, durch den Abzug an der Quelle einen schnellen Eingang der LSt in einem vereinfachten Verfahren sicherzustellen.[2] Eine vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitgebers vor dem Arbeitnehmer kann demgemäß unzulässig sein, wenn die LSt ebenso schnell und einfach vom Arbeitnehmer nach erhoben werden kann, weil dieser ohnehin zu veranlagen ist.[3] Dies gilt hingegen nicht, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat und eine ESt-Veranlagung nach § 50 Abs. 5 EStG (in der bis zum 1.1.2009 geltenden Fassung) ausscheidet.[4]

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