5.1 Vergleich des Endvermögens mit dem Anfangsvermögen

 

Rz. 278

Der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, und hierauf aufbauend auch die Bilanzierung nach § 5 EStG, beruht auf der Erfassung der während einer bestimmten Periode (dem Wirtschaftsjahr) aus der betrieblichen Tätigkeit eingetretenen Vermögensmehrung oder Vermögensminderung. Im Gegensatz zu der Einnahme-Überschussrechnung erfasst der Betriebsvermögensvergleich auch Wertänderungen des Vermögens, die gesichert (realisiert) sind.

Die Erfassung auch von Wertveränderungen bringt es mit sich, dass bei einem Betriebsvermögensvergleich das Prinzip der Vereinnahmung und Verausgabung nach § 11 EStG nicht gilt.

Wesentlich für die Durchführung des Betriebsvermögensvergleichs sind folgende Aspekte:

  • die Definition der Periode, für den die Vermögensänderung ermittelt wird; dies erfolgt in § 4a EStG durch Festlegung des Wirtschaftsjahres;
  • die Ermittlung des Vermögens zu den beiden Stichtagen, d. h. zum Schluss des Wirtschaftsjahrs, für das der Gewinn ermittelt wird (Endvermögen) und zum Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs (Anfangsvermögen); aus dieser Regelung ergibt sich der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs (vgl. Rz. 279), der Ansatz von Wirtschaftsgütern (vgl. Rz. 26) sowie die Notwendigkeit ihrer Bewertung[1];
  • die Abgrenzung der im betrieblichen Bereich erzielten Vermögensänderungen von privaten Vermögensänderungen; betriebliche Vermögensmehrungen werden durch den Begriff der Einlagen, betriebliche Vermögensminderungen durch den Begriff der Entnahmen von den privat veranlassten Vermögensänderungen abgegrenzt (vgl. Rz. 303, 410).
[1] vgl. § 6 EStG.

5.2 Bilanzzusammenhang und seine Durchbrechung

5.2.1 Steuerrechtliche Wirkungen des Bilanzzusammenhangs

 

Rz. 279

§ 4 Abs. 1 EStG bestimmt, dass zum Zweck der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs, für das der Gewinn ermittelt worden ist, mit dem Betriebsvermögen am Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs zu vergleichen ist. Das Anfangsvermögen am Beginn des Wirtschaftsjahrs, dessen Gewinn ermittelt werden soll, hat keine eigenständige Bedeutung. Daraus ergibt sich, dass dieses Anfangsvermögen mit dem Betriebsvermögen am Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs grundsätzlich identisch ist. Dieser Zusammenhang wird ausgedrückt durch den Grundsatz des Bilanzzusammenhangs. Im Betriebsvermögensvergleich führt daher der Vergleich des Endvermögens mit dem Anfangsvermögen oder mit dem Endvermögen des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs grundsätzlich zu identischen Ergebnissen; Anfangsvermögen und Endvermögen des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs werden daher regelmäßig als identische Ausdrücke gebraucht.

 

Rz. 280

Der Grundsatz des (formellen) Bilanzzusammenhangs besagt, dass die Schlussbilanz des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs in unveränderter Form, mit unverändertem Inhalt und mit unveränderter Zusammensetzung die Anfangsbilanz des laufenden Wirtschaftsjahrs darstellt.[1] Schlussbilanz ist dabei die tatsächlich der Steuerfestsetzung zugrunde gelegte Bilanz auf den Schluss des Wirtschaftsjahrs, auch wenn diese unrichtig war.[2] Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs bezieht sich auf den Ansatz des einzelnen Wirtschaftsguts in der Bilanz, nicht nur auf die Summe der Aktiva und Passiva, und nicht nur auf die Höhe des Kapitals, das kein Wirtschaftsgut ist. Der BFH[3] hat den Grundsatz des Bilanzzusammenhangs auf das negative Kapitalkonto des Kommanditisten ausgedehnt und ihm den Charakter eines negativen Wirtschaftsguts zuerkannt.[4]

Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs verbietet damit auch Verschiebungen zwischen einzelnen Bilanzpositionen in dem (fiktiven) Zeitraum zwischen Schlussbilanz und Anfangsbilanz, selbst wenn sich hieraus keine Gewinnauswirkungen ergeben würden.

 

Rz. 281

Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs, und damit das grundsätzliche Verbot der Berichtigung der Anfangsbilanz, gilt bei Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung und Einbringung insoweit, als Buchwertverknüpfung eintritt. Damit verbietet der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs zwischen Übertragungsbilanz und Übernahmebilanz die erfolgsneutrale Berichtigung der Übernahmebilanz.[5]

 

Rz. 282

Bei Personengesellschaften gilt der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs auch für das Kapitalkonto bzw. die Kapitalkonten des einzelnen Gesellschafters. Waren die Gewinnverteilung unrichtig vorgenommen worden und die Kapitalkonten daher unrichtig geworden, können sie nur erfolgswirksam in der ersten noch offenen Bilanz richtig gestellt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass nicht nur der Gesamtgewinn der Personengesellschaft insgesamt richtig ist, sondern dass auch jedem Gesellschafter, insgesamt gesehen, der richtige Gewinn zur Versteuerung zugewiesen wird.[6]

Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs bezieht sich bei Personengesellschaften nicht nur auf die Gesamthandsbilanz, sondern auch auf Sonder- und Ergänzungsbilanzen.[7]

 

Rz. 283

Da der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs bei Personengesellschaften auch für die Sonderbilanzen gilt, kann die Gewinnauswirkung einer für Gesellschafter der Personengesellschaft in den Vorjahren gebildeten Pensionsrückstellung n...

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