12.2.13.1 Allgemeines

 

Rz. 852

Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG sind Zuwendungen, deren Hingabe oder Empfang mit Strafe oder Bußgeld bewehrt ist, unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich nicht abzugsfähig.[1]

Rz. 853 und 854 einstweilen frei

 

Rz. 855

Durch G. v. 24.3.1999[2] ist die Vorschrift wesentlich umgestaltet worden.[3] Danach sind Zuwendungen, die eine rechtswidrige Handlung darstellen, steuerlich nicht abzugsfähig; auf eine Verurteilung oder Einstellung eines Verfahrens kommt es nicht mehr an. Außerdem ist der Informationsverkehr zwischen Behörden und Gerichten ausgeweitet worden. Die Neuregelung gilt nach § 52 Abs. 12 EStG für Zuwendungen, die in einem nach dem 31.12.1998 beginnenden Wirtschaftsjahr geleistet werden. Maßgebend ist also, wann die Zuwendung erfolgt. Ist das Wirtschaftsjahr gleich dem Kj., gilt die Regelung erstmals für Zuwendungen im Jahr 1999; bei abweichendem Wirtschaftsjahr erstmals für Zuwendungen im Wirtschaftsjahr 1999/2000.

Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung in BMF v. 10.10.2002, IV A 6 – S 2145 – 35/02, BStBl I 2002, 1031 niedergelegt.

 

Rz. 856

Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn die Zuwendungen bei dem Zuwendenden dem Grunde nach Betriebsausgaben sind, d. h. also, wenn die Zuwendung aus betrieblichem Anlass gemacht wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Zuwendung ein Verhalten des Empfängers hervorrufen soll, von dem sich der Zuwendende betriebliche (also nicht nur private) Vorteile verspricht. Die Zuwendung ist dann dem Grunde nach eine Betriebsausgabe, die aber nicht abzugsfähig ist. Nicht anwendbar ist die Regelung, wenn die Zuwendung ein Geschenk darstellt, dann tritt Nichtabzugsfähigkeit nach Nr. 1 ein (Rz. 671ff.), oder privat veranlasst oder mitveranlasst ist, dann tritt Nichtabzugsfähigkeit nach § 12 Nr. 1 EStG ein.

 

Rz. 857

Systematisch stellt die Vorschrift eine Ausnahme von § 40 AO dar. Nach dieser Vorschrift ist es steuerlich ohne Bedeutung, ob das Handeln gegen ein Strafgesetz verstößt; unabhängig von der strafrechtlichen oder moralischen Bewertung des Handelns sind die steuerlichen Folgerungen zu ziehen. Hiervon macht § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG eine Ausnahme.

Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. Der Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs bei einem zu missbilligenden Verhalten hält sich noch im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens.[4]

 

Rz. 858

Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG greift nur ein, wenn nicht bereits nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG ein Abzugsverbot besteht. Ein Geschenk liegt vor, wenn aus der Sicht des Zuwendenden keine konkrete Gegenleistung des Empfängers erwartet wird, also etwa bei Zuwendungen zur Verbesserung der allgemeinen Geschäftsbeziehungen. Bestechungs- oder Schmiergeld, also kein Geschenk, liegt vor, wenn der Zuwendende eine konkrete Handlung des Empfängers erwartet, also etwa den Zuschlag bei einem Geschäftsabschluss;Rz. 672.[5] Ob ein Geschenk oder eine Zuwendung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG vorliegt, hängt von der Sicht des Leistenden ab. Es kommt nicht darauf an, ob der Leistende rechtlich zu der Zuwendung verpflichtet ist. Erfolgt die Zuwendung daher, um eine bestimmte Gegenleistung zu erhalten, liegt kein Geschenk vor, sondern eine Zuwendung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG, und zwar auch dann, wenn die Zuwendung nach Erhalt der Gegenleistung erfolgt.[6]

 

Rz. 859

Neben § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG ist auch § 160 AO[7] anzuwenden. Die Zahlung ist daher dann nicht abziehbar, wenn zwar der Tatbestand des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG nicht vorliegt, aber der Empfänger der Zahlung nicht in ausreichender Deutlichkeit benannt wird. Umgekehrt greift das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG auch dann ein, wenn der Empfänger benannt ist, sofern es sich um eine strafbare Handlung handelt.[8] Hingegen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass ein Verbot des Abzuges der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG dann nicht eingreift, wenn allein wegen der fehlenden Empfängerbenennung ein Betriebsausgabenabzug versagt werden kann.[9] Dieser Meinung ist allerdings nicht zuzustimmen, da § 160 AO die Abzugsfähigkeit der Betriebsausgaben voraussetzt.[10]

 

Rz. 860

Für Zuwendungen, die nicht in Geld bestehen, kommt eine Pauschalierung der bei dem Empfänger entstehenden Steuer durch den Leistenden nach § 37b EStG im Rahmen der dort genannten Wertgrenzen in Betracht.[11] Die Pauschalierung ist nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendung nach § 4 Abs. 5 EStG steuerlich nicht abziehbar ist (§ 37b EStG Rz. 4); weitere Einschränkungen der Pauschalierung bestehen nicht. Die Pauschsteuer teilt m. E. das Schicksal der Zuwendung, d. h., die Pauschsteuer auf Zuwendungen nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG ist bei dem Leistenden wiederum nicht abzugsfähig.[12]

[1] Kieferle, NZWiSt 2017, 391: Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und entschleierte Schmiergelder.
[2] BStBl I 1999, 304.
[3] Park, DStR 1999, 1097.
[4] Im Ergebnis ebenso Müller/Franken, StuW 1997, 3, 13ff.
[5] Stapf, DB 2000, 1092.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge