Rz. 121

Da an einer Personengesellschaft mehrere Gesellschafter beteiligt sind, bedarf es eines Aufteilungsschlüssel, wie der potenzielle Anrechnungsbetrag auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen ist. Würde eine solche Zuweisung in das Belieben der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter gestellt, wären hiermit nicht sachgerechte Gestaltungsmöglichkeiten verbunden, die schon vor dem Hintergrund der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zu rechtfertigen wären.

Der Gesetzgeber knüpft deshalb an den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel an. Hierbei kommen die gesetzlichen Regelungen in §§ 120, 121, 167 und 168 HGB nur zur Anwendung, wenn gesellschaftsvertraglich nicht etwas anderes geregelt ist. Dies folgt aus der Subsidiarität der gesetzlichen Regelungen[1]. Allerdings setzt dies voraus, dass der Gewinnverteilungsschlüssel auch steuerlich anzuerkennen ist[2].

 

Rz. 122

Eine steuerliche Korrektur des Schlüssels kann aus unterschiedlichen Gründen geboten sein. Diese kann zu einer Erhöhung oder auch zu einer Verringerung des jeweiligen Gewinnanteils führen. Als wesentliche Anwendungsfälle lassen sich nennen:

  • Annahme einer vGA bei einer GmbH & Co. KG, weil die Komplementär-GmbH keine angemessene Vergütung erhalten hat und deshalb in einer Betriebsprüfung der Gewinnanteil des Kommanditisten korrigiert wird.
  • Nachträgliche Änderungen von Gewinnverteilungsabsprachen.
  • Eine Gewinnverteilung zwischen Familienunternehmen, die steuerlich nicht anzuerkennen ist, weil Vermögensvorteile in ungerechtfertigter Weise innerhalb des Gesellschaftskreises verschoben werden.
 

Rz. 123

Steuerlich anzuerkennen sind auch Gewinnverteilungsabreden, die etwa eine Mindestverzinsung für einen Gesellschafter vorsehen oder den Gewinn über eine bestimmte (i. d. R. absolute) Höhe hinaus nicht anwachsen lassen[3]. Hingegen sind gewinnabhängige Vorabgewinne und Sondervergütungen nicht im Aufteilungsschlüssel zu berücksichtigen[4]. Die Finanzverwaltung vertrat hierzu eine abweichende Auffassung[5]. Sie wendet deshalb diese Rspr. erstmals für die Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.6.2010 beginnen, an. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kj., ist dies das Kj. 2011. Bis dahin konnten gewinnabhängige Vorabgewinne bei der Aufteilung berücksichtigt werden, wenn nicht mindestens ein Mitunternehmer beantragt, auf die Nutzung der Übergangsregelungen zu verzichten[6].

 

Rz. 124

Das Abstellen auf den zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel hat zur Folge, dass die Qualifikation von Vergütungen zwischen dem Mitunternehmer und der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 2. Halbs. EStG keine Berücksichtigung findet[7]. Vielmehr wird der GewSt-Messbetrag insoweit nicht beeinflusst. Außerdem bleiben Vorgänge im Sonderbetriebsvermögen und gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütungen unberücksichtigt[8].

 

Rz. 125

Die Nichtberücksichtigung der Sondervergütungen kann zu erheblichen Unstimmigkeiten bei den Gesellschaftern führen, indem die Gesellschafter etwa gleich hohe Anrechnungsmöglichkeiten erhalten, obwohl sie sehr unterschiedlich hohe Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.

 

Beispiel: Sondervergütungen ändern nichts am Zurechnungsmaßstab der Anrechnung

An der A & B OHG sind die ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland steuerpflichtigen natürlichen Personen A und B jeweils hälftig beteiligt. A ist Geschäftsführer und erhält hierfür eine Vergütung i. H. v. 200.000 EUR. Der Steuerbilanzgewinn der OHG, der vereinfachend dem Handelsbilanzgewinn und dem Gewerbeertrag entsprechen soll, beträgt 300.000 EUR.

Es ergibt sich folgende Situation:

 
  Gesamt A B
Steuerbilanzgewinn 300.000 150.000 150.000
Geschäftsführervergütung 200.000 200.000  
Einkünfte 500.000 350.000 150.000
Anteil an den Einkünften   70 % 30 %
Ermäßigung nach § 35 EStG      
GewSt-Messbetrag 16.642,50 8.321,25 8.321,25
3,8-Faches   31.620,75 31.620,75
Anteil am Messbetrag   50 % 50 %

Obwohl sich der Gewinn auf die Gesellschafter A und B im Verhältnis 70:30 verteilt, bekommen beide die Hälfte des GewSt-Messbetrags als Anrechnungspotenzial zugewiesen.

 

Rz. 126

Entsprechende Divergenzen entstehen auch, wenn ein Gesellschafter hohe Einkünfte aus dem Sonderbetriebsvermögen erzielt, etwa weil Wirtschaftsgüter mit hohen stillen Reserven veräußert werden. Dies kann dazu führen, dass ein negatives Ergebnis aus dem Gesamthandsvermögen positiv wird und dadurch erst eine Steuerbelastung ausgelöst wird. Hierbei ist auch zu beachten, dass die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – vorbehaltlich der Steuerbefreiung nach § 7 S. 2 Halbs. 2 EStG – grundsätzlich nach § 7 S. 1 GewStG i. V. m. § 16 Abs. 1 EStG gewerbesteuerpflichtig ist. Hierbei geht die h. M. davon aus, dass eine Befreiung von der GewSt nur erfolgt, wenn die Veräußerung aller Anteile einer natürlichen Person erfolgt[9].

 

Beispiel: Anrechnungspotenzial wird auf beide Gesellschafter gleichmäßig verteilt

An der A & O-OHG sind die natürlichen Personen A und O hälftig beteiligt. Das Ergebnis der OHG beträgt ./. 10.000 EUR. Der...

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