Rz. 56

Bis einschließlich Vz 2007 betrug der potenzielle Anrechnungsbetrag gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG das 1,8-Fache des tatsächlich festgestellten GewSt-Messbetrags. Wird der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG vernachlässigt, die Abrundung des Gewerbeertrags unberücksichtigt gelassen und eine Steuermesszahl von 5 % unterstellt, ergab sich hieraus eine Steuerentlastung von der ESt i. H. v. 9 % (= 1,8 × 5 %)[1]. Hierbei ist zu beachten, dass die GewSt auf Ebene des Unternehmens als Betriebsausgabe den Gewinn verringert hat.

 

Rz. 57

Seit Vz 2008 beträgt der potenzielle Anrechnungsbetrag gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG das 3,8-Fache des tatsächlich festgestellten GewSt-Messbetrags. Allerdings ist die GewSt nunmehr auf Ebene des Unternehmens nicht mehr als Betriebsausgabe abzugsfähig (§ 4 Abs. 5b EStG) und der GewSt-Messbetrag wurde auf 3,5 % festgelegt. Wird auch hier auf die Berücksichtigung des Freibetrags und der Abrundung verzichtet, ergibt sich eine maximale Entlastung von 13,3 % (= 3,8 × 3,5 %). Damit zeigt sich, dass die Regelung zu einer deutlich höheren Entlastung beim einzelnen (Mit-)Unternehmer führt. Hieraus folgt aber auch, dass es zu einem erheblichen Anstieg der Steuerbelastung kommt, sofern die Entlastungsmechanismen des § 35 EStG beim Gesellschafter nicht anwendbar sind. Wird etwa von einem in Hamburg ansässigen Einzelunternehmer (gewerbesteuerlicher Hebesatz: 470 %) ausgegangen, der einem Spitzensteuersatz unterliegt, bei dem der Mechanismus des § 35 EStG nicht greift und eine volle Doppelbelastung (etwa aufgrund der Periodisierung von Verlusten) eintritt, entsteht eine Steuerbelastung i. H. v. rd. 64 % (ggf. zzgl. KiSt). Hierin zeigt sich der grundlegende Nachteil der Vorgehensweise des Gesetzgebers, eine Belastung bei einer Steuer durch eine Entlastung bei einer anderen zu kompensieren.

 

Rz. 58

Der Gesetzgeber hat durch das JStG 2009 in § 52 Abs. 50a S. 2 EStG klargestellt, dass für alle GewSt-Messbeträge, die aus Erhebungszeiträumen stammen, die vor dem 1.1.2009 enden, das 1,8-Fache des GewSt-Messbetrags zu berücksichtigen ist. Dadurch sollen Übergangsprobleme zwischen altem und neuem Recht beseitigt werden. Ferner wird damit dem Umstand Rechnung getragen, inwieweit die GewSt als abzugsfähige Betriebsausgaben auf Ebene des Unternehmens berücksichtigt wurde. Insoweit wird der Gesamtsteuerbelastung Rechnung getragen.

 

Rz. 59

Der nach § 14 GewStG festgesetzte GewSt-Messbetrag ist bindend für Zwecke des § 35 EStG. Hieraus folgt, dass die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen diesen Betrag erhöhen bzw. verringern. Hierbei erfolgt eine gesonderte Ermittlung des Messbetrags für jeden Betrieb, auch wenn ein Stpfl. mehrere Betriebe unterhält. Allerdings werden die einzelnen Beträge dann zur Ermittlung des Ermäßigungspotenzials addiert. Der BFH begründet dies damit, dass die Steuerermäßigung nach § 35 EStG eine Entlastung von der ESt bewirkt, und damit eine betriebsbezogene Betrachtung, wie sie das GewStG unterstellt, der Systematik des EStG widerspricht[2].

 

Rz. 60

Der Steuermessbetrag ist durch den GewSt-Messbescheid festzusetzen (§ 14 S. 1 GewStG i. V. m. § 184 Abs. 1 S. 1 AO). Dieser ist ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), der für andere Bescheide (Folgebescheide) bindend ist, soweit sein Inhalt für diese von Bedeutung ist (§ 184 Abs. 1 i. V. m. § 182 Abs. 1 AO). Die Festsetzung des Steuermessbetrags ist zwar keine Steuerfestsetzung und der GewSt-Messbescheid kein Steuerbescheid i. S. d. § 157 AO, da der Steuermessbetrag kein Steuerbetrag, sondern eine gesondert festgesetzte Besteuerungsgrundlage ist. Die Festsetzung eines Steuermessbetrags weist aber so viel Ähnlichkeit mit einer Steuerfestsetzung auf, dass nach § 184 Abs. 1 S. 3 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung für die Festsetzung der Steuermessbeträge sinngemäß anzuwenden sind. Dies gilt nicht nur für die Vorschriften der AO hinsichtlich der "Durchführung der Besteuerung", sondern für alle Vorschriften, die die Ermittlung der Steuer und für Steuerbescheide betreffen (§§ 85 ff. AO). Die §§ 118133 AO gelten für GewSt-Messbescheide unmittelbar, da diese Verwaltungsakte i. S. d. § 118 AO sind.

 

Rz. 61

Die FÄ sind als Landesfinanzbehörden für den Erlass der GewSt-Messbescheide zuständig, auch wenn den Gemeinden (Stadtstaaten) das Aufkommen aus der GewSt zusteht. Nach Art. 108 Abs. 2 GG obliegt die Verwaltung grds. den Ländern. Von der für die Länder – mit Ausnahme der Stadtstaaten Berlin und Hamburg – bestehenden Möglichkeit des Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG, die Verwaltung der GewSt ganz oder teilweise auf die Gemeinden (Gemeindeverbände) zu übertragen, haben das Land Bremen keinen und die anderen Länder nur insoweit Gebrauch gemacht, als sie den Gemeinden die Festsetzung und Erhebung der GewSt, nicht jedoch die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, die Festsetzung der Steuermessbeträge, deren Zerlegung oder Zuteilung übertragen haben[3]. Hiervon zu unterscheiden ist die technische Herstellung des GewSt-Messbescheid...

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