Rz. 38

Ungeklärt ist weiterhin, wie Währungskursdifferenzen steuerlich berücksichtigt werden sollen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, Währungskursdifferenzen hingen ursächlich mit der Betriebsstätte zusammen und teilten daher das Schicksal der Ergebnisse der Betriebsstätten. Das bedeutet, dass Währungsergebnisse bei einer Betriebsstätte in einem DBA-Land wegen Anwendung der Freistellungsmethode im Inland nicht berücksichtigt werden[1]. M. E. sind Währungsergebnisse jedoch nicht Teil des Betriebsstättenergebnisses. Die Freistellungsmethode ordnet die Betriebsstättengewinne dem Betriebsstättenstaat zu, kann also nur solche Ergebnisse erfassen, die im Betriebsstättenstaat überhaupt steuerbar sein können. Das ist bei Währungsergebnissen nicht der Fall. Im Betriebsstättenstaat fallen keine Währungsergebnisse an, da hier nur die ausl. Währung angewandt wird. Die Währungsergebnisse fallen erst an bei der Übernahme der Betriebsstättenergebnisse in das Stammhaus; sie sind daher nicht durch die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsstätte verursacht, sondern durch die Verpflichtung des Stammhauses, die Besteuerungsgrundlagen der Betriebsstätte in EUR zu übernehmen. Sie sind damit durch das Stammhaus verursacht. Im Ergebnis sind diese Währungskursdifferenzen inländische, keine ausl. Einkünfte. Die gegenteilige Meinung führt dazu, dass die Währungsverluste steuerlich überhaupt nicht berücksichtigt werden (der Betriebsstättenstaat hat keine Veranlassung, dies zu tun, da bei ihm, an der Quelle, keine Währungsverluste entstanden sind); das wäre ein Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

 

Rz. 39

Der BFH[2] tendiert jedoch dazu, Währungskursverluste der ausl. Betriebsstätte zuzuordnen, und verneint daher die Abzugsfähigkeit im Inland[3]. Der EuGH[4] ist dem BFH entgegengetreten und vertritt scheinbar wie hier die Auffassung, dass Verluste am Dotationskapital aufgrund von Währungskursänderungen dem Stammhaus zuzuordnen sind. Da im konkreten Fall die Betriebsstätte aufgegeben wurde, ist allerdings nicht ganz klar, ob er Währungskursänderungen generell dem Stammhaus zuordnen[5] oder sie nur im Fall der Aufgabe der Betriebsstätte berücksichtigen will. Dass Währungskursänderungen im Fall der Aufgabe der Betriebsstätte zu berücksichtigen sind, ergibt sich zumindest aus der Rspr. des EuGH[6], wonach Verluste einer Tochtergesellschaft dann von der Muttergesellschaft angesetzt werden können, wenn sie andernfalls verloren wären, entweder weil die Tochtergesellschaft liquidiert wird oder weil die Verluste nicht von einem Dritten – dem Erwerber der Tochtergesellschaft – genutzt werden können. Für die hier vertretene Auffassung spricht weiterhin die Rspr. des EuGH[7], wonach Betriebsstätten und Tochtergesellschaften prinzipiell gleich zu behandeln sind.

Klärung hat jedoch die Lidl-Entscheidung des EuGH[8] gebracht, in der es um die laufende Nutzung von Verlusten einer Betriebsstätte geht. Der EuGH hat dabei die (generelle) Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten ausl. Betriebsstätten mit Gewinnen des inländischen Stammhauses durch ein DBA als mit dem Europarecht vereinbar erklärt. Er stützt dies darauf, dass die in den DBA festgehaltene Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten zu respektieren sei. Getragen sein dürfte diese Auffassung des EuGH von der Sorge der Mitgliedstaaten hinsichtlich einer doppelten Verlustberücksichtigung. Eine Besteuerung von Währungsgewinnen und -verlusten kann aber denklogisch nicht im Betriebsstättenstaat entstehen, sodass es abstrakt keine Aufteilung der Besteuerung der Erträge bzw. des Aufwands aus Wechselkursänderungen geben kann. Vor diesem Hintergrund dürfte das Urteil des EuGH in Sachen Lidl insoweit nicht gegen die hier vertretene Auffassung sprechen. Gestützt werden könnte die Berücksichtigung von Währungsänderungen allerdings inzwischen auch auf die folgende Annahme: § 4 Abs. 1 S. 3 und 7 EStG enthalten einen allgemeinen Ent- und Verstrickungsgrundsatz für Wirtschaftsgüter; zu den Wirtschaftsgütern gehört auch das Kapital oder zumindest dessen Nutzungsüberlassung. Im Rahmen der Bewertung der Entnahme bzw. Einlage in Fremdwährung würden die Wechselkursänderungen bilanzwirksam.

[1] Baranowski, DB 1992, 240.
[2] BFH v. 19.5.1993, I R 60/92, BStBl II 1993, 714: zu einem einer ausl. Personengesellschaft vom inländischen Gesellschafter gewährten Darlehen.
[5] So im Ergebnis wohl Rehm/Nagler, IStR 2008, 129.
[6] EuGH v. 13.12.2005, Rs. C-446/03 (Marks & Spencer), BFH/NV Beilage 2006, 117.
[7] EuGH v. 23.2.2006, Rs. C-253/03 (CLT-UFA), BFH/NV Beilage 2006, 237.

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