Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung eines Währungsverlusts als Betriebsausgabe aus der Rückführung des Dotationskapitals, das einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gewährt wurde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) in Verbindung mit Art. 58 EG-Vertrag (jetzt Art. 48 EG) steht der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der bei der Festsetzung der nationalen Besteuerungsgrundlage die Berücksichtigung eines Währungsverlusts eines in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens aus der Rückführung des Dotationskapitals, das es seiner in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gewährt hatte, ausgeschlossen ist.

2. Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) in Verbindung mit Art. 58 EG-Vertrag (jetzt Art. 48 EG) steht auch einer Regelung entgegen, nach der ein Währungsverlust als Betriebsausgabe eines in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens nur in dem Umfang abgezogen werden darf, in dem seine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte keine steuerfreien Gewinne erzielt hat.

 

Normenkette

EGVtr Art. 43

 

Beteiligte

Deutsche Shell

Deutsche Shell GmbH

Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Beschluss vom 08.06.2006; Aktenzeichen 6 K 274/03; EFG 2007, 43)

 

Tatbestand

„Niederlassungsfreiheit ‐ Körperschaftsteuer ‐ Monetäre Wirkungen bei der Rückführung von Dotationskapital, das ein in einem Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen seiner in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gewährt hat“

In der Rechtssache C-293/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Juni 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2006, in dem Verfahren

Deutsche Shell GmbH

gegen

Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Deutschen Shell GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte A. Raupach und D. Pohl,

‐ des Finanzamts für Großunternehmen in Hamburg, vertreten durch M. Fromm als Bevollmächtigten,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, M. de Mol und M. de Grave als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und G. Wilms als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. November 2007

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) und 58 EG-Vertrag (jetzt Art. 48 EG).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Deutschen Shell GmbH (im Folgenden: Deutsche Shell) und dem Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg (im Folgenden: Finanzamt) wegen der Art und Weise, in der die Behörden der Bundesrepublik Deutschland die Währungsabwertung, von der das Kapital betroffen war, mit dem das Unternehmen seine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte ausgestattet hatte (im Folgenden: Dotationskapital), bei der Rückführung des Kapitals steuerlich behandelt haben.

Rechtlicher Rahmen

Das Doppelbesteuerungsabkommen

3

Art. 3 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Italien vom 31. Oktober 1925 (RGBl. 1925 II, S. 1146, im Folgenden: Abkommen) bestimmt:

„Sachsteuern, welche die Einkünfte aus dem Betriebe von Handel, Industrie oder sonstigem Gewerbe jeder Art treffen, werden nur von dem Staate erhoben, in dessen Gebiet das Unternehmen seine Betriebsstätte hat; …

Hat das Unternehmen Betriebsstätten in beiden vertragschließenden Staaten, so wird jeder der beiden Staaten die Sachsteuern von dem Teile der Einkünfte erheben, der durch die Tätigkeit der in seinem Gebiete befindlichen Betriebsstätten erzielt wird.

…“

4

Art. 11 des Abkommens bestimmt:

„Personalsteuern, die das Gesamteinkommen des Steuerpflichtigen treffen, werden von jedem der vertragschließenden Staaten nach folgenden Bestimmungen erhoben:

(1) Auf die Einkünfte

c) aus dem Betriebe von Handel, Industrie und sonstigem Gewerbe einschließlich der Einkünfte aus dem Betriebe der Seeschifffahrt,

finden dieselben Bestimmungen Anwendung, die für diese Einkünfte in den betreffenden Artikeln getroffen sind.

…“

Das im entscheidungserheblichen Zeitraum in Deutschland geltende Steuerrecht

5

§ 1 des Körperschaftsteuergesetzes vom 11. März 1991 (BGBl. 1991 I S. 637, im Folgenden: KStG) bestimmt:

„(1) Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind die folgenden Körperschaften, … die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben:

1. Kapitalgese...

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