2.1 Zweck der Regelung

 

Rz. 8

Sinn und Zweck der Gewährung eines Pauschbetrags für außergewöhnliche Belastungen von Menschen mit einer Behinderung ist insbesondere die Vereinfachung der Inanspruchnahme des Steuerabzugs für diese Fallgruppe.[1] Durch die Regelung ist nicht mehr jeder einzelne Fall und jede einzelne Ausgabe nachzuweisen, vielmehr geht der Gesetzgeber von einem typisierten Mehraufwand des Existenzminimums bei behinderten Menschen aus. Hierdurch wird das Verfahren einerseits für den Stpfl. vereinfacht, der nun nicht mehr sämtliche Einzelbelege aufbewahren und einreichen muss. Andererseits wird das Verfahren auch für die Finanzverwaltung vereinfacht, die nun nicht mehr sämtliche Belege prüfen muss.[2]

Da die Regelung als Wahlrecht ausgestaltet ist, kann der Stpfl. die für ihn günstigere Variante (Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen und Inanspruchnahme des § 33 EStG einschließlich der Kürzung der zumutbaren Eigenbelastung sowie des Nachweises der einzelnen Aufwendungen oder lediglich den Nachweis der Behinderung und Inanspruchnahme der Pauschbeträge ohne weitere Kürzungen) im Rahmen der Steuererklärung herbeiführen.

 

Rz. 9

Darüber hinaus hat die Norm einen Vereinfachungscharakter. Insbesondere durch die aufgrund der möglichen Inanspruchnahme der Pauschbeträge zur Disposition gestellte Beweissicherungspflicht des Stpfl. kann es zu einer Verfahrensvereinfachung kommen.[3] Durch die Nachlässigkeit des Gesetzgebers bei der Anpassung der Pauschbeträge an die aktuelle Inflation in der Vergangenheit wurde dieser Zweck indes konterkariert, da die Inanspruchnahme der Pauschbeträge gegenüber den tatsächlichen Aufwendungen stetig an Vorteilhaftigkeit verloren hat.[4] Der Gesetzgeber hat diesen Misstand ab Vz 2021 allerdings beseitigt und darüber hinaus eine Vorschrift mit § 33 Abs. 8 EStG eingeführt, um die Regelung nach 6 Jahren erneut hinsichtlich der Angemessenheit zu überprüfen. Der Gesetzgeber geht insoweit auch davon aus, dass es Menschen mit einer Behinderung schwer fallen kann, die bestehenden bürokratischen Lasten zu erfüllen, sodass eine Erleichterung in Form von Pauschbeträgen insoweit Abhilfe schaffen kann.

Für eine Inanspruchnahme des § 33b EStG spricht zudem die Erleichterung des Abzugs außergewöhnlicher Belastungen dem Grunde nach, da die Anforderungen an die Zwangsläufigkeit der getätigten Aufwendungen bei einem Abzug gem. § 33 EStG im Einzelfall geprüft werden.

 

Rz. 10

Bei der Frage, ob der Stpfl. das Wahlrecht in Anspruch nehmen sollte oder nicht, ist neben der Höhe der Aufwendungen (unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung) auch die Möglichkeit der Übertragung der Pauschalen zu berücksichtigen. Sowohl der Behinderten- als auch der Hinterbliebenen-Pauschbetrag können von einem Kind auf einen Elternteil übertragen werden. Eine derartige Übertragung ist bei der Inanspruchnahme des § 33 EStG nicht ohne Weiteres möglich. Die Übertragung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Übertragungsberechtigte über keinerlei Einkünfte verfügt, sodass getätigte Aufwendungen ohne steuerliche Berücksichtigung "verloren gehen" würden.

Darüber hinaus ist eine Inanspruchnahme des Behinderten- bzw. Hinterbliebenen-Pauschbetrags sowie eine Übertragung auf einen anderen Stpfl. von Vorteil, wenn der Empfänger einer höheren Steuerprogressionsstufe unterfällt als der Überträger. Weiterhin ist eine Übertragung seitens eines Kindes, das seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland innehat, auf den im Inland unbeschränkt stpfl. Elternteil möglich, sofern beide als unbeschränkt stpfl. behandelt werden (können).[5] Auch in derartigen Konstellationen kann die Inanspruchnahme des § 33b EStG und anschließender Übertragung dazu führen, dass eine Steuerersparnis realisiert werden kann.

 

Rz. 10a

Die Regelung ist nicht nur im Rahmen der Jahressteuererklärung maßgebend, sondern wird gem. § 39a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG auch beim LSt-Abzugsverfahren in Form eines Freibetrags berücksichtigt. Aufgrund der umfassenden Verweisung der lohnsteuerlichen Regelung auf § 33b Abs. 1 bis 5 EStG, wird auch eine ggf. erfolgende Aufteilung des Betrags entsprechend berücksichtigt (Rz. 48).

[2] BT-Drs. 19/21985, 12; BFH v. 14.10.1997, III R 102/96, BFH/NV 1998, 388 in Bezug auf den Pflegepauschbetrag.
[3] Hufeld, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33b EStG Rn. A 2 f.
[4] So auch Dziadkowski, FR 2011, 224;.Dziadkowski, FR 2001, 524; Schneider, INF 1996, 461.
[5] R 33b Abs. 3 EStR 2012; zustimmend Fuhrmann, in Korn/Carlé/Strahl/Stahl, EStG, § 33b EStG Rz. 15.1.

2.2 Mensch mit einer Behinderung

 

Rz. 11

Einen Anspruch auf Gewährung des Behinderten-Pauschbetrags haben Menschen mit Behinderung, die in Deutschland unbeschränkt stpfl. sind. Der Begriff des Menschen mit einer Behinderung lehnt sich hierbei an § 2 Abs. 1 SGB IX an. Demnach gelten Menschen als mit einer Behinderung, "wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zusta...

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