3.1 Abgeltung des Sonderbedarfs

 

Rz. 56

Die Regelung des § 33a Abs. 2 EStG ist ein Ergänzungs- bzw. Erweiterungstatbestand zu § 32 Abs. 6 S. 1 EStG (§ 32 EStG Rz. 104ff.). Während gem. § 32 Abs. 6 EStG ein Freibetrag für den existenziellen Mehrbedarf einer Ausbildung minderjähriger Kinder gewährt wird, wird in § 33a Abs. 2 EStG der als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Mehrbedarf bei der auswärtigen Unterbringung eines sich in einer Berufsausbildung befindlichen volljährigen Kindes berücksichtigt. Sind die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt, wird ein pauschaler Freibetrag gewährt; ein Nachweis tatsächlicher Aufwendungen ist nicht notwendig und führt nicht zu einer Erhöhung der zu berücksichtigenden Beträge.

Der zu gewährende Freibetrag hat ab Vz 2023 die Höhe von 1.200 EUR je Kind (bis Vz 2022: 924 EUR).[1] Die Erhöhung des Freibetrags entspricht der Umsetzung einer Regelung des Koalitionsvertrags[2] und ist erstmalig für den Vz 2023 anzuwenden.[3] Ob der Mehrbedarf für ein auswärtig zu Ausbildungszwecken untergebrachtes volljähriges Kind steuerlich in ausreichendem Maß berücksichtigt wird, ist nicht isoliert am Maßstab des Ausbildungsfreibetrags nach § 33a Abs. 2 EStG zu prüfen. Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit ist vielmehr unter Zusammenrechnung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG sowie des Freibetrags nach § 33a Abs. 2 EStG vorzunehmen. Gegen die Höhe des Freibetrags bestehen für den Vz 2009 keine verfassungsrechtlichen Bedenken.[4]

Dies dürfte auch im aktuellen Vz gelten. Da der Ausbildungsfreibetrag stets in Summe mit dem Grundfreibetrag zu betrachten ist und das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum des Kindes insoweit steuerliche entlastet wird, verbleibt lediglich die Frage, ob die zusätzlichen Kosten der Ausbildung ebenfalls auf Basis einer verfassungsrechtlichen Grundlage steuerlich zu entlasten wären. Der BFH verneint dies, sodass die Erhöhung auf 1.200 EUR eine sozialpolitische, wohl aber keine verfassungsrechtliche Komponente enthalten sollte. Es erfolgt ein Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Stpfl.

[1] Anhebung durch G. v. 16.12.2022, BGBl I 2022, 2294.
[2] Mehr Fortschritt wagen, Koalitionsvertrag 2021-2025, 131.
[3] BT-Drs. 20/3879, 92.

3.2 Volljähriges Kind

 

Rz. 57

Der Freibetrag wird nur für volljährige Kinder gewährt (in Deutschland mit Vollendung des 18. Lebensjahres). Dies gilt auch für in einem ausl. Staat auswärtig untergebrachte Kinder, selbst wenn das ausl. Recht die Volljährigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt kodifiziert. Für minderjährige Kinder scheidet ein entsprechender Abzug kategorisch aus. Das Abzugsverbot für minderjährige Kinder ist verfassungsgemäß.[1]

3.3 Aufwand für Sonderbedarf einer Berufsausbildung

 

Rz. 58

Die pauschale Abgeltung durch Gewährung des Freibetrags erfolgt für "Sonderbedarf". Ein solcher Sonderbedarf wird aufgrund des Wortlauts der Vorschrift angenommen, sofern die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind. Gesonderte Nachweise hierüber sind nicht erforderlich.

Der Sonderbedarf wird durch den Freibetrag abgegolten. Hiermit stellt die Regelung klar, dass ein darüber hinausgehender Abzug, z. B. nach § 33 EStG, nicht möglich ist, sofern Aufwendungen die Berufsausbildung betreffen.[1] Eine "Ausnahme" sind z. B. krankheitsbedingte Mehraufwendungen; diese stellen m. E. aber auch keinen Sonderbedarf für eine Berufsausbildung dar, sondern sind durch die Krankheit indiziert.[2]

 

Rz. 59

Zum Begriff des Aufwands s. Rz. 7. Unerheblich ist, welcher Art die Aufwendungen tatsächlich sind und welche Höhe diese haben.[3] Eine Erhöhung des Abzugsbetrags bzw. ein gesonderter Abzug ist selbst dann nicht möglich, wenn die Aufwendungen außergewöhnlich erscheinen.[4]

 

Rz. 60

Der Begriff der Berufsausbildung ist – wie auch in § 33a Abs. 1 EStG – identisch mit § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG (Rz. 17).

Zur Berufsausbildung können auch Schulbesuche in den USA z. B. von Colleges gelten.[5] Ebenso zählen mögliche Praktika zur Berufsausbildung dazu, sofern diese einen Bezug zur angestrebten Tätigkeit aufweisen.[6] Übergangszeiten sind bis zu 4 Monate zu berücksichtigen, ebenso zählen vorlesungsfreie Zeiten oder Ferien zur Ausbildungszeit, sofern die Ausbildung nicht abgebrochen wird.

Generell keine Berufsausbildung liegt bei Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres vor.[7] Abweichendes kann sich nur dann ergeben, wenn das soziale Jahr einen konkreten Bezug zur späteren Tätigkeit aufweist, z. B. zu der eines Sozialarbeiters, für die eine dreijährige "Bewährung" in einem sozialen Beruf gefordert wird. Eine bevorzugte Berücksichtigung bei Studienplätzen durch höhere Anrechnung dieser Zeit reicht hierfür hingegen nicht aus.

 

Rz. 61

Wird die Berufsausbildung abgeschlossen, endet die Gewährung des Freibetrags. Zum Umfang und Problemen vgl. Rz. 18.

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