Rz. 10

Auch die in § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG enthaltene Missbrauchsregel hält den Anforderungen der Verfassung stand. Zwar bewirkt § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG, s. dazu die Ausführungen oben unter Rz. 9. Hierdurch sollen jedoch missbräuchliche Steuergestaltungen verhindert werden, die darauf abzielen, Einkünfte aus den hoch besteuerten anderen Einkunftsarten in die niedriger besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zu verlagern. Diese gesetzgeberische Zielsetzung ist grundsätzlich geeignet, die durch § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG bewirkte Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, da der Gesetzgeber in den von dieser Vorschrift erfassten Fällen typisierend von einer missbräuchlichen Steuergestaltung ausgehen durfte. Gleichwohl ergeben sich Grenzen. So darf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG, der vorsieht, dass bei Darlehensbeziehungen zwischen nahestehenden Personen der proportionale Sondertarif i. H. v. 25 % keine Anwendung findet, zu keiner Benachteiligung von Ehe und Familie führen. Der BFH hat die Vorschrift daher einschränkend dahin gehend ausgelegt, dass für ein Nahestehen ein konkretes Beherrschungsverhältnis erforderlich ist.[1] Die Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG, die eine Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. H. v. 25 % ausschließt, wenn der Gesellschafter im Fall einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu mindestens 10 % an der betreffenden Gesellschaft beteiligt ist, hat der BFH dagegen gebilligt. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber ab einer Beteiligung von 10 % von besonderen Möglichkeiten der Einflussnahme ausgeht, die es dem Gesellschafter erlauben, durch eine Fremdfinanzierung von dem proportionalen Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG zu profitieren.[2] Insgesamt betrachtet ist § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG danach als ebenfalls mit der Verfassung vereinbar anzusehen.

[1] BFH v. 29.4.2014, VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617, BStBl II 2014, 986; s. hierzu Moritz, AktStR 2014, 457.

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