Rz. 116

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG bestimmt, dass zu den sonstigen Bezügen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG auch verdeckte Gewinnausschüttungen gehören. Die Regelung soll sicherstellen, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen gleich behandelt werden.

 

Rz. 117

Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG liegt vor, wenn eine Körperschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet, diese Zuwendung ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat und der Vermögensvorteil dem Gesellschafter zugeflossen ist.[1] Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist regelmäßig gegeben, wenn die Körperschaft den Vermögensvorteil bei der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.[2] Ist der Begünstigte ein beherrschender Gesellschafter, kann die Zuwendung des Vermögensvorteils auch dann ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt.[3] Voraussetzung für die Besteuerung einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter ist weiterhin, dass der Vermögensvorteil dem Gesellschafter zugeflossen ist.[4] Ausnahmsweise kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch ohne Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vermögensvorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine dem Gesellschafter nahestehende Person aus der Vermögenszuwendung einen Nutzen zieht.[5] Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist ein Zufluss des Vermögensvorteils bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung anzunehmen, sofern der Anspruch eindeutig und unbestritten ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.[6]

 

Rz. 118

Eine verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt beim Gesellschafter als Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG der Besteuerung. Steuerlich wird die verdeckte Gewinnausschüttung daher nicht anders behandelt als eine offene Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG. Ob beim Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben ist, beurteilt sich unabhängig davon, ob auch bei der Körperschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.[7] Die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG decken sich nicht mit denen einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG.[8] Zu beachten ist, dass nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG der besondere Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen auf verdeckte Gewinnausschüttungen nur anzuwenden ist, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der Körperschaft nicht gemindert hat, die Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung also nicht nur auf der Ebene des Gesellschafters, sondern auch auf der Ebene der Körperschaft gegeben sind. Insofern besteht eine materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen der Behandlung einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter und bei der Körperschaft. Zu beachten ist ferner, dass nach § 32a Abs. 1 KStG ein Steuerbescheid gegenüber einem Gesellschafter, dem eine verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist, erlassen, aufgehoben oder geändert werden kann, wenn gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid im Hinblick auf eine verdeckte Gewinnausschüttung erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Damit besteht auch eine formell-rechtliche Korrespondenz zwischen der Behandlung einer verdeckten Gewinnausschüttung auf der Ebene des Gesellschafters und auf der Ebene der Körperschaft.[9] Zwar stehen KSt- und ESt-Bescheid nicht im Verhältnis Grundlagenbescheid – Folgebescheid; in sinngemäßer Anwendung des § 32a KStG verlangt der BFH indes, dass sich Änderungen bei der Steuerfestsetzung auf der Ebene der Gesellschaft auf der Ebene des Anteilseigners niederschlagen[10], was im Ergebnis auf ein Verhältnis Grundlagenbescheid – Folgebescheid hinausläuft. Sofern der Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung zu einem späteren Zeitpunkt an die Gesellschaft zurückzahlt, werden die vorstehenden Rechtsfolgen nicht nachträglich beseitigt.[11] Vielmehr ist die Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung bei gesellschaftlicher Veranlassung als Einlage zu beurteilen, die die Anschaffungskosten der Kapitalbeteiligung erhöht.[12]

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