Rz. 99

Aus dem EStG ergibt sich nicht unmittelbar, was unter einer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied zu verstehen ist. Aus der Vorschrift des § 10 Nr. 4 KStG kann aber entnommen werden, dass Tätigkeiten erfasst werden sollen, deren Aufgabe darin besteht, die Geschäftsführung einer Körperschaft zu überwachen.[1] Der Begriff "Überwachung" ist weit auszulegen.[2] Nicht auf die Bezeichnung der Personen, sondern auf die von ihnen konkret ausgeübte Tätigkeit kommt es an. Dazu gehört, dass sich der Aufsichtsrat in die Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung einschaltet[3] oder die Geschäftsführung in bestimmten Fragen, z. B. Finanzierungsfragen, berät.[4] Auch die Mitgliedschaft in einem sogen. "Horizon Board" (beratendes unternehmensinternes Gremium aus Mitarbeitern der jüngeren Generation) kann hierher gehören.[5] Von einer Überwachung ist aber nicht mehr auszugehen, wenn im Wesentlichen beraten wird oder die Geschäftsführungsaufgaben selbst übernommen werden.[6] Auch die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben gehört nicht dazu.[7]

 

Rz. 100

Aufsichtsräte, Verwaltungsräte, Beiräte usw. können bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften (z. B. Rundfunk- und Fernsehanstalten), bei AG, KGaA, GmbH, OHG, KG und anderen Mitunternehmerschaften gebildet werden. Auf die Bezeichnung des Gremiums kommt es nicht an; entscheidend ist, ob es zur Überwachung der Geschäftsführung berufen ist. Unerheblich ist, ob die Gesellschaft ihren Sitz im In- oder Ausland hat; bei ausländischen Gesellschaften sind ggf. die Bestimmungen eines DBA zu beachten.

 

Rz. 101

Die Vergütung für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gehört insoweit zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit, als sie auf die Überwachungstätigkeit entfällt. Zu den Einnahmen zählen auch geldwerte Vorteile, wie z. B. Sachzuwendungen, wenn diese durch die Aufsichtsratstätigkeit veranlasst sind.[8] Hinsichtlich des Umfangs der sachlichen Steuerpflicht von Zuwendungen zwischen den Einkünften aus selbstständiger Arbeit und denen aus nichtselbstständiger Arbeit besteht kein Unterschied. Der Wert von Nebenleistungen (Büroraum, Bürokraft), die nur die technische Voraussetzung für die Ausübung der Aufsichtsratstätigkeit schaffen, ist aber nicht Teil der Vergütung.[9]

Auch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden von Nr. 3 erfasst, da deren Tätigkeit im Aufsichtsrat nicht Ausfluss des Arbeitsverhältnisses ist.[10] Steht die Aufsichtsratstätigkeit bei anderen Arbeitnehmern, die in einen Aufsichtsrat entsandt werden, aber in einem engen Verhältnis zur Haupttätigkeit, gehört auch die Aufsichtsratsvergütung zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Vergütung ganz oder teilweise an den Arbeitgeber abgeführt werden muss.[11] Wird ein Beamter von seinem Dienstherrn in einen Aufsichtsrat entsandt, stellen auch die ihm hierfür belassenen Vergütungen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dar[12], da nicht die Interessen des Dienstherrn, sondern gesellschaftsrechtliche Kontrollaufgaben wahrgenommen werden sollen.

 

Rz. 102

Aufwendungen, die dem Aufsichtsratsmitglied im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit entstehen (z. B. Reisekosten), sind Betriebsausgaben, bei einem Beamten Werbungskosten. Dies gilt auch für solche Aufwendungen, zu denen sich der Arbeitnehmer im Interesse des Betriebs oder der sozialen Belange der Betriebsangehörigen vor seiner Wahl zum Aufsichtsratsmitglied verpflichtet hat.[13] Repräsentationsaufwendungen sind jedoch nicht abzugsfähig.

[2] Brandt, in H/H/R, EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 266.
[5] Holle/Schwarz, AG 2024, 17ff.
[8] BFH v. 9.4.2013, VIII R 19/11, BFH/NV 2013, 1473 zur Teilnahme an Aktienoptionsprämien; Neufang/Schäfer, StB 2022, 128.
[9] OFD Magdeburg v. 11.12.2007, S 2248-15-St 113 V.
[11] OFD Frankfurt/M. v. 23.9.2013, S 2337 A-26-St 211.
[12] BFH v. 15.3.1957, VI 84/55 U, BStBl III 1957, 226; str.; a. A. Niedersächsisches FG v. 8.9.1994, V 63/91, EFG 1994, 1119; Valta, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 18 EStG Rz. 181; Wacker, in Schmidt, EStG, 2023, § 18 EStG Rz. 152.

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