Rz. 415

Zum Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören nach st. Rspr. neben dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft auch Wirtschaftsgüter, die im (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Eigentum eines Mitunternehmers stehen und in objektiv erkennbarer Weise zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Mitunternehmerschaft bestimmt sind(Sonderbetriebsvermögen I) oder unmittelbar der Beteiligung des Mitunternehmers dienen(Sonderbetriebsvermögen II)(Rz. 387).[1] Die Unterscheidung zwischen Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II ist vornehmlich begrifflicher Natur, sie hat in der Regel keinerlei Rechtsfolgenrelevanz.[2] Der Begriff "Sonderbetriebsvermögen" soll nicht bedeuten "(Betriebs-)Vermögen eines Sonderbetriebs des Gesellschafters", denn einen "Sonderbetrieb des Gesellschafters" gibt es nicht, vielmehr ist er zu verstehen als Betriebsvermögen, das nicht zum Gesamthandsvermögens gehört und deshalb von diesem gesondert dem Gesellschafter zuzurechnen ist.[3]

 

Rz. 415a

Voraussetzung für das Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen (I oder II) ist daher zunächst, dass es sich bei der in Rede stehenden Rechtsposition des Mitunternehmers um ein Wirtschaftsgut handelt.[4] Hierzu zählen nicht auch Geschäftschancen,[5] tatsächliche Zustände[6] oder konkrete Möglichkeiten.[7] Es kommt nicht darauf an, ob das Wirtschaftsgut später bilanzierungsfähig ist, weshalb z. B. auch Rechtspositionen aus schwebenden Geschäften einbezogen werden müssen.[8]

Kein Wirtschaftsgut sind dagegen die Beteiligung an einer Personengesellschaft,[9] unselbstständige Teile eines anderen Wirtschaftsguts,[10] (geschäfts-)wertbildende Faktoren[11] sowie bloße Nutzungsvorteile.[12] Liegt bereits kein Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinn vor, ist Sonderbetriebsvermögen begrifflich ausgeschlossen.

 

Rz. 415b

Die Wirtschaftsgüter müssen dem Mitunternehmer als wirtschaftliches (§ 39 AO) oder zivilrechtliches Eigentum zuzurechnen sein, um Sonderbetriebsvermögen sein zu können.[13] Daraus folgt, dass solche Rechtspositionen als Sonderbetriebsvermögen ausgeschlossen werden können, die z. B. der Ehefrau, anderen Haushaltsangehörigen des Mitunternehmers (insb. seinen Kindern) oder sonstigen Dritten gehören. Ebenfalls nicht als Sonderbetriebsvermögen fähig ist der Aufwand des Mitunternehmers auf fremde Wirtschaftsgüter, denn dabei handelt es sich lediglich um bilanztechnische Merkposten und nicht um Wirtschaftsgüter im materiellen Sinn.[14]

 

Rz. 415c

Die Zuordnungsmöglichkeit zum Sonderbetriebsvermögen erfordert abschließend einen Sachzusammenhang des Wirtschaftsguts zur betrieblichen Sphäre.[15] Dieser kann entweder zum Betrieb der Personengesellschaft selbst oder zur Beteiligung des Mitunternehmers aufgebaut werden. Ein Zusammenhang mit dem Betrieb der Personengesellschaft liegt insb. bei unmittelbarer Nutzung des Wirtschaftsguts durch die Gesellschaft vor. Ein Zusammenhang mit der Beteiligung ist dagegen anzunehmen, wenn der Mitunternehmer gegenüber dem Unternehmen oder seinen Mitgesellschaftern bessergestellt ist als ohne den Einsatz des Wirtschaftsguts. Ein derartiger Sachzusammenhang kann sich nicht nur aus der Nutzung des Wirtschaftsguts,[16] sondern auch aus seiner bloßen Existenz[17] ergeben.

Ein hinreichender Sachzusammenhang liegt nicht vor bei sog. "mittelbaren Effekten" oder "Reflexwirkungen", da es sich insoweit um zufällige und nicht planvoll beabsichtigte Fruchtziehungen aus dem Wirtschaftsgut handelt. Solche Wirkungen führen daher nicht zu Sonderbetriebsvermögen.[18] Ebenfalls führt allein die Beteiligungsidentität von Gesellschaftern an verschiedenen Personengesellschaften für sich genommen noch nicht zu Sonderbetriebsvermögen.[19] Zur Abgrenzung entscheidend ist die Frage, inwieweit der Sachzusammenhang zwischen Wirtschaftsgut und Gesellschaftssphäre "planvoll beabsichtigt" ist.[20]

 

Rz. 415d

Der Sachzusammenhang im vorstehenden Sinn (Rz. 415c) kann nur vorliegen, wenn das Wirtschaftsgut überhaupt einen gewissen Wertbeitrag für die Personengesellschaft bzw. die Beteiligung des Mitunternehmers zu leisten vermag. Dies ist nicht der Fall bei verlustträchtigen Wirtschaftsgütern, sie kommen regelmäßig nicht als Sonderbetriebsvermögen in Betracht.[21] Richtigerweise genügt aber irgendein potenzieller zukünftiger Nutzen für einen hinreichenden Sachzusammenhang, nicht erforderlich ist, dass bereits heute jedweder Verlust sicher ausgeschlossen werden kann.[22] Ebenso dürfen Risikogesichtspunkte keine Rolle spielen, da auch Hochrisikogeschäfte "a priori" mit Gewinnerzielungsabsicht behaftet sind.[23] Für branchenfremde Wirtschaftsgüter gelten auch im Hinblick auf Sonderbetriebsvermögen höhere Anforderungen.[24]

 

Rz. 416

Ein Sachzusammenhang (Rz. 415c) zum Betrieb der Personengesellschaft führt im Grundsatz zu Sonderbetriebsvermögen I.[25] Die typische und insoweit zentrale Fallgruppe stellen die der Gesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter dar, ohne indes abschließend hierauf beschränkt zu sein (Rz. 415c). Wie die Personengesellschaft...

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