Rz. 383

Die Einkünfte des Mitunternehmers setzen sich zusammen aus

  • seinem Gewinnanteil als Gesellschafter,
  • den Vergütungen (sog. Sondervergütungen) für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft und für die Hingabe von Darlehen und die Überlassung von Wirtschaftsgütern,
  • den Ergebnissen aus der Veränderung (Zu- und Abgänge) von Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters.

Das Gesetz führt in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nur die beiden erstgenannten Komponenten auf. Die Letztere ergibt sich aus der Existenz von bilanziellem Sonderbetriebsvermögen.[1] Gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 gehören schließlich auch Vergütungen dazu, die als nachträgliche Einkünfte i. S. v. § 24 Nr. 2 vom Mitunternehmer bezogen werden.

 

Rz. 384

Alle drei Komponenten der mitunternehmerischen Einkünfte haben additiven Charakter.[2] Sie werden also getrennt ermittelt, auf die Mitunternehmer nach ihrer jeweiligen Betroffenheit (Gewinnanteile anteilsmäßig, Sondervergütungen und Gewinnauswirkungen aus der Sonderbilanz nach sachlicher Zuordnung) verteilt und im Feststellungsverfahren nach § 180 AO festgestellt. Das Feststellungsverfahren erfasst alle drei Komponenten, also auch Sondervergütung und Sonderbilanzauswirkungen, die zwar keine Einkünfte sind, an denen i. S. v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO mehrere Personen beteiligt sind, aber mit diesen im Zusammenhang stehende Besteuerungsgrundlagen darstellen.[3] Im Feststellungsverfahren sind diese Komponenten selbstständige Besteuerungsgrundlagen, die ein jeweils unterschiedliches rechtliches Schicksal haben, insbesondere eigenständig in Bestandskraft erwachsen können.[4] Betrifft ein Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Feststellungsbescheid einer Personengesellschaft lediglich Sonderbetriebseinnahmen, so werden die übrigen Feststellungen des Bescheids (für den betroffenen Vz) bestandskräftig, etwa hinsichtlich des Bestehens einer Mitunternehmerschaft und damit hinsichtlich des Vorhandenseins der Gewinnerzielungsabsicht.[5] Auswirkungen hat die getrennte Sicht der Komponenten z. B. auch beim Vorgang der Schätzung von Mitunternehmereinkünften.[6]

 

Rz. 385

Die Anknüpfung an den Gewinnanteil des Gesellschafters (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 1 EStG) macht deutlich, dass die Gesellschaft – obwohl nicht Besteuerungssubjekt – als einheitliche Einkunftsquelle für die Besteuerung von Bedeutung ist (s. Rz. 217). Die dem Gesellschafter zur Besteuerung zuzuweisende Größe "Gewinnanteil" setzt die Ermittlung des (Gesamt-)Gewinns der Gesellschaft (und seine Aufteilung auf die beteiligten Gesellschafter) voraus. Aus diesem Grund ist die Gesellschaft Gewinnerzielungs- und damit auch Gewinnermittlungssubjekt.[7] Damit stimmt überein, dass die Mitunternehmerschaft als Handelsgesellschaft nach §§ 6 Abs. 1, 238 HGB i. V. m. § 140 AO (für das Gesamthandsvermögen) buchführungspflichtig ist (Rz. 422).

 

Rz. 386

Neben dem Gewinnanteil sind sog. Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG) des einzelnen Mitunternehmers hinzuzurechnen. Vergütungen für solche Sonderleistungen können – je nachdem, ob sie gesellschaftsrechtlicher oder schuldrechtlicher Natur sind – entweder Vorabgewinn oder aber Sonderbetriebseinnahme i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG sein. Ob das eine oder andere gewollt ist, hängt von der zugrunde liegenden Vereinbarung ab. Ist diese Vereinbarung gesellschaftsrechtlicher Natur, so ist die gewährte Vergütung als Vorabgewinn anzusehen.[8] Sie mindert nicht den Gewinn der Gesellschaft und wird als Bestandteil der Größe "Gewinnanteil" erfasst und dem Mitunternehmer anteilig zugewiesen. Ist sie schuldrechtlicher Natur, mindert sie den Gewinn der Gesellschaft, weil die Zahlung eine Betriebsausgabe darstellt, sie wird aber als Sondervergütung i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG dem leistenden Mitunternehmer zugerechnet.[9] Für die Einstufung als Vorabgewinn ist i. d. R. eine im Gesellschaftsvertrag getroffene Vereinbarung erforderlich.[10] Ob die Tätigkeit des Gesellschafters mittels Vorabgewinn (gesellschaftsrechtlich) oder Sondervergütung (gesondert schuldrechtlich) abgegolten wird, macht für die Besteuerung keinen materiellen Unterschied.[11]

Gesetzeszweck der Erfassung der schuldrechtlich vereinbarten Sondervergütungen ist es, eine Vergleichbarkeit zur steuerlichen Situation des Einzelunternehmers dadurch herzustellen, dass die Behandlung des schuldrechtlichen Leistungsentgelts an den Mitunternehmer durch die Erfassung als Sonderbetriebseinnahme neutralisiert wird (sog. Gleichstellungsthese).[12] Da der Einzelunternehmer sich nicht selbst entlohnen, Darlehen gewähren oder Wirtschaftsgüter vermieten kann, sollen derartige Rechtsbeziehungen auch zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, obwohl zivilrechtlich zulässig, steuerlich ohne Auswirkung sein. Hintergrund für diese Umwidmung der ohnedies beim Mitunternehmer gem. §§ 18, 19, 20 oder 21 EStG steuerpflichtigen Vergütungen ist die sonst entfallende GewSt-Belastung, sieht man von Entlastungseffekten bei der ESt durch die Steuerermäßigung ...

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