Rz. 340

Die Kommanditisten sind als Gesellschafter grundsätzlich Mitunternehmer, auch wenn ihr Unternehmerrisiko der Höhe nach auf ihre Einlage (§ 171 Abs. 1 HGB) und die Unternehmerinitiative auf Kontroll- und Überwachungsrechte (§§ 164ff. HGB) reduziert ist. Dies gilt zumindest, soweit die Rechte und Pflichten des Kommanditisten der gesetzlichen Grundregelung entsprechen und nicht durch Gesellschaftsvertrag abbedungen werden.[1] Sind ihm dagegen diese Rechte im Gesellschaftsvertrag zu einem wesentlichen Teil entzogen, so ist er nicht Mitunternehmer, wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, dass ihm keine Mitunternehmerinitiative zukommt oder er kein Mitunternehmerrisiko trägt.[2] Die Position des Kommanditisten stellt damit gewissermaßen eine untere Grenze des Mitunternehmerbegriffs dar, die Rechte eines Mitunternehmers dürfen – von Ausnahmen abgesehen – im Grundsatz zumindest nicht wesentlich hinter der Stellung eines Kommanditisten zurückbleiben.[3] Wie üblich kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die wirtschaftliche (nicht formaljuristische) Position und die Gesamtschau an: Deshalb kann auch eine aus nicht gesellschaftsrechtlichen Gründen erteilte Bevollmächtigung für den Geschäftsbereich der Gesellschaft Mitunternehmerinitiative vermitteln, und dies selbst dann, wenn davon kein Gebrauch gemacht wird.[4]

 

Rz. 341

Die Problembereiche ergeben sich folglich in erster Linie, wenn die ohnehin beschränkten Kommanditistenrechte durch den Gesellschaftsvertrag weiter beschnitten werden. Im Hinblick auf die Stimmberechtigung ist die Vereinbarung einer allgemeinen Mehrheitsklausel an sich noch kein Grund, eine Mitunternehmerinititative zu verneinen,[5] es sei denn sie erstreckt sich auch auf alle aperiodischen Entscheidungen (z. B. die Auflösung der Gesellschaft, Satzungsänderungen), sodass der Minderheitsgesellschafter den Mehrheitsgesellschafter in keinem Fall an der Beschlussfassung hindern kann.[6] Diese Grundsätze gelten ebenso für Beschränkungen der Widerspruchsrechte.[7] Sind dagegen Kontrollrechte gem. § 166 HGB eingeschränkt, so lässt dies die Mitunternehmerstellung regelmäßig unangetastet, da sie mangels Einflussmöglichkeit auf die tatsächlichen Geschäftsführungsentscheidungen allein ohnehin keine Mitunternehmerinitiative begründen.[8] Letzteres gilt auch für die Kontrollrechte gem. § 716 BGB.[9] Ebenfalls unschädlich für die Mitunternehmereigenschaft sind der zeitlich beschränkte Ausschluss der Entnahmebefugnis eines Kommanditisten[10] oder sein Ausschluss von den stillen Reserven und dem Geschäftswert im Fall der Kündigung der Gesellschaft.[11]

 

Rz. 342

Fraglich ist, ob sich die Beurteilung der Kontrollrechte durch das MoPeG (ab 2024)[12] ändern muss. Hierdurch wird den Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB n. F. ein umfassender Auskunftsanspruch über "die Gesellschaftsangelegenheiten" eingeräumt, der nicht mehr beschränkbar ist (§ 166 Abs. 2 HGB n. F.). Bislang ist das Informationsrecht des Kommanditisten formal auf den Jahresabschluss beschränkt (§ 166 Abs. 1 HGB a. F.). M. E. ist dies aber nicht der Fall. Zum einen sind bereits heute weitergehende Informationsansprüche des Kommanditisten im Schrifttum anerkannt.[13] Zum anderen mag die neue Kontrollposition des Kommanditisten mehr Druck auf die Komplementäre oder den zur Geschäftsführung und Vertretung befugten Personenkreis entwickeln, sie führt – für sich genommen – aber nach wie vor nicht dazu, dass der Kommanditist fortan Einfluss auf die tatsächliche Geschäftsführung bzw. die unternehmerischen Entscheidungen hat: Denn auch § 166 HGB n. F. sieht als reine Informationsanspruchsgrundlage keine Repressionsmöglichkeiten vor, die der Kommanditist ausüben könnte, falls ihm die Führung der Geschäfte nicht zusagt. Letztlich spricht hierfür auch der Zweck der Änderung des § 166 HGB, die Rechtslage lediglich um die ohnehin in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Rspr. anerkannten Fallgruppen zu ergänzen.[14]

 

Rz. 343

Die Komplementär-GmbH bei der GmbH & Co. KG ist in der Regel Mitunternehmerin der KG, wenn sie zur Geschäftsführung befugt ist und im Außenverhältnis unbeschränkt persönlich haftet.[15] Dies wird allein auf die (gesteigerte) Mitunternehmerinitiative sowie die unbeschränkt persönliche Außenhaftung gestützt[16] und ist daher m. E. zweifelhaft, da die Außenhaftung als einziges Merkmal eines Mitunternehmerrisikos untauglich erscheint (Rz. 329). Die vorstehende Auffassung wird gleichwohl auch von der Finanzverwaltung vertreten und ist daher als praktische Besteuerungsrealität zu akzeptieren.[17]

Aus ähnlichen Gründen wird auch ein "angestellter Komplementär", der zum Zweck der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis formal – also ohne Vermögens- und Gewinnbeteiligung und bei völliger Haftungsfreistellung im Innenverhältnis – Komplementär wird, als Mitunternehmer angesehen.[18] Dies gilt erst Recht, wenn der angestellte Komplementär auch nur geringfügig am Gewinn beteiligt (6 %) ist.[19]

 

Rz. 344

Auf jeden Fall muss die gesellschaftsrechtliche Bete...

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