Rz. 325

Mitunternehmerrisiko bedeutet grundsätzlich Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens, der sich regelmäßig im Gewinn und Verlust, der Entwicklung der stillen Reserven einschl. des Geschäftswerts oder einer persönlichen Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten widerspiegelt.[1] An diesen Wertfaktoren muss der Gesellschafter regelmäßig teilhaben, um steuerlich als Mitunternehmer angesehen werden zu können.[2] Darauf, dass die Gesellschaft nach außen auftritt oder Gesellschaftsvermögen hat, kommt es nicht an; So können auch Innengesellschaften Mitunternehmerrisiko vermitteln.[3]

Es ist ebenfalls nicht erforderlich, dass der Mitunternehmer an den o. g. Merkmalen (Gewinn, Verlust, stille Reserven, Haftung) gleichermaßen Anteil hat; so kann jemand auch mit einer bloßen Gewinnbeteiligung Mitunternehmer sein, wenn die fehlende Partizipation an Verlust und stillen Reserven durch besonders hohe Mitunternehmerinitiative kompensiert wird.[4] Es muss allerdings wenigstens eines der Kriterien des Mitunternehmerrisikos im Ansatz vorliegen, anderenfalls ist eine Mitunternehmerschaft ausgeschlossen.[5]

 

Rz. 326

Die Beteiligung an Gewinn und Verlust des Unternehmens ist in der Regel hinreichende Bedingung für die Annahme einer Mitunternehmerschaft.[6] Die Verlustbeteiligung kann – wie im Fall des Kommanditisten – beschränkt sein; das rechtliche und wirtschaftliche Risiko darf aber grundsätzlich nicht wesentlich hinter dem des Kommanditisten zurückbleiben.[7] Eine Beteiligung nur am Verlust ohne Aussicht auf einen Gewinnanteil oder das Risiko, die Einlage zu verlieren, genügt nicht.[8] Damit können u. a. Verlustzuweisungs- und Abschreibungsgesellschaften regelmäßig keine Mitunternehmerstellung vermitteln, sofern sie überhaupt mit Gewinnerzielungsabsicht handeln.[9]

 

Rz. 327

Auch eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert muss im Regelfall vorliegen, jedenfalls für den Fall der Auflösung der Gesellschaft.[10] Dabei reicht es nach der Rspr. aus, wenn dem Mitunternehmer die stillen Reserven seines eigenen Sonderbetriebsvermögens zuzurechnen sind.[11] Dies ist m. E. zweifelhaft, da Sonderbetriebsvermögen gerade aufgrund besonderer (schuldrechtlicher) Beziehungen zur Personengesellschaft besteht und keine gesellschaftsrechtliche Relevanz hat. Seine stillen Reserven sind dem Mitunternehmer als zivilrechtlichem oder wirtschaftlichem Eigentümer ohnehin zuzurechnen und können daher nicht Ausprägung eines besonderen mitunternehmerischen Risikos sein (zum Sonderbetriebsvermögen auch Rz. 415ff.). Beim Nießbrauch am Kommanditanteil trägt der ursprüngliche Gesellschafter regelmäßig Mitunternehmerrisiken, wenn er trotz der Nießbrauchsbelastung eine hinreichende vermögensrechtliche Substanz (in Form stiller Reserven) zurückbehält.[12]

Ein Ausschluss der Vergütung von stillen Reserven insgesamt oder jedenfalls des anteiligen Geschäftswerts im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters steht der Annahme des Unternehmerrisikos jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Regelung nur für den Fall der Kündigung der Gesellschaft vereinbart ist[13] bzw. auf alle Gesellschafter zutrifft,[14] und der Mangel durch eine ausreichende Beteiligung an der Unternehmerinitiative kompensiert wird. Umgekehrt muss die Entstehung von stillen Reserven objektiv und subjektiv möglich sein und nicht auf Zufällen basieren, um ein Mitunternehmerrisiko herbeiführen zu können.[15]

 

Rz. 327a

Maßgebend ist – wie bei der Beurteilung der Mitunternehmerinitiative und der Mitunternehmerstellung insgesamt – das Gesamtbild der Verhältnisse.[16] Das Fehlen einzelner Merkmale schließt das Mitunternehmerrisiko daher nicht ohne Weiteres aus. So kann die fehlende Teilhabe am Geschäftswert durch ein hohes Mitunternehmerrisiko in Bezug auf das laufende Betriebsergebnis und eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen werden.[17] Die unbeschränkte persönliche Haftung kann darüber hinaus auch das gänzliche Fehlen einer Beteiligung am Verlust, Gewinn und stillen Reserven kompensieren.[18]

 

Rz. 328

Der Beteiligte muss unmittelbar an der Mehrung des Betriebsvermögens der Gesellschaft partizipieren; eine nur mittelbare Auswirkung wie etwa über den Anspruch auf gewinnabhängige Gehaltsbezüge genügt nicht.[19] Es muss ein Beitrag des Gesellschafters vorliegen, durch den sein Vermögen belastet werden kann.[20] Die so gesetzten Risiken müssen über die (schuldrechtlichen) Verträgen üblicherweise innewohnenden Gefahren (z. B. bei Vermietung, Arbeitsverträgen, Darlehensvergaben etc.) hinausgehen, um ein Mitunternehmerrisiko zu begründen.[21] Grundsätzlich nicht (automatisch) zu einem Mitunternehmerrisiko führen daher bloße Umsatzbeteiligungen,[22] tatsächlich oder rechtlich befristete Beteiligungen mit fehlender Gewinnchance[23],oder die (spätere) Gewinnbeteiligung, auf die der Gesellschafter freiwillig verzichtet.[24]

 

Rz. 329

Die Übernahme der unbeschränkt persönlichen Außenhaftung war nach veralteter Auffassung nicht geeignet, die Merkmale eines Mitun...

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