Rz. 138

Umschichtung und Verwertung der Vermögenssubstanz sind zwar einerseits die kennzeichnenden Merkmale eines Gewerbebetriebs, kommen aber andererseits auch im Bereich der privaten Vermögensverwaltung vor. Findet die Substanzverwertung (Verkauf) neben einer vermögensverwaltenden Nutzung (z. B. Vermietung und Verpachtung) statt, so vollzieht sich die Verwertung noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, wenn sie sich als Ende einer (ausreichend langen) Nutzungsphase oder als Liquidierung zum Zweck der Neuinvestition darstellt. Hat dagegen der Stpfl. bereits im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Vermögensgegenstands den Willen zur gewinnbringenden Veräußerung im Rahmen einer nachhaltigen Tätigkeit, so kann trotz zwischenzeitlicher Nutzung ein Gewerbebetrieb (Handel) anzunehmen sein. Ist somit die Absicht des Stpfl. bei der Anschaffung oder Herstellung das Unterscheidungsmerkmal, so kann dieses subjektive Merkmal – wie stets[1] – nur anhand äußerlicher Umstände beurteilt werden (Rz. 63).

 

Rz. 139

Handelt es sich bei der fraglichen Vermögenssubstanz um Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens, so stellt sich die Frage einer Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung regelmäßig nicht. Zweifelhaft kann lediglich sein, ob sich die Verwertung im Rahmen des alten Betriebsvermögens oder als neue selbstständige gewerbliche Betätigung z. B. eines "gewerblichen Grundstückshandels" vollzieht und somit einer zusätzlichen Gewerbesteuerbelastung unterliegt.[2] Vor dem Hintergrund der h. L., nach der Betriebsaufgabe- und Betriebsveräußerungsgewinne wegen des Objektsteuercharakters der GewSt nicht gewerbesteuerpflichtig sind (§ 16 EStG Rz. 16), kann die Einstufung von Grundstücksverwertungen bei Betriebsaufgabe als gewerblicher Grundstückshandel ebenfalls steuerlich belastend wirken, die Unterscheidung hat somit unmittelbar materielle Bedeutung, wenngleich sie sich durch die Anrechnungsmöglichkeit der GewSt gem. § 35 EStG in den meisten Fällen in Grenzen halten wird.

[2] FG Münster v. 27.4.2007, 11 K 1654/04 E, EFG 2007, 1435 rkr.: Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichen Hilfsgeschäften und gewerblichem Grundstückshandel.

2.8.3.1 Gewerblicher Grundstückshandel

 

Rz. 140

Die Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und dem Verkauf von Grundbesitz im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nimmt in Rspr. und Lit. einen breiten Raum ein.[1] Darin spiegelt sich nicht nur die Schwierigkeit einer eindeutigen Grenzziehung, sondern auch deren Gewichtigkeit, weil damit die ESt-Pflicht der erzielten Veräußerungsgewinne – ggf. auch deren GewSt-Pflicht – verbunden ist, darüber hinaus sind mit der Zuordnung der Grundstücke zum Umlaufvermögen[2] diverse weitere Nachteile verbunden (z. B. die Unanwendbarkeit von § 6b EStG auf Veräußerungen). Die Verlängerung des Erfassungszeitraums für private Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten auf zehn Jahre, § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG, hat daran nichts geändert.

Unter dem Terminus "gewerblicher Grundstückshandel" werden nicht nur die eigentlichen Fälle des Handels – also der An- und Verkauf von Immobilien – sondern auch die "Produktion" (Errichtung und Veräußerung von Gebäuden auf eigenem Grund und Boden in der Art eines Bauträgers) verstanden.[3]

Die Zwischenschaltung einer nahe stehenden Person im Rahmen von Grundstücksaktivitäten des Stpfl. kann im Falle der beabsichtigten Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels nach der Rspr. des BFH einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO begründen.[4]

 

Rz. 141

Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob Erwerb bzw. Herstellung und Veräußerung lediglich der Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit sind, oder ob die Umschichtung von Vermögenswerten und damit die Verwertung der Vermögenssubstanz in den Vordergrund tritt. Eine private Vermögensverwaltung liegt vor, wenn sich die Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung der Vermögenssubstanz nicht im Vordergrund steht. Dabei macht sich die Rspr. den Umstand zunutze, dass eine solche Tätigkeit umso eher als gewerblich erscheint, je öfter und je eher die Veräußerung von Objekten auf die Anschaffung oder Herstellung folgt, und folgert daraus, dass eine Veräußerung von mehr als 3 Objekten innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren ein Indiz für die Gewerblichkeit ist (Rz. 143).

 

Rz. 142

Ausnutzung der Vermögenssubstanz ("Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte"[5]) bedeutet eine Vermögensumschichtung, die in erster Linie erfolgt, um vorhandenes Vermögen durch Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen zu mehren. Im Gegensatz hierzu steht eine Vermögensumschichtung, die lediglich erfolgt, um den Wert des vorhandenen Vermögens besser zu nutzen, also höhere Erträge zu erzielen; diese ist kennzeichnend für eine Vermögensverwaltung, weil in diesem Fall die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Su...

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