Rz. 46

Das Merkmal "Nachhaltigkeit" grenzt den Bereich der steuerbaren Einkünfte i. S. d. dem EStG zugrunde liegenden Markteinkommenstheorie (§ 2 EStG Rz. 37ff.) von lediglich gelegentlichen Vermögensmehrungen ab. Gelegentliche Vermögensmehrungen, die nicht nachhaltig sind, unterliegen nur unter den Voraussetzungen der §§ 22, 23 EStG der ESt (z. B. gelegentliche Vermittlungsgeschäfte gem. § 22 Nr. 3 EStG; H 22.8 EStH 2022). Die Renovierungsleistungen bei den Teilnehmern am Fernsehformat "Zuhause im Glück" (Doku-Reality-Show) sind als Einkünfte aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG stpfl.[1]

Die Abgrenzung hat insofern Berührungspunkte mit dem Merkmal "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" (Rz. 81), als für die Beurteilung der Nachhaltigkeit nur solche Tätigkeiten in Betracht zu ziehen sind, die gleichzeitig eine Teilnahme am Marktgeschehen darstellen. Die Grenzziehung läuft – jedenfalls in der Begriffsbestimmung durch die Rspr., die Nachhaltigkeit mit der Absicht der Schaffung einer (gewerblichen) Einkunftsquelle verbindet – in gewisser Weise auch parallel zum Bereich der privaten Vermögensverwaltung; was nachhaltig i. d. S. ist, überschreitet im Regelfall den Bereich der privaten Vermögensverwaltung.

Rz. 47 einstweilen frei

 

Rz. 48

Der Begriff der Nachhaltigkeit wird in gleicher Weise abgrenzend in § 2 Abs. 1 S. 3 UStG[2] und in § 14 AO (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb)[3] verwendet. Ähnlich wie die Voraussetzung der Selbstständigkeit handelt es sich um einen in den übrigen Steuergesetzen inhaltsgleich verwendeten Begriff (Rz. 33).[4]

Nicht verwechselt werden darf die Nachhaltigkeit i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG indes mit dem allgemein in politischen oder sozial-ökonomischen Debatten verwendeten Nachhaltigkeitsbegriff (z. B. im Rahmen eines unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements) oder mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Konzernlagebericht (DRS 20). Es handelt sich um einen rein steuerlich auszulegenden Terminus.

 

Rz. 49

Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind.[5] Der erstmalige Willensentschluss muss nicht bereits die zukünftigen Handlungen mit umfassen, es genügt vielmehr, wenn bei der ersten Tätigkeit der allgemeine Wille besteht, gleichartige oder ähnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Sich wiederholende Tätigkeiten liegen aber auch vor, wenn der Stpfl. einen einmaligen Entschluss gefasst hat, dessen Umsetzung bzw. Erledigung aber mehrere (Einzel-)Tätigkeiten erfordert, wie z. B. die Ausführung eines einzelnen Bauauftrags. Erweist sich die Tätigkeit durch tatsächliche Wiederholung objektiv als nachhaltig, weil unter Ausnutzung gleicher oder ähnlicher Gelegenheiten oder Verhältnisse tatsächlich mehrere gleichartige Handlungen vorgenommen werden, so kommt es auf einen Nachweis einer Wiederholungsabsicht nicht an[6] (Rz. 52).

Der zeitliche Abstand zwischen einzelnen Wiederholungen ist ebenfalls nicht zwingend, so kann Nachhaltigkeit auch dann angenommen werden, wenn die zwischen einzelnen Akten liegenden Zeiträume größer sind.[7] Der Ausdruck "größer" ist unbestimmt, die Rspr. hat es im Einzelfall z. B. noch als nachhaltig angesehen, wenn einzelne An- und Verkaufsvorgänge 11 Monate auseinander lagen.[8] M. E. wird das zeitliche Moment der Nachhaltigkeit aber spätestens durch den Ablauf der in § 23 Abs. 1 EStG genannten 10-Jahresfrist begrenzt. Der Gesetzgeber hat insoweit einen äußersten Rahmen der Steuerbarkeit formuliert, es erscheint deshalb nicht sachgerecht, über diesen Zeitraum hinaus Nachhaltigkeitserwägungen anzustellen.[9]

 

Rz. 50

Darüber hinaus muss nicht nur die Absicht bestehen, die Handlung zu wiederholen, sondern auch, daraus "eine selbstständige Erwerbsquelle zu machen"[10] Dieses zusätzliche Erfordernis, das ursprünglich aus der Rspr. zu § 2 Abs. 1 UStG abgeleitet ist[11], soll die Abgrenzung zu den sonstigen Leistungseinkünften und privaten Veräußerungsgeschäften ermöglichen (§ 22 Nr. 2 und 3 EStG). Es überschneidet sich im Bereich des § 15 Abs. 2 EStG mit dem Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und mit der Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung und dient vornehmlich im Bereich des Umsatzsteuerrechts dazu, die Tätigkeiten von (Briefmarken- oder Münz-)Sammlern von der USt-Pflicht auszunehmen.[12] Nachhaltige Tätigkeiten sind nach dieser Rspr. nur dann gewerblich i. S. d. § 15 EStG und unternehmerisch i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG, wenn sich der Sammler bereits beim Aufbau der Sammlung "wie ein Händler" verhält.[13]

Besteht in einem Immobilienkonzern hinsichtlich Beteiligungsstruktur und Geschäftsführung eine Personenidentität hinsichtlich der einzelnen Objektgesellschaften, so ist den einzelnen Objektgesellschaften die für den gesamten Konzern bestehende Wiederholungsabsicht der Geschäftsführer zum wiederholten Erwerb und zur wiederholten Veräußerung von Immobilien im Hinblick auf die Nachhalt...

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