Rz. 99

Der Begriff der Zuwendung deckt sich mit dem Tatbestandsmerkmal der Alt. 1 und 2 des § 12 Nr. 2 EStG (Rz. 86ff.). Steht der Leistung des Stpfl. an die unterhaltsberechtigte Person eine adäquate Gegenleistung gegenüber, fehlt es an einer die Abzugssperre auslösenden unentgeltlichen Zuwendung i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG, z. B. bei der Zahlung von Arbeitslohn im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses unter Familienangehörigen[1] oder bei Aufwendungen für eine Direktversicherung von Familienangehörigen, mit denen steuerlich anerkannte Arbeitsverhältnisse bestehen[2], bei einer Versorgungszusage[3], bei einem Darlehensvertrag, der den unter Fremden üblichen Bedingungen entspricht.[4]

 

Rz. 100

Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind alle Personen, die nach bürgerlichem Recht gegen den Stpfl. oder seinen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch haben können. Die Unterhaltspflicht ergibt sich aus den §§ 1601ff. BGB (Verwandte in gerader Linie; Kinder, Eltern, Großeltern, sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren), §§ 1360ff. (Ehegatten), §§ 1569ff. (geschiedene Ehe) und §§ 1615aff. BGB (für nichteheliche Kinder). Ein geschiedener Ehegatte ist gegenüber dem Erben der bisherigen Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich unterhaltsberechtigt.[5] Nicht gegenseitig gesetzlich unterhaltspflichtig sind Geschwister und verschwägerte Personen. Unterhaltsverpflichtet i. d. S. ist auch, wer als Erbe an gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigte Personen Unterhaltsleistungen erbringt.[6] Ist der Erbe aufgrund testamentarischer Anordnung zur Leistung einer Rente oder dauernden Last an einen Dritten verpflichtet, dem gegenüber die Verpflichtung aus Sicht des Erblassers freiwillig ist, ist strittig, ob auf die Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Erben oder dem Erblasser abzustellen ist. Grundsätzlich ist hier auf die Sicht des Erblassers abzustellen. Es fehlt an einer wirtschaftlichen Belastung des Erben.[7]

 

Rz. 101

Aufgrund der familienrechtlichen Beziehung besteht allerdings zunächst lediglich eine mögliche (potenzielle) Unterhaltsberechtigung bzw. -verpflichtung. Ob und in welcher Höhe der Unterhaltsverpflichtete tatsächlich zur Unterhaltszahlung verpflichtet ist, hängt im konkreten Fall insbesondere von der Leistungsfähigkeit des potenziell Unterhaltsverpflichteten und von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten ab.[8] Nach der Rspr. des BFH ist es aber nicht erforderlich, dass im konkreten Fall die Anspruchsvoraussetzungen nach den persönlichen Verhältnissen des Stpfl. bzw. des Unterhaltsberechtigten (Leistungsvermögen und Anspruchsberechtigung) erfüllt sind. § 12 Nr. 2 Alt. 3 EStG greift bereits dann ein, wenn ein potenzieller Anspruch objektiv besteht; es genügt, dass bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen ein Anspruch entstehen kann.[9]

 
Praxis-Beispiel

Mehrere Unterhaltsverpflichtete

Der Vater wendet seiner verheirateten Tochter monatlich einen bestimmten Betrag zu, der sich aus einem unentgeltlich bestellten Rentenversprechen ergibt. Der Unterhalt der Tochter wird von deren Ehemann bezahlt.

Vater und Tochter sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren[10], jedoch ist der Ehegatte vorrangig unterhaltsverpflichtet.[11] Die Tochter hat daher gegenwärtig keinen Anspruch auf Leistung von Unterhalt gegen den Vater.[12] Für den Vater besteht – neben der Tatsache der Zuwendung aus unentgeltlich begründeter Rechtspflicht – auch ein Abzugsverbot wegen gesetzlicher (potenzieller) Unterhaltsverpflichtung.

 

Rz. 102

Der Stpfl. (potenziell Unterhaltsverpflichtete) kann sich nicht darauf berufen, eine konkrete Unterhaltspflicht bestehe nicht, weil der Leistungsempfänger (potenziell Unterhaltsberechtigter) wegen anderweitiger Einkünfte nicht unterhaltsbedürftig und damit auch nicht tatsächlich unterhaltsberechtigt sei. Dies besagt § 12 Nr. 2 a. E. EStG ausdrücklich für den praktisch bedeutsamen Fall, dass Leistungen aufgrund einer besonderen Vereinbarung erbracht werden, sodass die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung nicht unmittelbar zum Tragen kommt.[13]§ 12 Nr. 2 Alt. 3 EStG schließt deshalb auch den Abzug aus, wenn die Rente oder dauernde Last an den (potenziell) Unterhaltsberechtigten nicht aus Unterhaltsgründen, sondern aus anderen Gründen erbracht wird.[14] Anders kann es lediglich sein, wenn Leistungen an einen Unterhaltsberechtigten eindeutig außerhalb der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht, z. B. in Erfüllung einer Schadensersatzpflicht, erbracht werden.[15] Voraussetzung dafür ist aber, dass es sich um Leistungen handelt, die von der Gewährung des Unterhalts klar und eindeutig abgrenzbar sind.[16]§ 12 Nr. 2 Alt. 3 EStG ist nicht anzuwenden, wenn die wiederkehrenden Leistungen zwar aufgrund einer letztwilligen Verfügung, aber im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gezahlt werden (Rz. 103).[17] Zahlt ein Erbe aufgrund testamentarischer Auflage an Dritte aus dem geerbten Vermögen Erträge, sind die Zahlungen m. E. mangels Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit nicht ...

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