4.2.1 Begriff der Zuwendung

4.2.1.1 Leistung in Geld oder Geldeswert

 

Rz. 86

Eine Zuwendung i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG ist jede unentgeltliche Leistung in Geld oder Geldeswert des Stpfl. (des Zuwendenden) an eine andere Person (den Zuwendungsempfänger). Die Zuwendung setzt objektiv den Abfluss eines Vermögenswerts aus dem Vermögen des Stpfl. und den Zufluss in das Vermögen des Empfängers voraus. Auch in subjektiver Hinsicht ist – über das in § 12 Nr. 2 Alt. 1 und 2 EStG. enthaltene Merkmal der Freiwilligkeit hinaus – der Wille zu einer Vermögensübertragung erforderlich. Deshalb sind Aufwendungen, die im Hinblick auf eine erwartete Gegenleistung erbracht werden, z. B. Trinkgelder, Schmiergeldzahlungen, keine Zuwendungen (vgl. Rz. 88). Bei Übernahme außergewöhnlicher Aufwendungen, zu denen ein Nießbraucher berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, liegt eine Zuwendung nur vor, wenn ein gesetzlicher Erstattungsanspruch gegeben ist, der vom Nießbraucher nicht geltend gemacht wird.[1]

4.2.1.2 Einmalige – regelmäßig wiederkehrende Leistungen

 

Rz. 87

Grundsätzlich stellen auch einmalige oder nur gelegentlich erbrachte Leistungen Zuwendungen dar. Freiwillige Zuwendungen, auf einer freiwillig begründeten Rechtspflicht begründete Zuwendungen und Zuwendungen an Unterhaltsberechtigte sind indes wegen ihrer Zuordnung zu den Lebensführungsaufwendungen bereits gem. § 12 Nr. 1 EStG (mit Ausnahme der meisten Sonderausgaben und der außergewöhnlichen Belastungen, vgl. den Einleitungssatz zu § 12 EStG) vom Abzug ausgeschlossen. Insoweit hat § 12 Nr. 2 EStG lediglich klarstellende Funktion.

Auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die gem. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (Fassung ab grundsätzlich als Sonderausgaben abgezogen werden können, werden gem. § 12 Nr. 2 EStG dann vom Abzug ausgeschlossen, wenn sie Zuwendungen i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG darstellen, d. h., wenn es sich um freiwillige oder auf einer freiwillig begründeten Rechtspflicht beruhende Zuwendungen oder um Zuwendungen an Unterhaltsberechtigte handelt.[1] Für die Abziehbarkeit einmaliger Zahlungen ist § 12 Nr. 2 EStG daher ohne Bedeutung. Diese beurteilt sich nach den Regelungen über Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen.[2] Lediglich bei Zuwendungen, die Renten oder dauernde Lasten i. S. v. § 10 Abs. 1a EStG darstellen, erhebt sich die Frage der Abzugssperre gem. § 12 Nr. 2 EStG.

[2] Arndt, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 12 Rz. C 4.

4.2.1.3 Unentgeltlichkeit der Leistung

 

Rz. 88

Aus dem Wortsinn des Merkmals Zuwendungen wird gefolgert, eine Zuwendung setze eine unentgeltliche oder nahezu unentgeltliche Vermögensübertragung voraus. Eine Zuwendung i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG liegt daher – außer bei einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen (Rz. 92f.) – nicht vor, wenn die Leistung wirtschaftlich durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird[1]; das Abzugsverbot greift dann nicht ein (Rz. 90).[2] Dies gilt für alle drei Alternativen des § 12 Nr. 2 EStG.[3]

4.2.1.3.1 Fehlende Gegenleistung

 

Rz. 89

Ist im Zusammenhang mit der Leistung des Stpfl. keine oder keine nennenswerte Gegenleistung des Zuwendungsempfängers feststellbar, greift § 12 Nr. 2 EStG mit der Folge der Nichtabziehbarkeit der Zuwendungen ein (Zuwendung i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG, d. h. nicht abziehbare unentgeltliche Unterhaltsleistung; z. B. Zuwendungs- oder Unterhaltsrente).

4.2.1.3.2 Vollwertige Gegenleistung

 

Rz. 90

Steht der Leistung des Stpfl. eine ihr wirtschaftlich entsprechende Gegenleistung (z. B. Übertragung von Geldvermögen) gegenüber, greift das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG nicht ein, sodass die Rente oder dauernde Last, je nachdem, wodurch sie veranlasst ist, als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abziehbar ist. Dies ist der Fall, wenn Leistung und Gegenleistung wie unter fremden Dritten nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind (entgeltliche Leistung). Die Vertragsparteien müssen also Leistung und Gegenleistung

  • wie unter fremden Dritten nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen und
  • (auch) subjektiv angenommen haben, dass die Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in etwa wertgleich sind.[1]

Es liegt dann keine Zuwendung i. S. v. § 12 Nr. 2 EStG, sondern eine entgeltliche Vermögensumschichtung (Veräußerungsleistung) vor, die zu Anschaffungskosten bzw. einem Veräußerungsentgelt in Höhe der in den zeitlich gestreckten Zahlungen enthaltenen Tilgung und einem Entgelt für die Kapitalüberlassung (Zinsanteil) führt.[2] Dies gilt auch bei solchen Vermögensübertragungen unter Angehörigen, bei denen (ausnahmsweise) die gegenseitigen Leistungen kauf- oder darlehensähnlich nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Ein Abzug als Sonderausgaben scheidet ...

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