Rz. 195

Die Vertrauensschutzregelung ist mit einem Haftungstatbestand versehen worden. Danach haftet, wer

  • vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt,
  • vorsätzlich oder grob fahrlässig[1] veranlasst, dass die Zuwendungen nicht zu dem in der Bestätigung angegebenen Zweck verwendet werden.

Die Haftung umfasst die entgangene Steuer, die mit 30 % des zugewendeten Betrags anzusetzen ist gem. § 10b Abs. 4 S. 2, 3 EStG.

 

Rz. 196

Eine Zuwendungsbestätigung ist unrichtig, wenn sie nicht der objektiven Rechtslage entspricht, insbes. in Bezug auf die Höhe des zugewendeten Betrags, auf den beabsichtigten Verwendungszweck und den steuerbegünstigten Status des Zuwendungsempfängers.[2]

 

Rz. 197

Da bisher strittig war, wer Haftender sein kann, ist durch das JStG 2009 ab Vz 2009 in § 10b Abs. 4 S. 4 EStG eine Reihenfolge der Inanspruchnahme der Gesamtschuldner gesetzlich festgelegt worden. Vorrangig haftet der Zuwendungsempfänger, z. B. der Verein. Die handelnde Person, z. B. der Vorstand, wird nur in Anspruch genommen, wenn die Inanspruchnahme des Vereins erfolglos ist, wenn die entgangene Steuer also weder durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass oder Verjährung erloschen ist, noch Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger erfolgreich sind. In der ersten Alternative kommen sowohl die empfangende Körperschaft als auch die handelnde natürliche Person, z. B. der einzelne Vereinsvorstand, in Betracht. Das gilt für die Körperschaft dann nicht, wenn ihr das Handeln der natürlichen Person nicht zugerechnet werden kann, weil diese ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Sind somit regelmäßig mehrere Haftende vorhanden, hat das FA ein weites Auswahlermessen bei der Inanspruchnahme des Haftenden. Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, die Haftenden als Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen.[3]

 

Rz. 198

In der 2. Alternative ist Haftungsschuldner die handelnde Person, also der Vorstand.[4]

 

Rz. 199

Die Haftung für das Ausstellen einer falschen Bestätigung entspricht den anderen vergleichbaren Haftungsfällen beim Ausstellen falscher Bestätigungen, die steuerliche Wirkung entfalten (§ 45a Abs. 7 EStG; § 44 Abs. 6 KStG).

 

Rz. 200

Das Veranlassen der Verwendung der Zuwendung zu einem nicht in der Bestätigung angegebenen Zweck liegt z. B. vor bei Unterschlagung oder Veruntreuung zu privaten Zwecken, bei Verwendung zu anderen als den angegebenen Zwecken, bei Aufnahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, bei Änderung der Satzung oder der tatsächlichen Geschäftsführung (§§ 59, 60, 64 AO), nicht aber bei wirtschaftlich vertretbaren Verwaltungs- und Mitgliederwerbeaktionen.[5]

 

Rz. 201

Die 1. Alternative verlangt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Vorsatz ist Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Grob fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, in außergewöhnlich hohem Maß außer Acht lässt.[6]

 

Rz. 202

Die 2. Alternative setzte bisher kein Verschulden voraus, sondern war eine Gefährdungshaftung. Dies ist ab Vz 2013 durch das EhrenamtsstärkungsG v. 1.1.2013 geändert worden, sodass nunmehr auch Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit (Rz. 201) erforderlich sind.[7] Die Haftung ist mit der Vertrauensschutzregelung verknüpft und setzt voraus, dass dem Fiskus wegen des bestehenden Vertrauensschutzes Steuergelder entgehen. Ist der Zuwendende daher bösgläubig, oder wird die unrichtige Bescheinigung ausgestellt, aber nicht ausgehändigt, entfällt die Haftung.[8]

 

Rz. 203

Der Haftungsschaden wird unwiderlegbar mit 30 %, bis 31.12.2006 mit 40 % des zugewendeten Betrags angesetzt.

 

Rz. 204

Für den Erlass eines Haftungsbescheids gilt § 191 AO.[9]

 

Rz. 205

Durch das JStG 2009 ist in § 10b Abs. 4 S. 5 EStG eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für die Haftung eingeführt worden. Die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nach § 10b Abs. 4 S. 2 EStG wird an den Ablauf der Festsetzungsfrist für die KSt-Festsetzung gegenüber die, die Steuerbegünstigung begehrende Körperschaft gekoppelt. Die Ablaufhemmung ist erforderlich, weil das Vorliegen für eine Haftungsinanspruchnahme ausschließlich im Rahmen der Überprüfung der KSt-Befreiung festgestellt werden kann.

[1] Ab 1.1.2013; Art. 12 EhrenamtsstärkungsG v. 21.3.2013.
[3] BFH v. 23.6.1998, VII R 4/98, BFH/NV 1998, 1545, BStBl II 1998, 761; BFH v. 23.2.1999, XI B 128/98, BFH/NV 1999, 1055; BFH v. 23.2.1999, XI B 130/98, BFH/NV 1999, 1089; Heinicke, in Schmidt, EStG, 2020, § 10b EStG Rz. 58f.; a. A. Teufel, FR 1993, 772: nur die Körperschaft.
[4] Brandl,, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10b EStG Rz. 148; Heinicke, in Schmidt, EStG, 2020, § 10b EStG Rz. 58.
[5] Heinicke, in Schmidt, EStG, 2020, § 10b EStG Rz. 58.
[6] BFH v. 4.5.1998, I B 116/96, BFH/NV 1998, 1460 m. w. N. zur Haftung eines Vereinsvorstands nach § 69 AO.
[7] Heinicke, in Schmidt, EStG, 2020, § 10b EStG Rz....

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