Mit dem Mahnbescheid wird dem Antragsgegner (Schuldner) ausdrücklich eine mögliche gerichtliche Entscheidung angekündigt, weil der Mahnbescheid den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid ergehen kann, aus dem der Antragsteller die Zwangsvollstreckung betreiben kann, falls der Antragsgegner nicht bis zum Fristablauf Widerspruch erhoben hat (§ 692 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Der Mahnbescheid enthält gem. § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zudem die Aufforderung, soweit der geltend gemachte Anspruch als begründet angesehen wird, die behauptete Schuld zu begleichen oder dem Gericht mitzuteilen, ob dem geltend gemachten Anspruch widersprochen wird.[1] Der Antragsgegner kann gegen den Mahnbescheid innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Widerspruch erheben (§ 694 ZPO). Damit geht das Mahnverfahren in ein normales Gerichtsverfahren über (§ 696 ff. ZPO). In diesem Verfahren kann sich der Antragsgegner gegen den behaupteten Anspruch sachlich zur Wehr setzen.

 
Wichtig

Sobald die Mitteilung über den Widerspruch beim Gläubiger eingeht, sollte er zeitnah einen Rechtsanwalt aufsuchen, da nur dieser letztendlich die Berechtigung des Zahlungsanspruchs in die vom Gericht geforderte Form (Klagebegründung) bringen kann.[2] Bei Forderungen über 5.000 EUR gilt Anwaltszwang, da die Forderung vor dem Landgericht begründet werden muss.

Zum Besprechungstermin müssen alle Vertragsunterlagen, die Rechnung und Mahnungen mitgenommen werden. Der Anwalt muss (ggf.) vorab über die Kosten des Prozesses (§ 49b Abs. 5 BRAO: Hinweispflicht, weil sich Gebühren nach dem Streitwert richten)[3] und zwingend über die Erfolgsaussichten aufklären, und prüft gemeinsam mit dem Mandanten, ob beim Schuldner im Ergebnis auch noch erfolgreich vollstreckt werden kann.

Wird die Forderung des Gläubigers nach Zustellung eines Mahnbescheids erfüllt und das Verfahren nach Erhebung des Widerspruchs durch den Schuldner alsbald an das Prozessgericht abgegeben, kann der Kläger in dem Streitverfahren einen Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, stellen.[4]

Auch wenn der Vollstreckungsbescheid bereits erlassen wurde, kann der Schuldner innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Vollstreckungsbescheids noch Einspruch einlegen (§ 700 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 338, 339 ZPO)[5] und damit den Übergang in das streitige Gerichtsverfahren erreichen.

Der Antragsgegner kann in einem Mahnverfahren schon vor Erlass des Vollstreckungsbescheids durch einseitige Erklärung gegenüber dem Amtsgericht (Mahngericht) auf den Rechtsbehelf des Einspruchs wirksam verzichten.[6]

Auch der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid leitet automatisch in das ordentliche Gerichtsverfahren über. Die Sache wird von Amts wegen an das im Mahnbescheid genannte zuständige Gericht abgegeben.

Auch jetzt ist der Gang zum Anwalt unumgänglich! Parallel zum Klageverfahren können aber schon Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Der Schuldner kann beim Gericht beantragen, dass die Vollstreckung vorläufig eingestellt wird.[7] Hierzu wird der Gläubiger gehört und kann bei Sicherheitsleistung mit Zustimmung des Gerichts weiter vollstrecken.

[1] BGH, Beschluss v. 11.7.2019, IX ZR 345/18.
[2] BGH, Beschluss v. 27.4.2022, XII ZR 37/21, MDR 2022 S. 1266: Anforderungen an schlüssigen Parteivortrag.
[3] BGH, Urteil v. 2.7.1998, IX ZR 63–97: Zur Frage, wann der Rechtsanwalt den Mandanten vor Abschluss eines Anwaltsvertrags über die voraussichtliche Vergütung aufklären muss.
[5] BGH, Urteil v. 15.1.2014, VIII ZR 110/13; AG Forchheim, Urteil v. 17.7.2020, 70 C 231/20.
[7] BGH, Beschluss v. 12.7.2017, XII ZR 46/17; BGH, Beschluss v. 26.7.2017, XI ZR 295/17.

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