Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Anwendung des regulären Umsatzsteuersatzes auf die Lieferung eines Spanferkels

 

Leitsatz (amtlich)

Die Lieferung eines vorgegrillten Spanferkels unterliegt dem regulären Steuersatz, sofern der Steuerpflichtige das Schwein auf seinem Edelstahlgrill auf entsprechende Bestellung hin auf dem Anwesen seines Kunden fertig grillt und anschließend für die Gäste seines Kunden tranchiert.

 

Normenkette

UStG 2004 § 3 Abs. 9 S. 4, § 12 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

Der Kläger ist Landwirt und handelt ausweislich der Gewerbeanmeldung seit 1. Juli 2005 mit Schweinefleisch und Wurstwaren, wobei er auf Spanferkelvermarktung spezialisiert ist (Bl. 3 d. Umsatzsteuerakte). Unter der Firmenbezeichnung "RITTER-SCHMAUS" liefert er auf Bestellung verzehrfertige Spanferkel. Die vorgegrillten Spanferkel werden auf einer vom Kläger gestellten Edelstahlanlage mit Holzbefeuerung aufgespießt und auf dem Gelände der Kunden fertig gegrillt wird. Das Grillen vor Ort dauert 1 bis 3 Stunden. Sodann tranchiert der Kläger das Spanferkel und legt es den Gästen auf die von den Gastgebern bereit gestellten Teller. Besteck, Tische und/oder weiteres Personal werden vom jeweiligen Kunden gestellt (Bl. 12 d. PrA.).

Ausweislich einer Rechnung vom 12. September 2006 an die Firma A GmbH & Co KG (Bl. 50 d. Umsatzsteuerakte, Band V) differenzierte der Kläger hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes zwischen der Lieferung der Spanferkel, die er mit 7 % Umsatzsteuer in Rechnung stellte, und der Zubereitung inklusive Grillanlagen und Brennmaterial, die er mit 16% Umsatzsteuer in Rechnung stellte.

In den Streitjahren erklärte der Kläger folgende Umsätze:

2005

2006

2007

BGL *

Steuer

BGL

Steuer

BGL

Steuer

Umsätze zum allg. Steuersatz

0,00

0,00

3.596

575,36

6.280,00

1193,20

Umsätze zum ermäßigten Steuersatz

645,00

45,15

9.201,00

644,07

3.906,00

273,42

Umsätze zu anderen Steuersätzen

106,00

16,97

Abziehbare Vorsteuern

-179,68

--1.032,66

-853,50

Umsatzsteuer

-134,53

186,77

613,12

*Bemessungsgrundlage

Die Veranlagung erfolgte zunächst erklärungsgemäß.

Am 5. März 2009 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Jahr 2006 an (Bl. 30 d. Umsatzsteuerakte). Ausweislich des Berichts vom 25. März 2009 kam der Prüfer zum Schluss, dass die Lieferung von Spanferkel mit Gestellung von Grillanlagen und Brennmaterial sowie die Zubereitung und Ausgabe vor Ort Dienstleistungen darstellen, die nicht notwendigerweise mit der Vermarktung von Speisen an den Endabnehmer verbunden seien (Bl. 33 d. Umsatzsteuerakte). Zudem stellte er fest, dass Einnahmen in Höhe von 1.300 Euro doppelt verbucht und Einnahmen in Höhe von 2.400 Euro nach Maßgabe eines Ein- und Verkaufsvergleichs nicht erklärt waren. In der Folge kürzte der Prüfer für das Prüfungsjahr 2006 die erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 9.201,00 Euro auf 1.215,00 Euro und erhöhte die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz um die Differenz (Bl. 33 d. Umsatzsteuerakte). Die verbleibenden Nettoumsätze in Höhe von 1.215 Euro entfielen laut Prüfungsbericht auf die "Lieferung von Spanferkel ohne Zubereitung". Für die Streitjahre 2005 und 2007 versagte der Prüfer die Steuerermäßigung für alle erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz und erhöhte die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz entsprechend (Bl. 35 d. Umsatzsteuerakte).

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung und setzte mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre 2005 bis 2007 vom 14. April 2009 die Umsatzsteuer wie folgt fest:

2005

2006

2007

BGL

Steuer

BGL

Steuer

BGL

Steuer

Umsätze zum allg. Steuersatz

595,00

95,20

11911,00

1905,76

9793,00

1860,67

Umsätze zum ermäßigten Steuersatz

0,00

0,00

1215,00

85,05

0,00

0,00

Umsätze zu anderen Steuersätzen

106,00

16,97

Abziehbare Vorsteuern

-179,68

-1032,66

-853,50

Umsatzsteuer

-84,48

958,15

1024,14

Der Kläger legte gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide form- und fristgerecht Einspruch ein (Bl. 1 d. Sonderakte). Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 13 d. Sonderakte). Der Kläger erbringe eine Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente einer sonstigen Leistung aufwiesen. Das Lieferungselement sei die Lieferung von ganzen Spanferkeln an den Auftraggeber, die Elemente der sonstigen Leistung die Gestellung von Grillanlagen und Brennmaterial sowie die Zubereitung, Portionierung und Ausgabe an die Gäste des Auftraggebers (Bl. 15 d. Sonderakte). Die Qualifizierung als einheitliche Lieferung oder sonstige Leistung hänge davon ob, welches Leistungselement den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimme. Ein qualitatives Überwiegen des Dienstleistungselements sei anzunehmen, wenn sich der leistende Unternehmer nicht auf die Ausübung der Handels- und Verteilerfunktion des Lebensmittelhandels und -handwerks beschränke. Allein das Portionieren und die Abgabe der Speisen an die Gäste führe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge