Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschafterhaftung bei GdbR

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gesellschafter einer GdbR haften für Unternehmensteuerschulden entsprechend § 128 HGB.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1; HGB § 128

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Haftung der Gesellschafter für Lohnsteuer- und Umsatzsteuerschulden einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts - GdbR -, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist.

Der Kläger und sein Bruder waren zu je 50 v. H. an einer GdbR beteiligt, die unter dem Namen „...“ eine Schreinerei in d betrieb. Mit Beschluss vom 6. März 1996 eröffnete das Amtgericht in B auf Antrag der Gesellschafter das Konkursverfahren (Amtsgericht B, Bl. 7 der Vollstreckungsakten - im folgenden: VA). Das Konkursverfahren ist mit Beschluss vom 10. Januar 1997 gemäß § 163 der Konkursordnung - KO - nach Abhaltung des Schlusstermins aufgehoben worden. Nachdem bei der GdbR am 16. April 1996 eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt worden war (Bericht vom 29. April 1996) und weitere offene Steuerforderungen ermittelt worden waren, meldete der Beklagte am 14. Mai 1996 rückständige Steuern und steuerliche Nebenleistungen zur Konkurstabelle ein. In den angemeldeten Forderungen sind - zum Teil in geringfügig abweichender Höhe - die Steuern und steuerlichen Nebenleistungen enthalten, die Gegenstand des angefochtenen Haftungsbescheides sind. Die Forderungen sind im Prüfungstermin vor dem Amtsgericht B am 17. Juli 1996 als vorläufig bestritten festgestellt worden.

Nachdem Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber der GdbR keinen Erfolg zeigten, kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 2. Oktober 1997 gegenüber dem Kläger und seinem Bruder die Möglichkeit einer Inanspruchnahme als Haftungsschuldner an. Die Schreiben waren an den steuerlichen Berater, Herrn Steuerberater W, gerichtet worden (Bl. 1 der Haftungsakte - im folgenden: HA). Weder der Steuerberater noch der Kläger oder sein Bruder äußerten sich zu dem Schreiben. Daraufhin erließ der Beklagte am 6. November 1997 einen Haftungsbescheid, mit dem er den Kläger gemäß § 191 der Abgabenordnung - AO - i. V. m. §§ 421, 427 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - für Lohnsteuerschulden der Anmeldezeiträume November 1995 bis Januar 1^996 sowie Solidaritätszuschlag hierzu und Umsatzsteuerschulden der Voranmeldungszeiträume November 1995 sowie Januar bis März 1996 in Anspruch nahm. Die Gesamtsumme betrug einschließlich eines Verspätungszuschlages zur Lohnsteuer Januar 1996 und Kirchenlohnsteuer 96.019,68 DM. Ein gleichlautender Haftungsbescheid erging unter gleichem Datum an den Bruder des Klägers. Beide Haftungsbescheide waren an die Gesellschafter der GdbR und nicht an den Steuerberater W gerichtet.

Mit Schriftsatz vom 18. Februar 1998 legte der jetzige Prozessbevollmächtigte gegen die gegen den Kläger und seinen Bruder ergangenen Haftungsbescheide vom 6. November 1997 Einspruch ein und rügte die angeblich fehlerhafte Bekanntgabe der Bescheide. Diese hätten dem Steuerberater W und nicht den Gesellschaftern bekanntgegeben werden müssen, weil der Steuerberater eine Zustellungsvollmacht besessen und diese dem Beklagten bereits früher vorgelegt habe.

Das Finanzamt hob sodann durch Bescheid vom 3. April 1998 den Haftungsbescheid vom 6. November 1997 auf und erließ gleichzeitig einen neuen Haftungsbescheid, mit dem er den Kläger für die gleichen Steuerarten, steuerlichen Nebenleistungen und Zeiträume als Haftender gemäß § 191 Abs. 1 AO i. V. m. §§ 421, 427 BGB in Anspruch nahm. Die gesamte Haftungssumme minderte sich aus Gründen, die zwischen den Beteiligten unstreitig sind, auf 92.197,78 DM. Ein gleichlautender Haftungsbescheid erging gegenüber dem Bruder des Klägers.

Hiergegen erhob der Kläger - ebenso wie sein Bruder - am 20. April 1998 Einspruch. Die Einsprüche wies der Beklagte mit Entscheidung vom 27. August 1998 zurück.

Hiergegen wendet sich die Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das Konkursrecht eine Inanspruchnahme des Gesellschafters einer GdbR außerhalb des Konkursverfahrens verbiete und die Anwendung des § 191 AO ausgeschlossen sei. Nach Beendigung des Konkursverfahrens seien alle Verbindlichkeiten der GdbR erloschen und eine Haftung der Gesellschafter für erloschene Steuerschulden sei nicht mehr möglich.

Auch eine Anwendung der §§ 421, 427 BGB i. V. m. § 191 Abs. 1 AO sei unzulässig. Eine Haftungsnorm wie § 128 HGB, wonach der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft - OHG - persönlich und unbeschränkt hafte, kenne das Recht der GdbR nicht. Vielmehr würde eine persönliche Verpflichtung eines jeden Gesellschafters der GdbR nach der herrschenden Theorie der „einheitlichen Verpflichtung mit doppelter Wirkung“ nur durch vertragliche Vereinbarungen begründet. Stehe eine gesetzliche Verpflichtung der Gesellschaft im Streit - hier Unternehmenssteuerschulden der GdbR - , scheide eine Inanspruchnahme der Gesellschafter denknotwendig aus.

Im übrigen seien beide Haftungsbescheide wegen fehlerhafter Bekanntgabe unwirksam. Denn Zustel...

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