Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Infizierung einer freiberuflichen Partnerschaft - hier: Zahnärzte. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 4/22)

 

Leitsatz (amtlich)

Werden in einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft Organisation-, Verwaltungs- und Management-Aufgaben derart auf einen der Mitunternehmer konzentriert, dass dieser nahezu keinerlei zahnärztlichen Beratungs- oder Behandlungsleistungen mehr unmittelbar an Patienten erbringt, so erfüllt dies nicht mehr die Anforderungen der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt und infiziert die Einkünfte der gesamten Partnerschaftsgesellschaft als gewerblich.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1-2, Abs. 4 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1

 

Tatbestand

Strittig ist, ob die für eine Partnerschaftsgesellschaft festgestellten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit festzustellen sind.

Die Klägerin - eine Partnerschaftsgesellschaft - wurde durch Gemeinschaftspraxisvertrag vom 20. März 2006 (erste Unterschrift) bis 24. März 2006 (letzte Unterschrift, Bl. 1 ff. Vertragsakten) errichtet und war in das Partnerschaftsregister eingetragen (Bl. 32 f. Feststellungsakten). In dem vorgenannten Vertrag schlossen sich sieben approbierte Zahnärzte jeweils mit abgeschlossenem Studium der Zahnmedizin, darunter Herr Dr. A.M., der seit 1991 (Bl. 31 Feststellungsakten) und auch im Streitjahr (2010) als Zahnarzt approbiert war [nachfolgend: Dr. AM], dessen Bruder Dr. T.M. (nachfolgend: Dr. TM) und der Beigeladene Dr. A.S. (nachfolgend: Dr. AS) als die drei sog. Seniorpartner sowie Frau Dr. A.W. (nachfolgend: Dr. W) sowie die Beigeladenen Frau Dr. C.N. [nachfolgend Dr. N], Frau Dr. H.S. (nachfolgend Dr. S) und Frau Dr. K.B. (nachfolgend Dr. B) als sog. Juniorpartner als Gemeinschaftspraxis "Zahnärzte ..., Dr. M. und Partner" zur gemeinsamen Ausübung der zahnärztlichen Behandlung von Privat- und Kassenpatienten zusammen. Der Gemeinschaftspraxisvertrag lautete (auszugsweise) wie folgt (sic!):

"§ 6 Berufsausübung

(1) Die einzelnen Partner erbringen ihre beruflichen Leistungen unter Beachtung des für sie geltenden Berufsrechts. Sie erbringen die Leistungen grundsätzlich in eigenverantwortlicher Tätigkeit. Kein Partner ist berechtigt, einem anderen berufsbezogene Weisungen zu erteilen. (...)

§ 8 Geschäftsführung, rechtsgeschäftliche Vertretung

Jeder Partner ist zur Vertretung der Partnerschaft einzeln befugt.

§ 9 Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis

Zu den außergewöhnlichen Rechtsgeschäften und bei einer beabsichtigten Übernahme von Aufträgen mit einem für die Verhältnisse der Partnerschaftsgesellschaft hohen Haftungsrisiko ist im Innenverhältnis die Zustimmung sämtlicher Partner einzuholen. (...)

§ 13 Vermögen der Gesellschaft

Die von [den Partnern, namentliche Nennung] angeschafften Einrichtungsgegenstände, technischen Geräte und Fachbücher verbleiben in ihrem Eigentum, stehen jedoch allen Partnern zur Verfügung.

Künftig angeschafftes Inventar wird zum Vermögen der Partnerschaftsgesellschaft. Davon sind ausgenommen solche Inventarstücke, die ein Partner aus eigenen Mitteln beschafft und in die gemeinsamen Räume einbringt. Auch an solchen Gegenständen besteht ein Mitbenutzungsrecht der Partner.

§ 14 Einnahmen

Alle Einnahmen aus der Berufstätigkeit der Partner fließen der Partnerschaftsgesellschaft zu.

§ 15 Gewinnverteilung

(1) Für jedes Geschäftsjahr ist der Gewinn durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Betriebsausgaben zu ermitteln.

(2) Die Gewinnverteilung wird in einer gesonderten Gesellschafterversammlung festgelegt.

(3) Als Gewinnverteilungsschlüssel wird wie folgt vereinbart:

Zunächst erhält Frau Dr. N als Gewinnanteil 37,5% der von ihr in eigener Person erwirtschafteten Honorarumsätze sowie 20% der von ihr veranlassten Eigenlaborumsätze (ohne Materialkosten). An der übrigen nachfolgend aufgeführten Gewinnverteilung nimmt Frau Dr. N nicht teil.

Als Gesamtgewinn ist definiert der Bilanzgewinn der Gemeinschaftspraxis abzüglich des Gewinnanteils von Frau Dr. N.

Die Seniorpartner erhalten einen Vorabgewinn von (...) [jeweils] 15% vom Gesamtgewinn.

Die Juniorpartner erhalten einen Vorabgewinn von (...) [jeweils, mit Ausnahme Dr. N] 3% vom Gesamtgewinn.

Dr. TM und Dr. AS erhalten weiterhin einen Vorabgewinn von jeweils 3% für ihr Engagement im Organisations- und Verwaltungsbereich der Praxis.

Die weiteren Gewinnanteile werden wie folgt leistungsabhängig verteilt: (...)"

§ 18 Personalangelegenheiten

Die Neueinstellung von Personal erfolgt durch die Gesellschafter gemeinschaftlich. Alle Personalangelegenheiten sind von den Partnern gemeinschaftlich zu regeln. (...) Jeder Gesellschaft hat gegenüber dem Personal gleiches Weisungsrecht. (...)

§ 19 Vereinbarungen für den Haftungsfall

Jeder Partner verpflichtet sich eine eigene Haftpflichtversicherung abzuschließen.

§ 20 Haftungsbegrenzung nach § 8 Abs. 2 PartGG

(1) Für Schäden wegen einer fehlerhaften Berufsausübung verpflichten sich die einzelnen Partner durch entsprechende R...

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