Entscheidungsstichwort (Thema)

Schachtelprivileg erfasst auch von einem französischen Investmentfonds in der Rechtsform einer SICAV an eine deutsche Kapitalgesellschaft gezahlte Dividenden

 

Leitsatz (amtlich)

Der abkommensrechtlichen Ansässigkeit einer SICAV steht nicht deren nach französischem Recht vorgesehene Körperschaftsteuerbefreiung entgegen.

 

Normenkette

DBAF Art. 2, 20, 25b; OECD-MA Art. 4; KStG § 8b Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.01.2015; Aktenzeichen II R 42/12)

BFH (Urteil vom 20.01.2015; Aktenzeichen II R 42/12)

BFH (Urteil vom 06.06.2012; Aktenzeichen I R 52/11)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung der aus einer Beteiligung der Klägerin an einer französischen Gesellschaft bezogenen Ausschüttungen und der Anteile.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegen-stand der Erwerb, die Veräußerung und Verwaltung von Beteiligungen an Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist.

In den Streitjahren 1991 und 1992 war sie an der S, einer französischen Investmentgesellschaft in der Rechtsform einer sociéte d´investissement à capital variable, mit jeweils mehr als 10% beteiligt. Die S hatte am 02.03.1992 (vor dem Ablauf ihres ersten Geschäftsjahres) eine deutsche Treuhandgesellschaft als steuerlichen Vertreter nach § 18 Abs. 2 Satz 3 Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) bestellt (Bl. 193 (Rb-Akten).

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung kam der Prüfer im Bp-Bericht vom 24.05.2002 u.a. zu dem Ergebnis, dass die Bruttoausschüttungen der S an die Klägerin in Höhe von 883.058.- DM in 1991 und 1.153.140.- DM in 1992 steuerpflichtige Erträge darstellten und eine Dividendenfreistellung hierfür nicht in Betracht komme (Tnr. 1.16, 1.19). Die - nicht vergütete - französische Abzugssteuer sei in Höhe von 132.458,63 DM für 1991 und 172.971.- DM für 1992 auf die Körperschaftsteuer anzurechnen (Tnr. 1.21). Zudem wurde für 1991 eine Abschreibung auf diese Beteiligung in Höhe von 255.085.- DM und für 1992 ein Veräußerungsverlust in Höhe von 105.367,50 DM anerkannt (Tnr. 1.16). Bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens (EWBV) auf den 01.01.1992 erhöhte der Prüfer den Ansatz für Wertpapiere in der Vermögensaufstellung der Klägerin um den Wert der Beteiligung an der S in Höhe von 25.172.617.- DM (Tnr. 3.04).

Dem folgte der Beklagte in den streitgegenständlichen Körperschaftsteuerbescheiden vom 04. und 31. Juli 2002 sowie dem Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1992 vom 04. Juli 2002, geändert am 07. Juli 2005.

Die dagegen erhobenen Einsprüche begründete die Klägerin im Wesentlichen damit, dass für diese Beteiligung das sog. Schachtelprivileg nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 21. Juli 1959 in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung – DBA-Frankreich – zu gewähren sei.

Demgegenüber versagte der Beklagte mit (Teil-)Einspruchsentscheidungen vom 19. September 2008 unter Hinweis darauf, dass die S in Frankreich nicht steuerpflichtig und daher dort auch nicht ansässig sei, die Gewährung der Vergünstigung nach dem Schachtelprivileg.

Mit der vorliegenden Klage hält die Klägerin daran fest, dass die Ausschüttungen der S nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b) (aa) Satz 1 DBA Frankreich aufgrund des internationalen Schachtelprivilegs steuerbefreite Dividendeneinkünfte darstellten. Nach Satz 2 dieser Vorschrift unterliege zudem die Beteiligung keiner Besteuerung nach dem Vermögen. Die gesellschaftsrechtliche Form der S rechtfertige die Anwendung des Schachtelprivilegs, denn diese sei eine Kapitalgesellschaft, die in Frankreich ansässig, d.h. dort steuerpflichtig, sei. Der Abkommensberechtigung der S stehe auch die grundsätzliche Steuerbefreiung nach nationalem französischem Recht nicht entgegen.

Die S sei sowohl nach ihren Rechtsformmerkmalen als auch nach ihrem Geschäftsbereich nach französischem und deutschem Recht für steuerliche Zwecke als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren.

Der abkommensrechtlich nicht ausdrücklich definierte Begriff der "Gesellschaft" des Art. 9 Abs. 1 DBA Frankreich umfasse nach Auffassung des BFH jedenfalls Kapitalgesellschaften. Als solche gelte auch eine nach französischem Recht errichtete, nur in Frankreich unbeschränkt steuerpflichtige und mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbare "Societè Anonyme" (S.A.). Eine SICAV sei nach französischem Zivilrecht als Societè Anonyme einzustufen und damit eigenständig rechtsfähig. Gemäß der zivilrechtlichen Einordnung des Sitzstaates handele es sich um eine französische Kapitalgesellschaft, die - vorbehaltlich weiterer Voraussetzungen (wie der Ansässigkeit) - grundsätzlich auch für deutsche Zwecke als Kapitalgesellschaft einzustufen sei. Deutschland beurteile einen ausländischen Rechtsträger für Zwecke der inländischen Besteuerung dann a...

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