Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteilung eines Kirchensteuerüberhangs bei rückwirkender sog. Kaskadenänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aus dem Begriff der "Aufwendung" in § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, die den Steuerpflichtigen tatsächlich und endgültig belasten. Daran fehlt es, wenn Sonderausgaben (erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums) erstattet werden.

2) Bei einer in späteren Jahren erfolgten Erstattung von Kirchensteuern darf auf noch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO änderbare Einkommensteuerbescheide nur derjenige Anteil der gesamten Erstattung zurückgetragen werden, der auch auf jeweils diesen Veranlagungszeitraum entfällt (entgegen OFD Frankfurt v. 5.3.2008 - S 2221 A-8-St 218). Eine Kürzung des Kirchensteuerabzugs in darüber hinausgehender Höhe ist nicht statthaft, wenn zwischen Erstattung und Verrechnungsjahr ein Jahr liegt, in dem sich Kirchensteuerzahlung und Erstattung gegenseitig aufgehoben haben.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, in welcher Höhe als Sonderausgaben berücksichtigte Kirchensteuern durch Rücktrag eines Erstattungsüberhangs im Zweitfolgejahr gekürzt werden können.

Der Kläger (Kl.) klagt für sich und für seine inzwischen verstorbene Ehefrau. Die Eheleute waren verheiratet und wurden im Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Die bei Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1997 als Sonderausgaben anerkannten Kirchensteuern beliefen sich laut Bescheid vom 18.02.2000 auf 40.862,– DM (Saldo aus in 1997 gezahlten 58.724,– DM und in 1997 erstatteten 17.862,– DM).

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1998 zunächst mit Bescheid vom 22.06.1999 und zuletzt mit Bescheid vom 02.11.2000, waren keine Kirchensteuern als Sonderausgaben geltend gemacht und berücksichtigt, weil die laut Bescheid vom 02.11.1998 in 1998 erstattete Kirchensteuer 1997 (13.173,– DM) die in 1998 gezahlten Kirchensteuern (13.079,– DM) überstieg.

Die bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 1999 berücksichtigten gezahlten Kirchensteuern beliefen sich auf 1.083,– DM und die in 1999 erstatteten Beträge auf 8.393,98 DM. Hieraus ergab sich ein Erstattungsüberhang von 7.310,98 DM. Die in 1999 erstatteten Kirchensteuern resultierten i.H.v. 2.149,– DM aus einer Erstattung für das Jahr 1997 (Bescheid vom 19.01.1999) und i.H.v. 6.244,98 DM aus Erstattungen für das Jahr 1998 (Bescheide vom 22.06. und 27.08.1999). Der Erstbescheid des Jahres 1999 datierte vom 02.11.2000.

Der Beklagte (Bekl.) trug den Erstattungsüberhang des Jahres 1999 i.H.v. 7.310,98 DM in das Jahr 1997 zurück und minderte die gezahlten Kirchensteuern von 58.724,– DM um 7.311,– DM auf 51.413,z– DM. Die bisher als Sonderausgaben anerkannten Kirchensteuern reduzierten sich damit von 40.862,– DM auf 33.551,– DM. Der nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheid 1997 datiert vom 29.04.2003. Nachfolgend wurde die festgesetzte Einkommensteuer 1997 aus hier nicht streitigen Gründen mit Bescheid vom 06.10.2005 geändert.

Der gegen den Bescheid vom 29.04.2003 eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Zur Begründung war in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 26.01.2007 ausgeführt, dass die Festsetzungsfrist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO gewahrt sei. Der für das Jahr 1997 erstattete Betrag von 2.149,– DM mindere auch die in 1997 gezahlten Kirchensteuern. Insoweit werde auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.06.1996 X R 73/94, BStBl. II 1996, 646 und vom 28.05.1998 X R 7/96, BStBl. II 1998, 95 verwiesen. Der in 1999 für das Jahr 1998 erstattete Betrag von 6.244,– DM hätte zwar mit im Jahr 1998 gezahlten Kirchensteuern verrechnet werden müssen. Dies sei jedoch nicht möglich, da die in 1998 gezahlten Kirchensteuern (13.079,– DM) bereits um die – in 1998 – für 1997 erstatteten Kirchensteuern (13.173,– DM) auf 0,– DM gemindert worden seien. Würden die Zahlungen für 1998 vorrangig mit den Erstattungsbeträgen für 1998 verrechnet, würde ein weit höherer Betrag (8.487,– DM) als bisher (7.311,– DM) im Jahre 1997 sonderausgabenmindernd zu berücksichtigen sein. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die EE verwiesen.

Hiergegen richtet sich die anhängige Klage, mit der der Kl. auch unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 07.07.2004 XI R 10/04, BStBl. II 2004, 1058 für das Streitjahr eine Minderung der Kirchensteuerzahlungen nur i.H.v. 1.871,73 DM begehrt. Denn nur dieser in dem Erstattungsüberhang von 7.310,98 DM anteilig enthaltene für 1997 gezahlte Betrag (2.149,– × 7.310,98 DM ./. 8.393,98 DM = 1.871,73 DM) dürfe die in 1997 gezahlten Kirchensteuern mindern. Dass die Verteilung des Erstattungsüberhangs in dieser Weise zu erfolgen habe, ergebe sich aus der Verfügung der OFD Frankfurt vom 30.07.2005 (S 2221 A-8-St II 2.08).

Der Kl. beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 29.04.2003, geändert mit Bescheid vo...

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