Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Veräußerungsgewinnen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Gesellschafter einer PersG verwirklichen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dann nicht gemeinschaftlich, wenn sie einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft beitreten und die Gesellschaft selbst innerhalb der Spekulationsfrist nach Beitritt ein Grundstück veräußert.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2; AO § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a); EStG § 23

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.04.2022; Aktenzeichen IX B 57/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids für das Streitjahr 2016.

Die Klägerin ist eine mit Vertrag vom …2007 gegründete und am …2008 im Handelsregister des Amtsgerichts D unter HRA … eingetragene Kommanditgesellschaft. Persönlich haftende Gesellschafter waren im Streitjahr Herr C A und Frau E A. Kommanditistinnen mit einer Einlage von je 19.250 € waren Frau F A-G und Frau H A-I. Gegenstand des Unternehmens war nach § 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin die Verwertung eigenen Vermögens und deren Betreuung. Die Klägerin war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, vermögensverwaltend tätig.

Ursprünglich war die Klägerin als GmbH & Co. KG gegründet worden. Alleinige persönlich haftende Gesellschafterin war die C A J GmbH, K. Kommanditisten waren Herr C A und Frau E A. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom …2007 waren sowohl die Klägerin als auch die Kommanditisten zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die ursprünglichen Kommanditisten traten (lt. Eintragung im Handelsregister) am …2009 in die Position als persönlich haftende Gesellschafter ein. Die GmbH schied zum …2013 als Gesellschafterin aus. Die jetzigen Kommanditistinnen waren bereits zum …2008 als Kommanditistinnen im Wege der Sonderrechtsnachfolge in die Klägerin eingetreten.

Herr C A und Frau E A waren zuvor zu je 25 % an der Grundstücksgemeinschaft L GbR, …, K (im Folgenden: „GbR”) beteiligt. Die GbR war vermögensverwaltend tätig. Sie hatte bereits am 1.8.1994 das Grundstück M Str. … in L erworben. Mit notariellem Vertrag vom 22.12.2007 (UR-Nr. …/2007 des Notars N in O) übertrugen Herr C A und Frau E A ihre Anteile an der GbR auf die Klägerin zu einem Kaufpreis von 956.889 €. Dadurch wurde die Klägerin Gesellschafterin der GbR mit einem Anteil von 50 %.

Herr C A und Frau E A hatten zuvor zudem zwei Eigentumswohnungen erworben, und zwar einen Miteigentumsanteil von 308/10.000 am Grundstück P, Q-Str., Wohnung W 9 und einen Miteigentumsanteil von 171/10.000 an demselben Grundstück, Wohnung W 8. Hierzu hatten sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, deren alleinige Gesellschafter sie waren. In dem genannten notariellen Vertrag vom 22.12.2007 (UR-Nr. …/2007) übertrugen sie auch die Anteile an dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffend das Objekt P auf die Klägerin, und zwar zu einem Kaufpreis von 160.000 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 22.12.2007 verwiesen.

Die GbR veräußerte mit notariellem Vertrag vom 7.10.2016 mit Wirkung vom gleichen Tage das Grundstück in L zum Preis von 250.000 €. Auf die Klägerin entfiel ein Veräußerungspreis von 125.000 €. Darüber hinaus veräußerte die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 18.12.2015 (UR-Nr. …/2015 des Notars Dr. R in S) die Eigentumswohnung W 9 in P zum Preis von 70.000,00 €. Die Wohnung wurde am 1.1.2016 an den Erwerber übergeben. Die Eigentumswohnung W 8 in P hatte sie bereits im Jahr 2013 veräußert. Dies ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die laufenden Einkünfte der GbR aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2016 betrugen, soweit sie auf die Klägerin entfielen, ./. 14.292 €.

Die Klägerin gab unter Mitwirkung ihres Steuerberaters für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ab. Der Steuerberater erstellte diese durch eine Software und übermittelte sie dem Beklagten elektronisch mit dem Programm „ELSTER”. Ihren Gewinn ermittelte die Klägerin durch Bestandsvergleich gem. § 4 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG –. Die elektronisch eingereichte Gewinn- und Verlustrechnung enthielt unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen u.a. folgende Angaben:

Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen

des Anlagevermögens

843.193,01 €

# Anlagenabgänge Sachanlagen (Restbuchwert bei Buchverlust)

1.038.194,60 €

# Erlöse aus Verkäufen Sachanlagen (bei Buchverlust)

-195.001,59 €

Die Anlagenabgänge i.H.v. 1.038.194,60 € setzen sich zusammen aus einem Betrag von 956.889 € für das Objekt „L” und 81.305,60 € für die Eigentumswohnung „P”.

Die Gewinn- und Verlustrechnung wies ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit i.H.v. 44.000 € aus. Unter Berücksichtigung der Position „Verlust- bzw. Gewinnabführung (Tochter) i.H.v. ./. 44.000 € gelangte die Gewinn- und Verlustrechnung zu einem Ja...

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