Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausstellung der sog. Dauerüberzahlerbescheinigung i.S.v. § 44a Abs. 5 Satz 4 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Die sog. Dauerüberzahlerbescheinigung i.S.v. § 44a Abs. 5 Satz 4 EStG darf auf die Namen der mittelbar über eine Personengesellschaft am Gläubiger der Kapitalerträge Beteiligten ausgestellt sein.

 

Normenkette

EStG § 44a Abs. 5

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin verpflichtet war, auf eine von ihr vorgenommene Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer einzubehalten und an den Beklagten abzuführen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter dem Registerblatt HRB 0001 eingetragen ist. Ihr Unternehmensgegenstand ist …. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die X. GmbH & Co. KG (im Folgenden: X. KG), die im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter dem Registerblatt HRA 0002 eingetragen ist. An der X. KG sind wiederum die Y. Familienstiftung (im Folgenden: Y.) zu 70 % und die Z. Familienstiftung (im Folgenden: Z.) zu 30 % beteiligt.

Die Z. und die Y. führten bereits im Juli 2018 Klageverfahren vor dem Finanzgericht Münster, in welchen sie zunächst die Erteilung einer Dauerüberzahlerbescheinigung i.S.v. § 44a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begehrten (Az 13 K 2267/18 E und Az. 13 K 2268/18 E). In diesen Verfahren teilte der Beklagte nach Klageerhebung mit, dass er nunmehr beabsichtige, die begehrten Bescheinigungen jeweils zu erteilen. Zugleich wies er darauf hin, dass die Klägerin trotz der Bescheinigungen weiterhin bei Ausschüttungen an die X. KG Kapitalertragsteuer einbehalten müsse, da die Z. und die Y. lediglich mittelbar an der Klägerin über die X. KG beteiligt seien.

Die Z. und die Y. begehrten im damaligen Verfahren daraufhin im Wege eines Feststellungsantrags die Klärung der Rechtsfrage, ob die Klägerin auf künftige Ausschüttungen an die X. KG Kapitalertragsteuer einbehalten müsse. Nachdem der Beklagte der Z. und der Y. jeweils eine Dauerüberzahlerbescheinigung mit Gültigkeit ab dem 01.02.2019 erteilt und die Berichterstatterin auf die Unzulässigkeit des von der Z. und der Y. gestellten Feststellungsantrages hingewiesen hatte, nahmen diese ihren Feststellungsantrag zurück und erklärten den Rechtsstreit für erledigt. Schon in diesem Verfahren erklärte der Prozessbevollmächtigte der Z. und der Y., der zugleich auch der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist, dass die Klägerin zur Klärung der Rechtsfrage eine Ausschüttung in geringer Höhe vornehmen werde, bei der sie keine Kapitalertragsteuer einbehalten und sich dann gegen den voraussichtlich ergehenden Nachforderungsbescheid wenden werde.

Die Klägerin schüttete daher am 1.3.2019 einen Gewinn in Höhe von 10.000 € an die X. KG aus, ohne auf diese Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Dabei lag ihr für alle an der X. KG beteiligten Gesellschafterinnen eine Dauerüberzahlerbescheinigung vor. Die Z. und die Y. erzielten aufgrund dieser Ausschüttung aus ihrer Beteiligung an der X. KG einen Gewinnanteil i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die Klägerin reichte beim Beklagten keine Kapitalertragsteueranmeldung für März 2019 ein. Diesen Sachverhalt zeigte sie gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 1.4.2019 an.

Der Beklagte erließ daraufhin am 9.4.2019 gegenüber der Klägerin einen Nachforderungsbescheid, in dem er eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 2.500 € und einen Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer in Höhe von 137,50 € gegenüber der Klägerin festsetzte. Den Nachforderungsbescheid begründete der Beklagte im Wesentlichen damit, dass im Rahmen des § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG unter das Tatbestandsmerkmal „Gläubiger der Kapitalerträge” der zivilrechtliche Gläubiger zu subsumieren sei.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, zu welchem der Beklagte mit Schreiben vom 5.6.2019 Stellung nahm und neben materiell-rechtlichen Ausführungen erstmals umfangreich seine Ermessensentscheidung begründete, die Klägerin im Wege eines Nachforderungsbescheides in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin habe die ihr auferlegte Pflicht zum Einbehalt und zur Abführung von Kapitalertragsteuer zumindest grob fahrlässig verletzt. Ihr sei die Rechtsauffassung des Beklagten und die umstrittene Rechtslage im Hinblick auf das eine andere Auffassung als die Finanzverwaltung vertretende Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 19.10.2017 2 K 57/17, EFG 2018, 130) bekannt gewesen. Bei umstrittener Rechtslage habe der zum Kapitalertragsteuereinbehalt Verpflichtete seinen gegenteiligen rechtlichen Standpunkt durch Anfechtung der Kapitalertragsteuerfestsetzung geltend zu machen. Das vereinfachte Verfahren der Kapitalertragsteuererhebung an der Quelle würde erheblich beeinträchtigt, wenn der Abzugsverpflichtete bei jeder strittigen Rechtsfrage vom Steuerabzug absehen und das Finanzamt auf die Zahlungsgläubiger verweisen könnte. Es seien ferner keine Gründe ersichtlich, aufgrund derer eine Inanspruchnahme der Klä...

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