Entscheidungsstichwort (Thema)

Befreiung von der Verpflichtung zum Kapitalertragsteuereinbehalt bei Personengesellschaft als zivilrechtlicher Gläubiger der Kapitalerträge

 

Leitsatz (amtlich)

§ 44a Abs. 5 Satz 1 EStG befreit auch dann von der Verpflichtung zum Kapitalertragsteuereinbehalt, wenn zivilrechtlicher Gläubiger der Kapitalerträge eine Personengesellschaft ist.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 43 Abs. 1, 4-5, § 44 Abs. 1, § 44a Abs. 5, § 45a Abs. 1; AO § 167 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Nachforderungsbescheides zur Kapitalertragsteuer.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2011 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ... Alleingesellschafterin ist die A GmbH & Co. KG. Diese besteht aus der B GmbH, der am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligten Komplementärin, und den Kommanditisten C GmbH und D GmbH, die jeweils zu 50 % am Vermögen der A GmbH & Co. KG beteiligt sind. Für die C GmbH wurde vom Beklagten am 30. September 2014 bescheinigt, dass die Voraussetzungen des § 44a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen. Für die D GmbH wurde eine nämliche Bescheinigung vom Beklagten am 26. September 2014 ausgestellt. Diese Bescheinigungen waren jeweils vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 gültig und standen unter Widerrufsvorbehalt.

Die Klägerin beschloss am 3. Dezember 2014 eine Gewinnausschüttung in Höhe von ... Euro zu Gunsten ihrer Alleingesellschafterin und zahlte diesen Betrag am selben Tag aus. Kapitalertragsteuer hielt sie darauf nicht ein.

Im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer 2014 erfuhr der Beklagte von dieser Gewinnausschüttung und erließ daraufhin am 3. Februar 2016 einen Nachforderungsbescheid gegenüber der Klägerin gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG über Kapitalertragsteuer in Höhe von ... € nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von ... €. Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin bei der Ausschüttung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dazu verpflichtet gewesen sei, für die Gläubiger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Gläubiger der Kapitalerträge seien dabei die Gesellschafter der A GmbH & Co KG. Personengesellschaften fielen nicht in den Anwendungsbereich von § 44a Abs. 5 EStG. Eine Überbesteuerung könne lediglich auf der Ebene der einzelnen Gesellschafter eintreten. Der Gesetzgeber habe Personengesellschaften von der Begünstigung des § 44a Abs. 5 EStG ausgenommen, weil der mit der Abzugsteuer verfolgte Vereinfachungszweck nicht eintrete, wenn das Finanzamt in einem aufwändigen Verfahren ermitteln müsse, wer Gesellschafter einer Personengesellschaft sei und für welchen Gesellschafter von dem Kapitalertragsteuerabzug abgesehen werden könne.

Die Klägerin legte am 10. Februar 2016 Einspruch gegen den Nachforderungsbescheid ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Sie begründete ihren Einspruch im Kern damit, dass es bei § 44a Abs. 5 EStG allein auf die steuerrechtlichen Gläubiger der Kapitalerträge ankomme. Dies seien die beiden Kommanditisten ihrer Alleingesellschafterin. Ein höherer Verwaltungsaufwand sei insoweit nicht zu erkennen, weil es sich lediglich um zwei Mitunternehmer handele und diese auch noch im selben Finanzamt veranlagt werden würden.

Der Beklagte setzte die Vollziehung des angefochtenen Nachforderungsbescheides mit Bescheid vom 17. Februar 2016 bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen einer Entscheidung im Einspruchsverfahren aus.

Mit Entscheidung vom 16. Januar 2017, zur Post gegeben am 17. Januar 2017, verringerte der Beklagte die im Nachforderungsbescheid festgesetzte Kapitalertragsteuer um ... € auf ... € (geänderter Nachforderungsbescheid als Anlage zur Einspruchsentscheidung). Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.

Ein erneuter AdV-Antrag der Klägerin vom 10. Februar 2017 wurde mit Bescheid vom 24. Februar 2017 abgelehnt. Der Beklagte zog die fälligen Beträge daraufhin ein. Mit Beschluss des Senats vom 19. Mai 2017 (2 V 82/17) wurde die Vollziehung des angefochtenen Bescheides aufgehoben.

Die Klägerin hat am 20. Februar 2017 Klage erhoben. Der Nachforderungsbescheid zur Kapitalertragsteuer sei rechtswidrig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 44a Abs. 5 Satz 1 EStG seien erfüllt. Kapitalerträge in Form der Gewinnausschüttung seien unbeschränkt steuerpflichtigen Gläubigern im steuerrechtlichen Sinne, der C GmbH und der D GmbH, zugeflossen. Diese Kapitalerträge stellten bei den Gläubigern Betriebseinnahmen dar. Schließlich sei die Kapitalertragsteuer bei ihnen aufgrund der Art ihrer Geschäfte auf Dauer höher als ihre gesamte festzusetzende Körperschaftsteuer. Dies zeige sich anhand der Körperschaftsteuerveranlagung beider Gesellschaften für 2014 und entsprechend seien für sie seitens des Beklagten sogenannte Überzahlerbescheinigungen erteilt worden. Eine Auslegung des § 44a Abs. 5 Satz ...

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