Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 1/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob ein Unternehmer den eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, ist bedeutungsgleich mit der Frage, ob noch eine vermögensverwaltende Tätigkeit und keine gewerblichen Einkünfte vorliegen.

2. Die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel ist i.d.R. erst überschritten, wenn der Steuerpflichtige mehr als drei Objekte in einem Zeitraum von fünf Jahren angeschafft bzw. errichtet und veräußert hat. Dies gilt auch für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG.

3. Bei dieser Abgrenzung bleibt für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG außer Betracht, dass eine Kapitalgesellschaft als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform gilt.

4. Die nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG vorzunehmende Kürzung erstreckt sich auf den gesamten Gewerbeertrag, wenn sämtliche Einkünfte im Erhebungszeitraum auf der Verwaltung und Nutzung eines eigenen Grundstückes beruhen, auch wenn dieses das einzige und letzte dem Steuerpflichtigen verbleibende Grundstück ist.

5. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG kann aber nicht mehr gewährt werden, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert wird und nachgehend nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird.

6. Wenn allerdings laut Grundstückskaufvertrag am 31. Dezember des Erhebungszeitraums das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergeht und das grundbesitzverwaltende Unternehmen bis dahin lediglich noch über ertraglose Forderungen in Form von zwei zinslosen Bankguthaben verfügt hat, ist dies für die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewSt unschädlich.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 1-2, § 14; EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin für das Streitjahr 2016 eine sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG vorzunehmen war.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2013 gegründete GmbH mit Sitz in …. Ihr Stammkapital betrug im fraglichen Zeitraum 525.000 €, wobei die Anteile an der Klägerin zu je einem Drittel (175.000 €) Herr C, die D GmbH und die E GmbH & Co. KG hielten. Laut dem Vorbringen des FA stammten Herr C und die D GmbH aus der Baubranche.

Im Gesellschaftsvertrag vom 30.4.2013 (und ebenso in der Eintragung im Handelsregister) heißt es, Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sei die Realisierung von Immobilienprojekten, insbesondere der Erwerb, die Verwaltung (insbesondere die Vermietung und Verpachtung) und die Veräußerung von Grundbesitz einschließlich der Durchführung von Baumaßnahmen auf fremdem Grundbesitz. Bei der Anmeldung ihrer Tätigkeit als Gewerbe benannte die Klägerin ihre Tätigkeit als Realisierung von Immobilienprojekten, Erwerb, Verwaltung und Veräußerung von Grundbesitz. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung benannte die Klägerin ihre Tätigkeit ebenfalls so.

Im Jahr 2013 erwarb die Klägerin ein Immobilienobjekt (F-straße …) zum Kaufpreis von 2.500.000 €. Sie wies das Objekt in ihrer Bilanz zum 31.12.2013 im Umlaufvermögen aus. Mit Kaufvertrag vom 10.12.2014 veräußerte sie das Objekt für einen Kaufpreis von 2.655.484 €.

Mit Kaufvertrag vom 24.11.2015 erwarb die Klägerin ein weiteres Immobilienobjekt (G in …) zu einem Kaufpreis von 3.320.000 €. Bei dem Objekt handelte es sich um ein Geschäftsgrundstück, welches aus mehreren Eigentumswohnungen sowie wohnungseigentumsrechtlichen Teileigentumseinheiten bestand. Auch dieses Objekt wies die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31.12.2015 im Umlaufvermögen aus.

Mit Kaufvertrag vom 7.11.2016 veräußerte die Klägerin das vorgenannte Objekt „G” für einen Kaufpreis von 3.695.000 € an die Stadt B. In Ziff. 7.1 des Vertrags war bestimmt, dass alle das Vertragsobjekt betreffenden öffentlichen und privaten Lasten, alle Verbrauchskosten, Verkehrssicherungspflichten und jede mit dem Vertragsobjekt verbundene Haftung „ab Beginn des 31.12.2016” auf den Käufer übergehen sollten. Des Weiteren sollte danach der Übergang des Besitzes, der Nutzungen und der Gefahr, die Kaufpreiszahlung vorausgesetzt, ebenfalls „am Beginn des 31.12.2016” erfolgen. Der Kaufpreis wurde von der Stadt B am 15.12.2016 an die Klägerin gezahlt.

In der Gewinn- und Verlustrechnung für 2016 wies die Klägerin zum vorgenannten Verkauf Erlöse („Erlöse Objektverkauf Umlaufvermögen”) i.H.v. 3.695.000 € und einen Buchwertabgang „Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen”, („Bestandsminderung Objekte”) i.H.v. 3.559.472 € aus.

Für das Streitjahr 2016 wies die Klägerin einen Jahresüberschuss i.H.v. 150.337,30 € aus. Der von ihr erzielte Gewinn aus Gewerbebetrieb i.S.d. GewStG betrug 177.737 €.

Laut dem Vorbringen des Beklagten (des Finanzamts –FA–) hat die Klägerin sich mit Vertrag vom 1.6.2018 atypisch still an der H GmbH & Co. KG mit einer Einlage i.H.v. 1.800.000 € beteiligt. Laut dem Vertrag sei die Klägerin am Gewinn und Verlust des Inhabers und im Falle der Aus...

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