Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Erträgen aus argentinischen Staatsanleihen (GDP-Bonds), Anerkennung von Verlusten aus Kapitalanlagevertrag mit ausländischer Gesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Erträge aus argentinischen Staatsanleihen in Gestalt sog. GDP-Bonds sind keine steuerpflichtigen Kapitalerträge i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern nicht einkommensteuerbare Vermögenszuflüsse.

2) Verluste aus einem Kapitalanlagevertrag mit einer ausländischen Gesellschaft können nicht berücksichtigt werden, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Anlagegeschäfte tatsächlich durchgeführt worden sind und die entstandenen Verluste dem Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2; AO § 90 Abs. 2; EStG § 2 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob (1.) Kapitalerträge, die der Kläger in den Jahren 2007 und 2008 aus argentinischen Staatsanleihen erzielt hat, der inländischen Einkommensteuer unterliegen und ob (2.) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften im Jahr 2008 steuerlich berücksichtigungsfähig sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Zinsen aus von der Republik Argentinien begebenen Anleihen, die er Ende des Jahres 2006 erworben hatte. Die Zinserträge beliefen sich auf 18.931,00 EUR im Jahr 2007 und auf 30.177,00 EUR im Jahr 2008.

Bei den Anleihe handelte sich um sog. „GDP-Bonds” – die bisweilen auch als „BIP-Schuldverschreibungen” bezeichnet werden –, deren Erträge von der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Republik Argentinien abhängig sind. Diese vom Kläger erworbenen Anleihen waren im Rahmen der Umschuldung der Republik Argentinien im Jahr 2005 begeben worden. Im Rahmen der Umschuldung wurden die bestehenden argentinischen Staatanleihen zunächst gegen sog. „EO-Units” umgetauscht (WKN: A0DUDR, ISIN: XS0205540536). Bei diesen „EO-Units” handelte es sich um Einheiten aus sog. „Par-Schuldverschreibungen” und den hier in Rede stehenden „GDP-Bonds”. Bei den „Par-Schuldverschreibungen” handelte es sich um Schuldverschreibungen, die eine halbjährliche Zinszahlung zu einem festgelegten Zinssatz sowie eine Kapitalrückzahlung in zwanzig Raten bis zum Ende der Laufzeit der Anleihe am 31.12.2038 vorsehen (vgl. Verkaufsprospekt vom 28.12.2004, Seite 50).

Die „GDP-Bonds” begründen einen bedingten Anspruch auf eine zusätzliche Zahlung durch die Republik Argentinien. Die Zahlungen an die Inhaber der „GDP-Bonds” erfolgen jährlich, allerdings nur, wenn das Bruttoinlandsprodukt Argentiniens eine festgelegte absolute Größe und im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr eine bestimmte relative Größe überschreitet; die Höhe der Zahlungen ist auf einen absoluten Betrag für die gesamte Laufzeit der „GDP-Bonds” beschränkt. Die „GDP-Bonds” weisen gemäß dem Verkaufsprospekt eine Laufzeit bis zum 15.12.2035 auf. Sie verfügen über einen lediglich fiktiven Nennwert; eine Kapitalrückzahlung zum Ende der Laufzeit der „GDP-Bonds”

ist nicht vorgesehen (wegen der weiteren Einzelheiten vgl. Prospekt vom 28.12.2004, Seite 54ff.).

Zum Verhältnis der „GDP-Bonds” zu den „Par-Schuldverschreibungen” ist in dem offiziellen Verkaufsprospekt vom 28.12.2004 Folgendes ausgeführt (Seite 54):

„Jedes BIP-gebundene Wertpapier wird zunächst als einzelne Einheit mit dem zugrundeliegenden Par-, Discount oder Quasi-Par begeben werden. Für einen Zeitraum von 180 Tagen nach dem ersten Abrechnungstag werden BIP-gebundene Wertpapiere an die zugrundeliegenden Pars, Discounts oder Quasi-Pars gekoppelt bleiben und als eine einzelne Einheit gehandelt werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums von 180 Tagen werden die BIP-gebundenen Wertpapiere und die zugrundeliegenden Pars, Discounts, und Quasi-Pars voneinander automatisch getrennt und keine einzelne Einheit mehr bilden. Danach werden die BIP-gebunden Wertpapiere unabhängig von den zugrundeliegenden Pars, Discounts oder Quasi-Pars gehandelt werden”

Die zunächst zusammengefassten „EO-Units” wurden – wie in dem Verkaufsprospekt vorgesehen – im Jahr 2005 getrennt. Seitdem werden die „Par-Schuldverschreibungen” unter der Wertpapierkennnummer A0DUDC (ISIN: XS0205537581) und die „GDP-Bonds” unter der Wertpapierkennnummer A0DUDM (ISIN: XS0209139244) gehandelt. Der Kläger erwarb – nach der beschriebenen Trennung – die letztgenannten GDP-Bonds.

Die Einkommensteuererklärung für 2007 gab der Kläger am 12.02.2009 ab. Die Zinseinnahmen aus den „GDP-Bonds” berücksichtigten die Kläger in der Einkommensteuererklärung nicht. Auch in der von den Klägern vorgelegten Jahresbescheinigung für 2007 der Cortal-Consors-Bank vom 14.01.2009 (Einkommensteuerakte Bl. 36ff.) waren die Zinseinnahmen nicht aufgeführt. Am 27.04.2009 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für 2007, mit welchem die Einkommensteuer erklärungsgemäß auf 0,00 EUR festgesetzt wurde. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden erklärungsgemäß mit ./. 1.062,00 EUR berücksichtigt. Nachdem der Kläger wegen eines im vorl...

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