Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkungen eines unterjährigen Gesellschafterwechsels beim Organträger auf die Höhe des Gewerbeertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Allein ein unterjähriger Gesellschafterwechsel bei einer KG führt nicht zur Einstellung des Unternehmens nach § 2 Abs. 5 GewStG.

2. In einem solchen Fall ist der Gewerbeertrag auch nicht gem. § 10a GewStG um die Verluste, die auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfallen, zu kürzen.

3. Die Kürzung des Gewerbeertrags nach § 10a GewStG setzt die Unternehmens- und Unternehmeridentität voraus.

4. Beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft geht der Verlustabzug im Rahmen des § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt.

5. Dem entsprechend geht der Verlustabzug auch unter, wenn Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an eine andere Personengesellschaft veräußern, an welcher sie wiederum mit gleichen Anteilen beteiligt sind und dadurch eine doppelstöckige Personengesellschaft bilden.

6. Organträger und Organgesellschaft einer körperschaftsteuerlichen Organschaft bilden nach der sog. eingeschränkten Einheitstheorie trotz der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG kein einheitliches Unternehmen.

7. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft einerseits und des Organträgers andererseits sind auf einer ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 8, 9 GewStG zu betrachten und erst auf einer zweiten Stufe ist der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 5, §§ 5, 10a, 11; KStG §§ 14, 17; GewStG § 2 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Auswirkungen eines unterjährigen Wechsels der Gesellschafter auf Seiten der Organträgerin (Klägerin) auf die Ermittlung und die Höhe des maßgebenden Gewerbeertrages nach §§ 10, 10 a Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Die Klägerin ist gewerbesteuerliche Organträgerin i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG im Verhältnis zur B. GmbH sowie zur C. GmbH als jeweilige Organgesellschaften. Komplementärin der Klägerin ist die D. GmbH, die zu 3 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Vom 01.01.2014 bis zum 31.10.2014 waren Kommanditisten der Klägerin E., F. und G..

Mit notariellem Abtretungs- und Einbringungsvertrag vom xx.xx.2014 brachten die genannten Kommanditisten ihre Anteile an der Klägerin (insgesamt 97 %) gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsrechten zum 01.11.2014 in die Firma H. GmbH & Co. KG (H.-KG) ein. Die 3 %-ige Komplementärbeteiligung der weiteren Gesellschafterin D. GmbH an der Klägerin blieb unverändert bestehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom xx.xx.2014 Bezug genommen.

Bei der Klägerin bestand zum 31.12.2013 kein vortragsfähiger Gewerbeverlust i.S. des § 10a GewStG. lm Erhebungszeitraum 2014 erlitt die Klägerin vor Berücksichtigung der gewerbesteuerlichen Organschaftsfolgen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG einen laufenden Verlust in Höhe von 271.400 €. Die laufenden Gewinne der beiden Organgesellschaften betrugen im Erhebungszeitraum 2014 insgesamt 737.800 €.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom xx.xx.2016 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat – neben weiteren, hier nicht mehr streitigen Punkten – zur Gewerbesteuer die Auffassung, dass die von der Klägerin für 2014 erlittenen Verluste i.H.v. 271.440 € zu 97 % von 10/12 dieses Betrages, also i.H.v. 219.414 €, gemäß § 10a GewStG nicht berücksichtigungsfähig seien, da es aufgrund des Gesellschafterwechsels insoweit an einer Unternehmeridentität fehle. Mithin könne nur ein Restbetrag von 52.026 € mit den Organergebnissen verrechnet werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht vom xx.xx.2018.

Mit Bescheid für 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13.01.2020, der einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 20.05.2016 änderte, setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag auf … € fest. Dabei legte er die Ergebnisse der Betriebsprüfung zugrunde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihren seinerzeitigen Bevollmächtigten am 29.01.2020 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Gesellschafterwechsel auf der Ebene der Organträgerin die Verlustberücksichtigung nicht ausschließe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 28.01.2020 und die ergänzende Begründung vom 23.12.2020 Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 07.09.2021 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Organschaft sei ein eigenständiges steuerliches Rechtsinstitut. Schuldner der Gewerbesteuer sei nur der Organträger, die Organgesellschaften blieben trotz der Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG selbstständig. Die Ermittlung des Gewerbeertrages des Organkreises erfolge zweistufig. Auf der ersten Stufe sei zunächst d...

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