Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehört, führt grundsätzlich zu Einnahmen aus LuF, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist.

2. Dies gilt auch dann, wenn ein großes bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichen Gewinnen veräußert werden.

3. Grundstücksveräußerungen durch einen Landwirt führen erst dann zum gewerblichen Grundstückshandel, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, welche den jeweils zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit machen.

4. Für die Abgrenzung zwischen Grundstücksveräußerungen als land- und forstwirtschaftliche Hilfsgeschäfte und gewerblichem Grundstückshandel gelten die gleichen Grundsätze wie für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel. Danach ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsauffassung abzustellen.

5. Für die Beurteilung als landwirtschaftliches Hilfsgeschäft ist es schädlich, wenn der Landwirt einen Bebauungsplan beantragt und finanziert oder wenn er an der Erschließung, etwa der Anlage von Straßen und Abwasserkanälen oder der Verlegung von Versorgungsleitungen, aktiv mitwirkt, wohingegen die bloß privatrechtlich vereinbarte Kostenübernahme der Planung und Erschließung unschädlich sind.

6. Da landwirtschaftlich genutzte Flächen der Sache nach nicht geeignet sind, Umlaufvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu sein, führen ihre Parzellierung und die Verkaufsabsicht nicht zum Verlust der Zugehörigkeit zum Anlagenvermögen; eine Rücklagenbildung nach § 6b EStG für mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen gehörende Grundstücke ist deshalb im Wj. der Veräußerung zulässig.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 123 Abs. 1; EStG § 6b

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Grundstücke im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels veräußert wurden, sodass keine Berechtigung zur Bildung einer Rücklage nach § 6b Einkommensteuergesetzes (EStG) im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft besteht und die Veräußerungsgewinne der Gewerbesteuer unterliegen.

Die Kläger wurden in den Jahren 2010 bis 2012 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ([…]) sowie aus Gewerbebetrieb ([…]), die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 1 EStG unter Zugrundelegung eines Wirtschaftsjahres vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres. Im Jahr 2013 begann der Kläger mit dem Aufbau eines Hotel- und Gaststättenbetriebes auf der Hofstelle.

Die Eigentumsflächen des Klägers umfassten unter anderem die Grundstücke G1 zur Größe von 21.909 m² (Betriebsvermögen der Land- und Forstwirtschaft) und G2 zur Größe von 1.065 m² (Privatvermögen). Diese Grundstücksflächen lagen innerhalb des Bebauungsplangebiets B1 der Stadt X-Stadt. Die Entwicklung und Erschließung dieses Baugebietes gestaltete sich wie folgt:

Am 05.08.2003 schloss der Kläger mit der Stadt X-Stadt einen städtebaulichen Vertrag, der u.a. folgende Regelungen enthielt:

„Die Stadt X-Stadt beabsichtigt für das Grundstück G1 und ggf. für weitere angrenzende Grundstücke einen Bebauungsplan aufzustellen.

Zwischen der Stadt X-Stadt und dem Eigentümer B. T. […] wird zur Entwicklung des Gebietes ein städtebaulicher Grund-Vertrag geschlossen, der die wesentlichen Eckpunkte der Baulandentwicklung regelt. Die weitere Konkretisierung soll in einem späteren Vertrag erfolgen.

1.

Die Stadt X-Stadt erarbeitet einen Bebauungsplan Wohnbebauung einschließlich des ökologischen Ausgleichs. Es steht der Stadt X-Stadt frei, die Planungsarbeiten oder Teilleistungen an Dritte zu übertragen. Die Stadt X-Stadt gibt die für die Aufstellung ggf. notwendigen Gutachten und Fachplanungen in Auftrag, z.B. für den ökologischen Ausgleich.

2.

[…]

3.

Durch die Aufstellung des Bebauungsplanes und ggf. Durchführung einer Baulandumgebung wird die Stadt X-Stadt nicht verpflichtet, die Erschließung des neuen Baugebietes durchzuführen. Die Erschließung soll durch einen von der Stadt X-Stadt zu benennenden Erschließungsträger durchgeführt werden.

4.

Herr B. T. erklärt seine Zustimmung, die anteilig anfallenden Kosten zu tragen für:

a) die Kosten der Aufstellung des Bebauungsplanes

b) die Kosten für die Durchführung einer amtlichen oder freiwilligen Umlegung im Rahmen des gesetzlichen Ausgleich[s] des Umlegungsvorteil[s]

c) die Kosten der Erschließung durch den Erschließungsträger

d) die Kosten für den ökologischen Ausgleich

5.

Als pauschalen Infrastrukturausgleich und als Ausgleich sonstiger städtischer Aufwendungen, die zusätzlich zu den oben aufgeführten ...

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