Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 8/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Veräußerung von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehört, führt grundsätzlich zu Einnahmen aus LuF, weil die Veräußerung ein Hilfsgeschäft der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung ist.

2. Dies gilt auch dann, wenn ein großes bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück parzelliert wird und zahlreiche Parzellen an verschiedene Erwerber mit erheblichen Gewinnen veräußert werden.

3. Grundstücksveräußerungen durch einen Landwirt führen erst dann zum gewerblichen Grundstückshandel, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, welche den jeweils zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit machen.

4. Für die Abgrenzung zwischen Grundstücksveräußerungen als land- und forstwirtschaftliche Hilfsgeschäfte und gewerblichem Grundstückshandel gelten die gleichen Grundsätze wie für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel. Danach ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsauffassung abzustellen.

5. Für die Beurteilung als landwirtschaftliches Hilfsgeschäft ist es schädlich, wenn der Landwirt einen Bebauungsplan beantragt und finanziert oder wenn er an der Erschließung, etwa der Anlage von Straßen und Abwasserkanälen oder der Verlegung von Versorgungsleitungen, aktiv mitwirkt, wohingegen die bloß privatrechtlich vereinbarte Kostenübernahme der Planung und Erschließung unschädlich sind.

6. Da landwirtschaftlich genutzte Flächen der Sache nach nicht geeignet sind, Umlaufvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu sein, führen ihre Parzellierung und die Verkaufsabsicht nicht zum Verlust der Zugehörigkeit zum Anlagenvermögen; eine Rücklagenbildung nach § 6c i.V.m § 6b EStG für mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen gehörende Grundstücke ist deshalb im Wj. der Veräußerung zulässig.

 

Normenkette

EStG §§ 6c, 15 Abs. 2; BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 123 Abs. 1; EStG § 6b

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Grundstücke im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels veräußert wurden, sodass keine Berechtigung zur Bildung von Rücklagen nach § 6b i. V. m. § 6c Einkommensteuergesetz (EStG) im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft besteht.

Die Kläger wurden in den Jahren 2008 bis 2011 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bewirtschaftete einen viehlosen landwirtschaftlichen Betrieb und erzielte hieraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den entsprechenden Gewinn ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG unter Zugrundelegung eines Wirtschaftsjahres vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres. Ferner erzielte er gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage sowie aus Beteiligungen, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus Vermietung und Verpachtung.

Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des Klägers umfasste unter anderem die Grundstücke G1 zur Größe von 19.870 qm. Diese Fläche brachte der Kläger in das Umlegungsverfahren U1 ein (Umlegungsbeschluss vom 25.04.2006). Die Fläche wurde mit 1.273.569,00 EUR bewertet. Aus dem Umlegungsverfahren erhielt der Kläger Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 28.638 qm zurück, die mit 1.254.852,95 EUR bewertet wurden. Zusätzlich erhielt der Kläger eine Ausgleichszahlung i. H. v. 18.716,05 EUR. Die dem Kläger zugewiesenen Grundstücke umfassten 21 Flurstücke mit der Nutzungsart „Bauplatz” (insgesamt 10.208 qm), das Flurstück F1 mit der Nutzungsart „Gartenland” (587 qm) und das Flurstück F2 mit der Nutzungsart „Ackerland” (17.843 qm). Die Grundstücke der Nutzungsarten „Bauplatz” und „Gartenland” lagen innerhalb des am 17.02.2006 bestandskräftig gewordenen Bebauungsplangebiet 1.15 U1 der Stadt X-Stadt.

Bei dem Kläger fand eine steuerliche Außenprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N-Stadt (nachfolgend „GKBP”) für die Jahre 2008 bis 2011 bzw. bezüglich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Zeiträume 01.07.2008 bis 30.06.2012 statt. Im Rahmen der Betriebsprüfung, die bezüglich des Streitzeitraums 2008 am 29.10.2013 angeordnet wurde und mit der am 10.12.2013 begonnen wurde, traf die GKBP bezüglich der Entwicklung und Erschließung des Baugebietes folgende – hinsichtlich der Tatsachen unstreitige – Feststellungen:

Ausweislich eines von der Prüferin am 12.02.2014 gefertigten Aktenvermerks hatte Herr T., der als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur als Geschäftsführer des Umlegungsausschusses der Stadt X-Stadt mit dem Umlegungsverfahren und der Aufstellung des Bebauungsplans befasst war, erklärt, dass der Kläger nicht an Bauplätzen interessiert gewesen sei und beantragt habe, aus dem Umlegungsverfahren in Ackerland abgefun...

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