rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Halbteilungsgrundsatz gilt nicht bei der Einkommensteuer; Posten der Belastungsrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte sog. Halbteilungsgrundsatz entfaltet für andere Steuerarten als die Vermögensteuer keine Bindungswirkung nach § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz.

2) Allein ein Steuersatz bei der Einkommensteuer von über 50% führt noch nicht zur Verfassungswidrigkeit. Als Ausgangsgröße für den Belastungsvergleich ist auf einen Wert unterhalb der Bruttoeinnahme und oberhalb des zu versteuernden Einkommens, am ehesten auf den Gesamtbetrag der Einkünfte, abzustellen. Kirchensteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Umsatzsteuer und Solidaritätzuschlag sind in die Belastungsrechnung nicht einzubeziehen. Die Einbeziehung von Gewerbesteuer ist zumindest äußerst fraglich.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1; BVerfGG § 31

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob die den Kläger (Kl.) treffende Gesamtbelastung mit Steuern rechtswidrig ist, weil der in dem zur Vermögensteuer ergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 (2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl. II 1995, 655) erwähnte Halbteilungsgrundsatz nicht eingehalten sei.

Der ledige Kl. ist unbeschränkt steuerpflichtig. Er bezieht den wesentlichen Teil seiner Einkünfte aus einer Kommanditbeteiligung. An der betreffenden Gesellschaft ist er zu 24,375 % beteiligt.

Die Einkommensteuer für 1994 wurde vom Beklagten (Bekl.) mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 17.07.1996 festgesetzt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte besteht beim Kl. aus der Summe seines Gewinnes an der Kommanditgesellschaft und seiner Einnahmen aus nicht-selbständiger Arbeit nach Abzug der Werbungskosten (Kapitaleinkünfte wurden dagegen nicht angesetzt, da sie unter dem Sparerfreibetrag lagen). Das zur Versteuerung herangezogene Einkommen des Kl. reduziert sich entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen um Sonderausgaben und die Vorsorgepauschale.

Danach enthält die Steuerfestsetzung einen Gesamtbetrag der Einkünfte von

674.521,00 DM

und ein zu versteuernde Einkommen von

668.121,00 DM.

Hierauf entfällt eine Einkommensteuer von

331.517,00 DM

sowie die davon abhängige Kirchensteuer von

29.811,96 DM.

Diese Einkommensteuerveranlagung für 1994 wurde bestandskräftig.

Mit Bescheid vom 02.06.1998 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Hiergegen legte der Kl. Einspruch ein.

Die Einkommensteuer für 1996 wurde vom Bekl. mit Bescheid vom 02.06.1998 festgesetzt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte besteht dem Grunde nach aus denselben Positionen wie bei der Einkommensteuer für 1994. Das zur Versteuerung herangezogene Einkommen reduziert sich wiederum dem Grunde nach um dieselben Positionen wie 1994.

Danach enthält die Steuerfestsetzung einen Gesamtbetrag der Einkünfte von

729.136,00 DM

und ein zu versteuernde Einkommen von

635.858,00 DM.

Hierauf entfällt eine Einkommensteuer von

314.158,00 DM

sowie die davon abhängige Kirchensteuer von

28.274,22 DM

und der ebenfalls von der Einkommensteuer abhängige Solidaritätszuschlag von

9.386,85 DM.

Gegen diesen Bescheid legte der Kl. Einspruch ein.

Bei der Kommanditgesellschaft waren u. a. für die o.g. Streitjahre 1994 und 1996 Gewerbesteuermeßbeträge festgesetzt worden. Diese Festsetzungen wurden mit Einsprüchen der KG angegriffen – Einspruch für 1994 gegen die Ablehnung der Änderung der bisherigen Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung und Einspruch für 1996 gegen einen Gewerbesteuermeßbetragsbescheid. Über die sich anschließende Klage (4 K 1872/99 G) hat der Senat ebenfalls am 17.03.2000 entschieden. Aus den Meßbetragsfestsetzungen ergeben sich unter Berücksichtigung des Hebesatzes von 410 % Gewerbesteuern in Höhe von 57.658,00 DM für 1994 und 68.691,00 DM für 1996. Teilt man die Gewerbesteuer auf die Kommanditisten auf, errechnet sich für den Kl. ein Anteil von 14.054,00 DM für 1994 und 16.743,00 DM für 1996.

Die Einsprüche zur ESt 1994 und 1996 wurden mit zusammengefaßter Einspruchsentscheidung vom 03.07.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage erstrebt der Kl., wie schon im Einspruchsverfahren, die Reduzierung seiner Steuerbelastung. Die Fragen der Aussetzung bzw. des Ruhens seien vorrangig. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde gegen das BFH-Urteil vom 01. August 1999 (XI R 77/97, BStBl II 1999, 771) sei eine weitere Klärung und Konkretisierung der Fragen zum sog. Halbteilungsgrundsatz zu erwarten. Auch zeigten die gesetzlichen Änderungen zu den Kinderfreibeträgen, daß bei erfolgreicher Verfassungsbeschwerde eine rückwirkende Änderung der Steuerbelastung durch den Gesetzgeber nicht ausgeschlossen sei. Im übrigen meint der Kl. unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögensteuer, die Festsetzungen verstießen gegen das Verbot der Übermaßbesteuerung. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, daß für die Belastung von Steuerpflichtigen mit Steuern eine hälftige Teilung gelten müsse. Diese sei hier überschritten. Die Kirchensteuer könne w...

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