Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Lohnverzicht und Lohnverwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

Kann ein Arbeitnehmer jeden Monat erneut wählen, ob und in welcher Höhe er laufenden Arbeitslohn in Versorgungslohn umwandeln möchte und der Arbeitgeber verpflichtet ist, diesen in eine bestimmte Teilschuldverschreibung zu investieren und nach Eintritt des Versorgungsfalls das angesparte Kapital in eine bestimmte Alterssicherung zu überführen, liegt beim Arbeitnehmer laufender Arbeitslohn vor.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Beklagten erlassener Lohnsteuer-Haftungsbescheid rechtmäßig ist.

Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.04.2010 – 31.12.2011 durch. Im Prüfungsbericht vom 25.04.2012 stellte der Beklagte unter Tz. 3 fest, dass die Klägerin mit ihrem Arbeitnehmer, dem geschäftsführenden Gesellschafter Herrn B., einen vom 17.08.2010 datierenden Vertrag geschlossen hatte, nach dem der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt berechtigt sein sollte, Barlohn in Höhe von maximal 50% des laufenden Gehalts in Versorgungslohn umzuwandeln. Mit Auftrag zur Entgeltumwandlung vom 17.08.2010 bat der Arbeitnehmer die Klägerin darum, ab der nächsten Entgeltauszahlung monatlich bis auf weiteres regelmäßig einen Betrag in Höhe von 1.000 € in Versorgungslohn umzuwandeln. Die Klägerin kürzte auf Basis dieses Auftrags das steuerpflichtige monatliche Bruttoentgelt des Arbeitnehmers um 1.000 € und führte dementsprechend geringere Lohnsteuerbeträge ab. Für die einbehaltenen Beträge erwarb die Klägerin, wie in Abschnitt A. 3. des Vertrages vereinbart, Teilschuldverschreibungen der C. AG Optionsanleihe von 2007 im Wert von 15.000 € und darüber hinaus Aktien im Wert von 160 € (Tz. 3 des Prüfungsberichts der Lohnsteueraußenprüfung). Nach Abschnitt B. der Vertragsbedingungen soll die Klägerin nach Eintritt des Versorgungsfalls die Überführung des angesparten Kapitals in eine noch zu bestimmende Alterssicherung tätigen.

Der Beklagte beurteilte diesen Sachverhalt als sog. Lohnverwendungsabrede und unterwarf den bislang nicht versteuerten Arbeitslohn in Höhe von insgesamt 17.000 € (5.000 € für den Zeitraum von August bis Dezember 2010 und 12.000 € im Jahr 2011) der Besteuerung. Am 02.05.2012 erließ er einen entsprechenden Haftungs- und Nachforderungsbescheid über insgesamt 7.545,36 € (7.152,00 € Lohnsteuer und 393,36 € Solidaritätszuschlag) gegenüber der Klägerin.

Gegen diesen Haftungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass die Entgeltumwandlung nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führe, sondern die Lohnsteuerpflicht erst bei Auszahlung im Versorgungsfall entstehe. Dies gelte nach dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 15.04.2008 (Az: 10 K 3840/04) auch dann, wenn keine betriebliche Altersversorgung vorliege. Weiter sei zu berücksichtigen, dass auch Zeitwertkonten nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte Düsseldorf und Hessen keine betriebliche Altersversorgung darstellten, gleichwohl aber auch die Entgeltumwandlung in ein Zeitwertkonto nicht zu einem Zufluss führe. Stünden alle Rechte an dem Depot bzw. der Kapitalanlage ausschließlich dem Arbeitgeber zu und könne der Arbeitnehmer nicht über das Depot bzw. die Kapitalanlage verfügen, so liege kein Zufluss vor.

Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass kein Verzicht auf Arbeitslohn, sondern eine Lohnverwendungsabrede vorliege. Dies ergebe sich daraus, dass detaillierte Bedingungen zur Verwendung der frei gewordenen Mittel im Vertrag vereinbart worden seien und die Klägerin auf Wusch des Arbeitnehmers die Verwaltung des angesparten Vermögens übernommen habe. Die Investition des Guthabens in Teilschuldverschreibungen und Aktien mit der Zustimmung des Arbeitnehmers führe zu dessen Verfügung über das Guthaben. Zudem sei der Arbeitnehmer von Gewinnen und Verlusten aus den Anlagen unmittelbar betroffen, da diese sich direkt auf seinen Anspruch gegenüber der Klägerin auswirkten und sogar zu einem Totalverlust führen könnten.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich bei der geschlossenen Vereinbarung nicht um eine Lohnverwendungsabrede, da der Arbeitnehmer nicht über das Geld habe verfügen können.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 02.05.2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.06.2013 über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für den Zeitraum 01.04.2010 bis 31.12.2011 aufzuheben;

hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Streitfall unterscheide sich einerseits insofern von dem durch das Finanzgericht Düsseldorf in dem Verfahren 10 K 3840/04 entschiedenen Fall, als dass der Arbeitnehmer im Streitfall zugleich zu 50% Gesellschafter sowie Geschäftsführer der Klägerin gewesen sei. Zum...

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