Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei Zusammenfassung mehrerer Erwerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Es besteht kein Anspruch auf niedrigere Steuerfestsetzung der aus einer Zusammenfassung mehrerer Erwerbe entstandenen Schenkungsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen, wenn nicht die tatsächlich festgesetzte, sondern die aufgrund einer Rechtsprechungsänderung niedrigere festzusetzende Steuer aus einem Vorerwerb angerechnet wurde.

 

Normenkette

AO § 163; ErbStG § 14

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.07.2020; Aktenzeichen II R 42/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Schenkungsteuer für Schenkungen vom 00.00.2006 und vom 00.00.2008 aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abgabenordnung (AO) abweichend festzusetzen ist.

Der Vater des Klägers war Kommanditist der Firma O 2 GmbH & Co. KG. Im Lauf der Jahre beteiligte er den Kläger und dessen Schwestern schenkweise nach und nach an dem Unternehmen. So räumte er ihnen durch notarielle Vereinbarungen vom 10.12.1988 und vom 18.03.1995, genehmigt durch den Kläger am 25.03.1995, Unterbeteiligungen an seinem Kommanditanteil ein bzw. erhöhte die bereits eingeräumten Unterbeteiligungen.

Gegenüber dem Kläger setzte der Beklagte die Schenkungsteuer für die Übertragung vom 00.00.1988 durch Bescheid vom 07.09.1992 nach einem Erwerb von X DM unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 90.000 DM auf X DM fest (vgl. Steuerakte). Die Schenkungsteuerfestsetzung für die Übertragung vom 00./00.00.1995 erfolgte durch Bescheid vom 03.11.1998. Nach einem Erwerb in Höhe von X DM zuzüglich Vorerwerb in Höhe von X DM abzüglich Freibetrag in Höhe von 90.000 DM betrug die festgesetzte Steuer nach Abzug der anrechenbaren Steuer in Höhe von X DM X DM, die auch entrichtet wurde (vgl. Steuerakte).

Durch notarielle Vereinbarung vom 00.00.2000 erhöhte der Vater des Klägers die mittlerweile bestehenden Kommanditbeteiligungen seiner Kinder, für den Kläger im Nennbetrag von X DM. Bei der Schenkungsteuerfestsetzung für den Kläger durch Bescheid vom 03.11.2000 legte der Beklagte einen Erwerb in Höhe von X DM und einen Vorerwerb in Höhe von X DM zugrunde und gewährte einen Freibetrag gemäß § 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Höhe von 600.000 DM sowie den persönlichen Freibetrag in Höhe von 400.000 DM. Nach Abzug des Anrechnungsbetrages für die Vorschenkung aus 1995 in Höhe von X DM setzte er die Schenkungsteuer auf X DM fest, die entrichtet wurde (vgl. Steuerakte).

Mit notarieller Vereinbarung vom 00.00.2005 übertrug der Vater des Klägers diesem einen Teilkommanditanteil im Nennwert von X DM sowie anteilige Beträge aus der gesamthänderisch gebundenen Rücklage und aus seinem Darlehnskonto in Höhe von insgesamt X DM. Gegen die ursprüngliche Schenkungsteuerfestsetzung vom 06.11.2006, bei der der Beklagte eine anrechenbare Steuer für die Vorerwerbe in Höhe von X Euro berücksichtigte (vgl. Blatt 55 ff der Steuerakte), legte der Kläger am 20.11.2006 Einspruch ein und wandte sich vorrangig gegen die Einbeziehung der Übertragung vom 00./00.00.1995 als Vorschenkung.

Die Schenkungsteuer setzte der Beklagte dann durch Bescheid vom 13.12.2010 auf X Euro fest. Dabei legte er einen Erwerb zum 23.03.2005 in Höhe von X Euro zugrunde und erfasste Vorschenkungen in Höhe von X Euro (X DM für die Schenkung vom 00./00.00.1995 und X DM abzüglich Freibetrag gemäß § 13a ErbStG in Höhe von 600.000 DM, also X DM für die Schenkung vom 00.00.2000). Die anrechenbare Steuer für die Vorschenkungen ermittelte er gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG dabei wie folgt:

Vorerwerb 1995

X DM

Vorerwerb 2000

X DM

X DM (= X Euro)

abzüglich Freibetrag

400.000 DM X DM

× 19 %

X DM, also X Euro.

Zu den Einzelheiten wird auf Blatt 78 (Steuerakte) und den Steuerbescheid (Blatt 192 ff Steuerakte) hingewiesen.

Hintergrund der veränderten Berechnung der anrechenbaren Steuer war, dass laut Urteil des BFH vom 02.03.2005 II R 43/03 (BStBl. II 2005, 728) bei Berücksichtigung früherer Erwerbe gemäß § 14 ErbStG die Schenkungsteuer für den letzten Erwerb so zu berechnen ist, dass sich der dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt dieses Erwerbs zustehende persönliche Freibetrag tatsächlich auswirkt, soweit er nicht innerhalb von zehn Jahren vor diesem Erwerb verbraucht ist, und dass der Beklagte dieses Urteil nach dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 01.12.2005 in allen noch offenen Fällen – so auch im Fall des Klägers – anzuwenden hatte.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 03.08.2011 als unbegründet zurück und wies unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 09.07.2009 II R 55/08 ergänzend darauf hin, dass es sich bei der „tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtenden Steuer” im Sinne des § 14 ErbStG um die Steuer handele, die bei zutreffender Beurteilung der Sach- und Rechtslage für diese Erwerbe festzusetzen gewesen wäre und nicht die dafür wirklich festgesetzte (bzw. gezahlte) Steuer. Zu den Einzelheiten wird auf die Einspruchs...

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