Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrere Wohnungseigentumseinheiten als ein Objekt (wirtschaftliche Einheit) i.s.d. "Drei-Objekt-Grenze"

 

Leitsatz (redaktionell)

Veräußert ein Steuerpflichtiger acht Wohnungseigentumsrechte an einem im Bau befindlichen Gebäude, handelt es sich lediglich um 3 Objekte i.S.d. "Drei-Objekt-Grenze", wenn geplant ist, im Ergebnis 3 wirtschaftliche Einheiten (2 Arztpraxen und eine Wohneinheit) zu errichten.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStDV § 1 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1

 

Gründe

Es ist zu entscheiden, ob die Klägerin (Klin.) Eigentumswohnungen (ETW) im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels veräußert hat.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Der Kl. erzielt als Finanzbeamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klin. ist Hausfrau. Im November 1979 erwarb die Klin. im Umlegungsverfahren das Grundstück Von-der-Recke-Str. 6–8, Gelsenkirchen (im folgenden; Grundstück). Die aufstehenden Gebäude waren zum Abbruch bestimmt. Am 22.1.1980 beantragte die Klin. die Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus, dessen Erdgeschoß gewerbliche Räume und in den drei Obergeschossen (OG) und im Dachgeschoß 16 Wohnungen enthalten sollte. Am 15.6.1981 wurde die Baugenehmigung entsprechend erteilt. Bei den Finanzierungsverhandlungen mit der Stadtsparkasse Gelsenkirchen stellte die Klin. in Aussicht, einen Teil der zu erstellenden Wohnungen als Wohnungseigentum zu veräußern. Dies hatte Einfluß auf die Darlehenskonditionen (Kreditangebot vom 14.11.1980). Am 2.2.1981 begannen die Bauarbeiten für den Neubau. Am 17.3.1981 beantragte die Klin. die Abgeschlossenheitsbescheinigung, die am 3.4.1981 erteilt wurde. Am 4.6.1981 gab sie beim Amtsgericht eine Teilungserklärung ab, wonach sie das Grundstück in eine Teileigentumseinheit im Erdgeschoß und in 16 ETW in den darüberliegenden Stockwerken aufteilte. Am 8.7.1982 war die Rohbauabnahme des Gebäudes. Ende 1982 war es bezugsfertig.

Bereits während der Bauzeit schloß die Klin. Kaufverträge ab, in denen sie sich zur Eigentumsübertragung folgender ETW verpflichtete:

Wohnung

Nr.

Erwerber

Kaufvertrag vom

Besitzübergang

Eigentumsumschreibung

I. OG

1

A

25.11.1981

Bezugsfertigkeit

01.06.1983

I. OG

2

25.11.1981

01.06.1983

I. OG

3

25.11.1981

01.06.1983

I. OG

4

16.03.1982

01.06.1983

II. OG

5

B

17.11.1981

03.03.1983

II. OG

6

17.11.1981

03.03.1983

II. OG

7

17.11.1981

03.03.1983

II. OG

8

C

30.06.1982

01.03.1983.

A. ist die Ehefrau eines niedergelassenen Gynäkologen. B. und C. sind Eheleute und niedergelassene Zahnärzte. Bei Beginn der Vertragsverhandlungen mit den Eheleuten … war das Kellergeschoß in Angriff genommen worden; im Fall der Eheleute B., C. war das 1. OG fertig gestellt. Die Eheleute … haben vom Verkauf der ETW von einer … Apothekerin gehört. B. ist von dem Kl. angesprochen worden. Die Übereignungsansprüche der Käufer wurden durch Eintragung von Auflassungsvormerkungen in das Grundbuch gesichert. Nach Abschluß der Kaufverträge änderte die Klin. die Baupläne. Aus den ETW Nr. 1–4 wurde eine gynäkologische Praxis (Nachtragsbauplan vom 5.4.1982) und aus den ETW Nr. 5–7 eine Zahnarztpraxis (Nachtragsbauplan vom 15.5.1982). Bei Fertigstellung des Gebäudes übergab die Klin. eine Arztpraxis an A. (4 Grundbuchblätter), eine Zahnarztpraxis an B. (3 Grundbuchblätter) und eine Eigentumswohnung an C. Die Kaufpreise betrugen insgesamt 1.498.340 DM. Die ETW im 1. OG sind zusammen 260 qm, die ETW Nr. 5–7 sind zusammen 183 qm und die ETW Nr. 8 75 qm groß. Die Klin. blieb Eigentümerin der Geschäftsräume im Erd-, und der acht übrigen ETW im dritten Ober- und im Dachgeschoß des Gebäudes. Die Klin. vermietete diese Geschäftsräume und ETW.

In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr 1982 erklärten die Kl. aus dem Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V) und sahen die Veräußerungsgeschäfte als nicht der ESt unterliegend an. Der Beklagte (Bekl.) – das Finanzamt – (FA) – veranlagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß. Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp) vertrat der Prüfer die Ansicht, daß hinsichtlich des Verkaufes der acht ETW ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Der Prüfer ermittelte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 369.865 DM (wegen der Einzelheiten vgl. Tz. 8 f und Anlage 3 des Bp-Berichtes vom 20.8.1986). Der Bekl. schloß sich der Ansicht der Bp an und erließ einen geänderten ESt-Bescheid 1982 vom 11.11.1986 und einen erstmaligen Gewerbesteuermeßbescheid (GewSt-Meßb.) 1982 vom 10.12.1986. Die Einspruchsverfahren blieben erfolglos.

Im Klageverfahren verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, daß ein gewerblicher Grundstückshandel nicht vorliege. Die Klin. habe nicht acht, sondern nur drei wirtschaftliche Einheiten veräußert. Die Anzahl der wirtschaftlichen Einheiten ergebe sich sowohl aus der Grundstücksbewertung durch den Bekl. als auch aus den tatsächlichen Verhältnissen. Bei dem Verkauf des 1. OG handele es sich nicht um den Verkauf vo...

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