Entscheidungsstichwort (Thema)

Negativer Erwerb i.S. des § 3 Nr. 2 Satz 2 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem den Steuerwert eines durch gesellschaftsrechtliche Nachfolgeklausel vom Mitgesellschafter erworbenen Kommanditanteils übersteigenden Abfindungsanspruch der Erben ist auch dann kein negativer Erwerb nach § 3 Nr. 2 Satz 2 ErbStG anzusetzen, wenn der Kommanditist zugleich Miterbe und damit Inhaber des Abfindungsanspruchs ist.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.06.2021; Aktenzeichen II R 2/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob ein negativer Erwerb von Todes wegen zu erfassen ist.

Der Kläger ist neben seinen Geschwistern zu ¼ Miterbe nach seiner am 00.00.2012 verstorbenen Mutter.

Die Erblasserin war neben ihren Kindern Kommanditistin der E GmbH & Co. KG. Alle Gesellschafter waren mit einer Quote in Höhe von jeweils 20 % beteiligt. Für den Fall des Todes eines Gesellschafters enthielt der Gesellschaftsvertrag der KG folgende Regelungen:

Nach § 17 des Gesellschaftsvertrages scheidet der Gesellschafter mit dem Tod aus der Gesellschaft aus, die ohne dessen Erben fortgesetzt wird. Den Erben steht ein Abfindungsanspruch nach Maßgabe des § 20 des Gesellschaftsvertrages zu. Danach ist das Auseinandersetzungsguthaben anhand einer Auseinandersetzungsbilanz auf den dem Ausscheiden vorausgegangenen Bilanzstichtag zu ermitteln. Dabei sind Aktiva und Passiva mit Ausnahme von Grundbesitz zu Buchwerten anzusetzen und Grundbesitz mit 60 % des 12-fachen des arithmetischen Mittels der in den letzten drei Jahren vor dem Ausscheiden des Gesellschafters tatsächlich erzielten Mieten ohne Nebenkosten. Zu den Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Blatt 19 bis 27 R der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Nach dem Tod der Erblasserin wurde die Gesellschaft von den Kindern fortgesetzt, deren Anteilsquote sich durch die anteilige Anwachsung des Anteils der Mutter auf jeweils 25 % erhöht hat. Das nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen berechnete Abfindungsguthaben betrug X Euro. Es wurde nicht an die Erben ausgezahlt, sondern ist in der E GmbH & Co. KG als feste Kapitalrücklage bilanziert, die verzinst wird. In der Erbschaftsteuererklärung der Erbengemeinschaft ist das Abfindungsguthaben als sonstige Forderung erklärt.

Durch Feststellungsbescheid vom 16.05.2013 stellte das dafür zuständige Finanzamt den Wert des Anteils der Erblasserin am Betriebsvermögen auf X Euro fest; auf den Kläger entfiel danach ein Anteil in Höhe von X Euro (vgl. Blatt 165, 166 der Erbschaftsteuerakte I).

Der Beklagte änderte daraufhin den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Erbschaftsteuerbescheid vom 12.02.2013, setzte die Erbschaftsteuer durch Bescheid vom 03.07.2013 weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf X Euro fest und erfasste dabei einen Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Höhe des anteiligen Anteilswertes von X Euro abzüglich des auf den Kläger entfallenden Abfindungsanspruchs in Höhe von X Euro. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid, Blatt 255 bis 260 der Erbschaftsteuerakte II, Bezug genommen.

Die Feststellung des Anteilswerts wurde durch Bescheide vom 05.08.2013 und vom 29.04.2014 geändert. Der Anteilswert betrug ausweislich des letztgenannten Bescheides X Euro (vgl. Blatt 525 Erbschaftsteuerakte III).

Daraufhin beantragte der Kläger am 30.05.2014 die Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung, weil bezüglich des Anteils an der E GmbH & Co. KG und der damit zusammenhängenden Abfindungsansprüche der Erben aufgrund der veränderten Wertfeststellungen ein negativer Erwerb im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG zu berücksichtigen sei. Den auf ihn entfallenden Erwerb berechnete der Kläger mit ./. X Euro (Wert des Anteils laut Feststellungsbescheid vom 29.04.2014 in Höhe von X Euro abzüglich Abfindungsanspruch in Höhe von X Euro; von der Differenz in Höhe von ./. X Euro ein Viertel).

Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 10.06.2014 ab. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG sei als Ausnahmeregelung abschließend und erfasse die Bereicherung der Mitgesellschafter nach dem todesbedingten Ausscheiden eines Gesellschafters, die sich infolge der Anwachsung bei den Mitgesellschaftern ergebe, wenn der Anteilswert die Abfindungsansprüche der Erben übersteige. Es werde damit ausnahmsweise eine nicht aus dem Vermögen des Zuwendenden stammende Bereicherung besteuert.

Nach dem dagegen am 26.06.2014 erhobenen Einspruch setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer durch weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 28.07.2014 auf X Euro fest, ohne dass er einen Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erfasste (vgl. Bescheid, Erbschaftsteuerakte IV). Durch Einspruchsentscheidung vom 10.03.2016 setzte er die Steuer aus hier nicht streitigen Gründen anderweitig fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Mit seiner am 13.04.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Erfassung eines negativen...

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