Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerpflicht aufgrund schwebend unwirksam abgeschlossener Grundstückskaufverträge

 

Leitsatz (redaktionell)

Dass Grundstückskaufverträge unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen worden sind, die lange Zeit nicht eingetreten ist, hindert nicht an der Grunderwerbsteuerpflicht (hier wegen einer Anteilsvereinigung), sofern die Vertragspartner den Vollzug der Kaufverträge ins Werk setzen, indem die Auflassungen erklärt werden.

 

Normenkette

GrEStG § 14 Nr. 1; AO § 41 S. 1; GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2014; Aktenzeichen II R 26/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Grundstücke im Zeitpunkt einer Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zum Vermögen der betreffenden Gesellschaft gehörten.

Der Kläger (Kl.) sowie Herr B D waren zunächst zu jeweils 50 % am Stammkapital der X GmbH (GmbH) von insgesamt nominal 26.000 EUR beteiligt. Die GmbH war – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – Eigentümerin des Gebäudes C-Straße … sowie der Wohnung Nr. 6 im Mehrfamilienhaus …, R-Weg … in S.

Mit notariellen Verträgen vom 14.06.2005 (UR …/05 und …/05 des Notars T, S) kaufte die GmbH zwei Grundstücke (Gemarkung M, Flur …, Flurstück 123, Größe: 14.711 m² und Gemarkung M, Flur …, Flurstück 456, Größe: 4.936 m²). Der Kaufpreis betrug 1.100.000 EUR bzw. 470.000 EUR. In den Vorbemerkungen der Verträge war festgehalten, dass die GmbH beabsichtige, die Grundstücke innerlich neu zu vermessen, zu parzellieren, zu veräußern und zu bebauen. Die Verkäuferinnen erteilten der GmbH Vermessungs- und Katastervollmacht. Die GmbH sei berechtigt, mit Abverkäufen von Teilflächen aus der jeweiligen Kauffläche sofort zu beginnen. In den Verträgen wurde jeweils vereinbart, dass sie aufschiebend bedingt wirksam seien. Aufschiebende Wirksamkeitsbedingung sei:

  • der für die Kauffläche 123 vorgesehene Bebauungsplan sei rechtskräftig,
  • der Erteilung von Baugenehmigungen stünden keine Bedenken der Stadt S / Bauamt entgegen,
  • die innere Erschließung der Bauplätze sei gegeben, so dass mit einer Bebauung begonnen werden könne und
  • die Verkäuferpartei habe der Stadt S die Ausgleichsflächen durch Vertrag zur Verfügung gestellt oder bezahlt.

Weiter heißt es in den Verträgen, dass die GmbH den Notar vom Eintritt der Bedingungen informieren werde. Der Notar solle mit Dienstsiegel den Bedingungseintritt für die Beteiligten feststellen, und das Finanzamt S (den Beklagten – Bekl. –) dann über den Bedingungseintritt informieren. Zur Auflassung heißt es, dass sie erklärt werden solle, wenn die Wirksamkeit des Vertrags eingetreten sei. Die Vertragsparteien erteilten zwei Notariatsangestellen Auflassungsvollmacht sowie Durchführungsvollmacht zur Abgabe aller erforderlichen Erklärungen und Anträge.

Mit notariellem Vertrag vom 27.04.2006 (UR …/06 des Notars T) kaufte die GmbH zudem eine in einem dem Vertrag anliegenden Plan gekennzeichnete, noch zu vermessende Teilfläche von ca. 2.530 m² aus dem Grundstück M, Flur …, Flurstück 789 (Nachbargrundstück des Flurstücks 123). Der Kaufpreis betrug 207.000 EUR. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Vertrag über das Flurstück 123 wirksam werde. Als weitere aufschiebende Wirksamkeitsbedingung wurden auch in diesem Vertrag Rechtskraft des Bebauungsplans, fehlende Bedenken gegen die Erteilung von Baugenehmigungen und innere Erschließung der Bauplätze vereinbart. Aufschiebende Wirksamkeitsbedingung sei darüber hinaus, dass die Fortschreibungsunterlagen zur Kauffläche vorlägen, die Kauffläche also vermessen sei und das Katasteramt für die Kauffläche eine neue Flurstücknummer vergeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die drei Vertragsurkunden Bezug genommen.

Die Dinge entwickelten sich wie folgt: Das Flurstück 789 wurde im Juli 2006 vermessen. Am 24.08.2006 schloss die GmbH mit der Stadt S einen städtebaulichen Vertrag / Erschließungsvertrag zur Aufstellung eines Bebauungsplans für das Grundstück 123 und die Teilfläche des Grundstücks 789 (Bezeichnung des Baugebiets „Wohnpark E”, Straßenbezeichnung: Y). In diesem Vertrag verpflichtete sich die GmbH zudem, einen Betrag in Höhe von 32.714 EUR für Ausgleichsmaßnahmen an die Stadt S zu zahlen. Der Bebauungsplan trat am 30.09.2006 in Kraft. Bauvorhaben konnten im Freistellungsverfahren nach § 67 Bauordnung NRW (BauO NW) verwirklicht werden. Am 05.10.2006 erteilte die GmbH den Auftrag für einen Entwässerungskanal und für Straßenbauarbeiten zur Erschließung des Wohnparks E an die I GmbH & Co. KG. Das Auftragsvolumen belief sich auf rd. 290.000 EUR. Die Bauarbeiten sollten am 30.10.2006 beginnen und 70 Arbeitstage in Anspruch nehmen. Eine 1. Teilrechnung über rd. 37.300 EUR für im November ausgeführte Baumaßnahmen erteilte die I GmbH & Co. KG am 24.11.2010. Die Baustraße wurde von der Stadt S am 25.01.2007 abgenommen. Bis zum 01.11.2006 hatte die GmbH von den auf den ehemaligen Grundstücken 123 und 789 bis dahin gebildeten ca. 25 Parzellen 15 Parzellen an Endabnehmer v...

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