Entscheidungsstichwort (Thema)

Erzielung eines Veräußerungsgewinns aus der verdeckten Einlage eines Anwartschaftsrechts aufgrund des Verzichts auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Veräußerungsgewinn aus der verdeckten Einlage eines Anwartschaftsrechts auf Bezug von Geschäftsanteilen an einer inländischen GmbH unterliegt gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG i.V.m. 17 Abs. 1 Satz 2 EStG der beschränkten Steuerpflicht.

2) Von der Übertragung einer Anwartschaft i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG ist auch dann auszugehen, wenn sich die Altgesellschafter nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen oder das Bezugsrecht der Altgesellschafter in dem für die Kapitalerhöhung notwendigen Gesellschafterbeschluss mit der Folge ausgeschlossen wird, dass gesellschaftsrechtlich kein Bezugsrecht entsteht.

3) Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns können nur dann fiktive Anschaffungskosten in Höhe des gemeinen Werts des Anwartschaftsrechtes berücksichtigt werden, wenn die stillen Reserven des Anwartschaftsrechts im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung steuerlich erfasst worden sind oder noch erfasst werden können.

 

Normenkette

EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e; KStG § 2 Nr. 1; EStG § 17 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.09.2022; Aktenzeichen I R 47/19)

BFH (Urteil vom 08.02.2017; Aktenzeichen I R 55/14)

BFH (Urteil vom 08.02.2017; Aktenzeichen I R 55/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin durch den Verzicht einer Tochtergesellschaft auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG und § 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erzielt hat.

Die Klägerin ist eine mit Statut vom …1998 gegründete Stiftung liechtensteinischen Rechts mit Sitz in B. Destinatäre der Klägerin sind in Österreich ansässige Mitglieder (Ehefrau und Kinder) der Familie des Gründers der Firmengruppe, Herrn C. Die Klägerin hielt im Jahre 2001 sämtliche Anteile an einer Anstalt liechtensteinischen Rechts namens D (D), die ebenfalls in B ansässig war. Nach Darstellung der Klägerin wurden die Anteile zuvor von einer dem Einflussbereich des Herrn C zuzurechnenden liechtensteinischen Stiftung gehalten und nach Gründung der Klägerin auf diese übertragen. Zudem war die Klägerin alleinige Anteilseignerin der in Luxemburg ansässigen E Holdings S.a.r.l., die wiederum sämtliche Anteile an der in Deutschland ansässigen, mit notariellem Vertrag vom …1998 gegründeten und am …1998 im Handelsregister eingetragenen E Holding GmbH hielt.

Die D und die in Liechtenstein (F) ansässige Aktiengesellschaft G (G), deren Anteile nach Darstellung der Klägerin von einer dem Einflussbereich des Vaters von C, H, zuzurechnenden Stiftung gehalten wurden, hielten seit Beginn der 80er Jahre jeweils 50 % der Anteile an der in Deutschland (I) ansässigen E GmbH. Diese wiederum war alleinige Anteilseignerin der im Jahre 1991 gegründeten E GmbH J. Die E GmbH und die E GmbH J hatten im Jahr 1992 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag für die ab dem 01.10.1991 beginnenden Wirtschaftsjahre abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 27.10.1997 beantragte die E GmbH beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Im Rahmen ihres Antrags legte sie dar, dass beabsichtigt sei, bei der E GmbH eine Kapitalerhöhung durch Aufnahme eines neuen Gesellschafters durchzuführen. Sie begehrte eine verbindliche Auskunft darüber, dass bei der steuerlichen Beurteilung der Rechtsfolgen aus diesem Sachverhalt der Unternehmenswert der E GmbH einschließlich des Wertes der mit dieser verbundenen Tochtergesellschaft E GmbH J mit rund 39,7 Mio. DM festgelegt werde. Mit Schreiben vom 10.12.1997 modifizierte die E GmbH ihren Antrag vom 27.10.1997 in der Weise, dass sie beantragte eine verbindliche Auskunft wie folgt zu erteilen: „Aus Sicht der Finanzverwaltung ergeben sich aus dem Vorgang der Kapitalerhöhung und der Übernahme der Anteile durch die E Holdings S.A.R.L in Luxemburg über die deutsche E Beteiligungen / Holding GmbH weder für die E GmbH K – I noch für die an der Kapitalerhöhung beteiligten Gesellschafter steuerrechtliche Folgen.” Nachdem die E GmbH mit einem weiteren Schreiben vom 19.12.1997 noch Informationen zur Kapitalausstattung der zu gründenden E Holding GmbH und einen Entwurf des Beschlusses über die beabsichtigte Kapitalerhöhung vorgelegt hatte, erteilte der Beklagte am 22.01.1998 folgende verbindliche Auskunft: „… vorbehaltlich der Durchführung des in den Schreiben vom 10. und 19.12.1997 dargestellten Sachverhalts, betreffend Kapitalerhöhung durch Neuaufnahme der E Beteiligungen/ Holding GmbH erkläre ich verbindlich, daß aus Sicht der Finanzverwaltung keine Bedenken an dem geschilderten Rechtsstandpunkt bestehen. Der Vorgang der Kapitalerhöhung und der Übernahme der Anteile durch die E Holdings S.A.R.L. in Luxemburg über die deutsche E Beteiligungen/ Holding GmbH hat weder für...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge