Entscheidungsstichwort (Thema)

Buchführungsmängel, Hinzuschätzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Ausschluss der Sicherheitsleistung kommt nur in Betracht, soweit der gegen den Grundlagenbescheid gerichtete Rechtsbehelf mit Sicherheit oder mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird.

2) Eine Hinzuschätzung ist unschlüssig, wenn sie sich zwar an den Rohgewinnaufschlagsätzen der amtlichen Richtsatzsammlungen orientiert, jedoch zu Reingewinnen führt, die deutlich über den Reingewinnen liegen, die sich unter Anwendung des obersten Wertes des Reingewinn-Prozentsatzes in den amtlichen Richtsatzsammlungen ergeben.

3) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist dann entsprechend auszuschließen.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3; AO § § 140 ff, § 162; FGO § 69 Abs. 2 S. 6 Hs 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob bei der Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden eine Sicherheitsleistung auszuschließen ist.

Der Antragsteller betreibt ein italienisches Restaurant („I-Restaurant”). Seinen Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich.

Der Antragsgegner setzte die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre 2008 bis 2010 zunächst auf der Grundlage der von dem Antragsteller erklärten Gewinne fest, wobei die Bescheide für 2009 und 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen.

Nachdem anonyme Strafanzeigen gegen den Antragsteller bei dem Antragsgegner und dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N-Stadt eingegangen waren, wurde am 04.11.2011 ein Strafverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung bezüglich der Jahre 2008 bis 2010 eingeleitet. Zudem ordnete der Antragsgegner mit Verfügung vom 03.02.2012 eine steuerliche Außenprüfung bei dem Antragsteller an. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N-Stadt kam in seinem Bericht vom 27.12.2012 zu folgenden steuerlichen Feststellungen:

Der Antragsteller habe in seinem Restaurant eine Registrierkasse der Firma K eingesetzt. Dokumentationsunterlagen über die Kassenprogrammierung hätten sich nicht bei den Buchführungsunterlagen befunden und hätten auch bei der Durchsuchung der Wohnung sowie der Geschäftsräume des Antragstellers nicht sichergestellt werden können. Die eingesetzte Registrierkasse sei in der Weise programmiert, dass bei Bedienen der Taste „Tagesabschluss” ein so genannter Kettenbericht ausgedruckt werde. Dieser bestehe aus einem Finanzbericht (= Tagesendsummenbon), einem Bedienerbericht und einem Hauptgruppenbericht. Auf den Finanzberichten sei zwar das jeweilige Datum, nicht aber die Uhrzeit des Ausdrucks angegeben. Es seien nur die Barumsätze, nicht hingegen die Einnahmen mittels Scheck und Kreditkarte, welche ausweislich der Bankunterlagen ebenfalls erzielt worden seien, ausgewiesen worden.

Angaben zu den aus der Kasse getätigten Entnahmen hätten in den Finanzberichten gefehlt. Da nach Abruf der Finanzberichte der Speicher gelöscht worden sei, hätten die Umsätze nachträglich nicht mehr sichtbar gemacht werden können. Täglich seien zudem die Bedienerberichte ausgedruckt worden. Im Prüfungszeitraum hätten sich allerdings nur wenige – das heißt insgesamt vier – Bedienerberichte in den aufbewahrten Unterlagen befunden. Nach Aussage zweier Angestellter seien diese Berichte vernichtet worden. In Anbetracht des Umstandes, dass sich in den Unterlagen für Februar 2011 ein „Finanzbericht monatlich” befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Antragsteller diese Berichte monatlich abrufe. Aufbewahrt worden seien diese allerdings nicht. Vor dem Hintergrund, dass die laufende Nummer für den „Z-Zähler 2” (= Z-Zähler für Monatsberichte) nicht auf dem Finanzbericht aufgedruckt sei, sei davon auszugehen, dass die Kasse so programmiert worden sei, dass nur das Nötigste angezeigt werde.

Für den Veranlagungszeitraum 2008 habe der Antragsteller folgende Unterlagen nicht aufbewahrt:

  • Buchführungsunterlagen für Mai
  • 2 Finanzberichte (Z)
  • 361 Bedienerberichte (Z)
  • 362 Hauptgruppenberichte (Z)
  • 10 Monatsberichte

Für das gesamte Jahr 2008 seien 32 Postenstorni, jedoch keine Nachstorni ausgewiesen worden.

Für den Veranlagungszeitraum 2009 hätten folgende Unterlagen gefehlt:

  • • 3 Finanzberichte (Z)
  • • 350 Bedienerberichte (Z)
  • • 350 Hauptgruppenberichte (Z)
  • • 7 Monatsberichte.

Für das gesamte Jahr 2009 seien 1 Postenstorno, jedoch keine Nachstorni ausgewiesen worden.

Für den Veranlagungszeitraum 2010 hätten folgende Unterlagen gefehlt:

  • • 5 Finanzberichte (Z)
  • • 362 Bedienerberichte (Z)
  • • 362 Hauptgruppenberichte (Z)
  • • 7 Monatsberichte.

Für das gesamte Jahr 2010 seien 17 Postenstorni, jedoch keine Nachstorni ausgewiesen worden.

Ferner seien in dem gesamten Prüfungszeitraum in den Kassenberichten weder Kassenbestände noch die Einlage von Geld ausgewiesen worden. Die täglichen Kassenberichte könnten daher nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, da ein gewisser Wechselgeldbestand in der Kasse hätte verbleiben müssen. Auch die vorgelegten Inventare entsprächen nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Insbesonder...

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