rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerpflichtige die AdV während eines Insolvenzverfahrens wegen einer Forderung begehrt, die bei Eröffnung des Verfahrens bereits entstanden war.

2) Ergeht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Beschluß des zuständigen Amtsgerichts zur Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3, § 88 InsO, in dem die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerpflichtigen untersagt wird, und erklärt das Finanzamt, dass ihm kein unbewegliches Vermögen des Steuerpflichtigen bekannt sei, welches zum Gegenstand von Vollstreckungsmaßnahmen gemacht werden könne, so entfällt das Rechtsschutzbedürfnis bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

3) Ein Rechtsschutzbedürfnis ist in diesem Fall auch nicht für den gemäß § 44 AO als Gesamtschuldner haftenden - nicht von der Eröffnung des Insolvenzverfahren betroffenen - Ehegatten gegeben, wenn dieser ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogen hat, da der Ehegatte in diesem Fall die Möglichkeit hat, die Aufteilung der Steuerschuld nach Maßgabe der §§ 268 ff. AO zu verlangen und davon auszugehen ist, dass die auf ihn entfallende Steuerschuld mit dem Lohnsteuerabzug erfüllt ist.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3; AO 1977 §§ 44, 268 ff.; InsO §§ 21, 21 Abs. 2, 2 Nr. 3, § 88; FGO § 69

 

Gründe

Zu entscheiden ist über die Zulässigkeit von Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV).

Die Antragsteller (Ast.) sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Ast. betreibt in N. ein Restaurant. Die Ehefrau ist in seinem Betrieb als Angestellte beschäftigt. Sie erzielte in den Streitjahren 1998 bis 2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 42.550 DM (1998) 90.500 DM (1999) und 96.000 (2000).

Im Rahmen einer Außenprüfung (Ap) beim Ast. sahen die Prüfer die Buchführung als nicht ordnungsgemäß an. Aufgrund eines durchgeführten Zeit-Reihen-Vergleichs nahmen sie Umsatz und Gewinnzuschätzungen in Höhe von 401.700 DM (1998), 175.900 DM (1999) und 250.200 DM (2000) vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Ap-Bericht vom 05.04.2002 verwiesen.

Entsprechend diesen Feststellungen erließ der Antragsgegner (Ag. – das Finanzamt – FA –) gegenüber den Ast. Einkommensteueränderungsbescheide 1998 bis 2000 vom 24.04.2002 sowie gegenüber dem Ast. Umsatzsteueränderungsbescheide 1998 bis 2000 vom 24.04.2002 sowie Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998 bis 2000 vom 06.06.2002, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Hiergegen legten die Ast. bzw. der Ast. (betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbeträge) Einspruch ein. Sie meinten, dass die Buchführung des Ast. ordnungsgemäß sei und bestritten die Höhe der Gewinnzuschätzung (Schreiben der Ast. vom 06.05.2002 und vom 26.03.2002).

Gleichzeitig beantragten sie AdV dieser Bescheide.

Diese Anträge lehnte das FA mit Bescheid vom 27.05.2002 betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 und mit Bescheid vom 04.07.2002 betreffend Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbescheide 1998 bis 2000 ab.

Nunmehr beantragen die Ast. AdV betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 (Aktenzeichen 8 V 3326/02 E, Ki) und der Ast. AdV betreffend Umsatzsteuer (sowie Zinsen zur Umsatzsteuer) und Gewerbesteuermessbeträge 1998 bis 2000 bei Gericht.

Sie meinen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, soweit diese die ursprünglichen Bescheide auf der Grundlage der Tz. 9 – 11 des Ap-Berichts vom 05.04.2002 ändern würden. Entgegen der Auffassung des FA sei die Kassenführung des Ast. formell und auch materiell ordnungsgemäß. Die Beweiskraft der Buchführung sei daher nicht eingeschränkt, da sie keine gravierenden Mängel aufweise. Es lägen allenfalls geringfügige Versäumnisse bei der Buchführung (hier: nicht jederzeitige Feststellung der Kassensturzfähigkeit) vor, die allenfalls die Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages nicht aber eine Vollschätzung rechtfertigen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 20.06.2002, 10.07.2002, 07.08.2002 im Verfahren 8 V 3326/02 E, Ki und auf die Schreiben vom 12.07.2002 und vom 07.08.2002 im Verfahren 8 V 3789/02 G, E sowie auf die diesen Schreiben beigefügten Anlagen verwiesen.

Die Ast. beantragen,

die Vollziehung folgender Bescheide auszusetzen:

  • Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 jeweils vom 24.04.2002,
  • Umsatzsteuerbescheide (sowie Zinsen zur Umsatzsteuer) 1998 bis 2000 jeweils vom 24.04.2002 und
  • Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 1998 bis 2000 jeweils vom 06.06.2002.

Das FA beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Es meint, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der aufgrund der Ap ergangenen Steuerbescheide. Die Hinweise in den Schreiben der Ast. zu geringfügigen Mängeln in der Buchführung und der fehlenden Berechtigung zur Vollschätzung seien falsch. Denn zum einen handele es sich um erhebli...

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