Entscheidungsstichwort (Thema)

Spediteur als Entzieher von Branntwein aus dem Steueraussetzungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird eine Ware dem Steueraussetzungsverfahren entzogen, ist der Spediteur Entzieher und damit Steuerschuldner, wenn er sich als Mittäter an der mit der Entziehungshandlung verbundenen Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat.

2. Die für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche Erfüllung des subjektiven Tatbestands einer Steuerhinterziehung ist nicht Tatbestandsmerkmal des § 143 Abs. 4 S. 2 BranntwMonG.

 

Normenkette

BranntwMonG § 143 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 2; ZK Art. 203 Abs. 3; FGO § 102

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA) den Kläger zu Recht als Schuldner von Branntweinsteuer in Anspruch genommen hat.

Der Kläger übernahm als Frachtführer (Spediteur) am 16. Juli 1998 bei der Fa. D in Italien eine Sendung mit 28.000 Liter 96%igen Alkohol zur Ausfuhr aus der Europäischen Gemeinschaft unter Steueraussetzung über Deutschland nach Russland. Als Bestimmungsstelle war das Zollamt L angegeben. Hierfür war das begleitende Verwaltungsdokument (bVd) Nr. 31/A ausgestellt. Fahrer des Transports war der zwischenzeitlich verstorbene J.

Nach den Feststellungen des HZA wurde die Alkoholsendung nach Deutschland verbracht, wo das von den italienischen Behörden ausgestellte bVd gegen gefälschte Begleitpapiere ausgetauscht wurde, die als beförderte Ware Teppichbodenfixierung auswiesen. Mit diesen wurde die Alkoholsendung über das Zollamt P nach Tschechien ausgeführt. Die ordnungsgemäße Erledigung des bVd wurde durch gefälschte Zollstempel und Abfertigungsvermerke vorgetäuscht.

Der Kläger wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts X vom 27. Juli 1999 u.a. wegen seiner Beteiligung am hier streitgegenständlichen Alkoholtransport (Fall Nr. 2 des Strafurteils) als Mittäter einer Steuerhinterziehung verurteilt, weil er sein Fahrzeug und den Fahrer, entsprechend der Bestellung seiner Auftraggeber zum Alkoholschmuggel und in Kenntnis der Tatumstände, zur Verfügung gestellt und den Fahrer mittels Mobilfunktelefon zu den ihm vorgegebenen Orten dirigiert hat. Hinsichtlich der Abwicklung des streitgegenständlichen Alkoholtransports wird auch auf das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Y, mit dem andere an dem Alkoholschmuggel beteiligte Personen wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurden, und das Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung des Fahrers J vom 12. Februar 1999 verwiesen.

Das HZA forderte deshalb mit Steuerbescheid vom 8. April 2003 vom Kläger 350.459,91 EUR Branntweinsteuer an, weil er sich durch arbeitsteiliges Zusammenwirken mit den Hintermännern des Schmuggels am Entziehen des Branntweins aus dem Steueraussetzungsverfahren beteiligt habe.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2006 Klage, mit der er im Wesentlichen geltend macht, weder für die Anmeldung unzutreffender Waren bei der Ausgangsstelle verantwortlich noch hieran beteiligt gewesen zu sein. Sein Geständnis vor dem Landgericht X sei nur vor dem Hintergrund der ungünstigen Prozesssituation und auf dringende Empfehlung seines damaligen Verteidigers zur Vermeidung einer höheren Freiheitsstrafe abgegeben worden.

Der Kläger beantragt,

den Steuerbescheid vom 8. April 2003 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA beantragt,die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen vor, dass die Beteiligung des Klägers am Entziehen durch das Einräumen des äußeren Tathergangs vor dem Landgericht X und dessen rechtskräftiges Urteil sowie durch die Aussage des Fahrers J belegt sei. Er sei Mittäter gewesen, denn seine Rolle als koordinierender Fuhrunternehmer der Fahrt und als Vermieter des Lkw-Gespanns sei unverzichtbar für das Gelingen des Tatplans gewesen. Seine gegenteiligen Einlassungen seien als Schutzbehauptungen zu werten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das HZA hat den Kläger zu Recht als Schuldner der entstandenen Branntweinsteuer in Anspruch genommen.

1. Die Branntweinsteuer für den mit dem streitgegenständlichen Transport aus Italien über Deutschland nach Tschechien verbrachten Alkohol ist unstreitig gem. § 143 Abs. 1 Satz 1 Branntweinmonopolgesetz – BranntwMonG – in Deutschland entstanden, weil er dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden ist, indem bei der Ausgangszollstelle eine andere als die in das Verfahren der Steueraussetzung übergeführte Ware angemeldet worden ist und hierbei entsprechend gefälschte Versandpapiere vorgelegt worden sind. Die tatsächliche Ausfuhr des Alkohols in die Tschechische Republik steht der Annahme, dass die Steuer nach § 143 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG entstanden ist, nicht entgegen (vgl. Bundesfina...

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