Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsverlust. Entstehungszeitpunkt

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Auflösungsverlust ist im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG nur dann vor dem Abschluss des Liquidationsverfahrens zu berücksichtigen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich oder eine Sanierung der Gesellschaft ausgeschlossen erscheint.

 

Normenkette

EStG § 17

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die verheirateten Kläger beziehen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen. Sie werden beim Beklagten, dem Finanzamt München IV, zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Für das Streitjahr beantragen sie die Anerkennung von Verlusten aus der Auflösung einer wesentlichen Beteiligung. Der Kläger war zu 36,4% an der … GmbH beteiligt, für die am 12.08.1999 Insolvenzantrag gestellt und am 10.12.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Mangels Masse kam es am 14.11.2001 zur Einstellung des Insolvenzverfahrens.

In der Einkommensteuererklärung 1999 beantragten die Kläger die Anerkennung eines Auflösungsverlusts von 259.073 DM, der Beklagte ließ den Verlust im Einkommensteuerbescheid 1999 vom 24.01.2002 jedoch unberücksichtigt. Die GmbH sei erst mit Einstellung des Insolvenzverfahrens aufgelöst worden, ein früherer Verlustansatz komme deshalb nicht in Betracht. Den hiergegen erhobenen Einspruch, der sich nach dem Änderungsbescheid vom 14.02.2002 gegen diesen Bescheid richtete, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2004 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Wegen bestehender Verbindlichkeiten von über 1.000.000 DM sei bereits bei Stellung des Insolvenzantrags mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestanden, dass sowohl die ursprünglichen Anschaffungskosten des Klägers (18.200 DM) nicht mehr zurückgezahlt werden würden, als auch, dass der Kläger sein Gesellschafterdarlehen verlieren (14.153 DM) und aus einer Bürgschaft gegenüber der HypoVereinsbank in Anspruch genommen werden würde (222.000 DM). Gegenüber der Bank habe er in 1999 200.000 DM und in 2000 weitere 22.000 DM begleichen müssen. Da dies bereits bei Stellung des Insolvenzantrags absehbar gewesen sei, beantrage er den Ansatz des Gesamtverlustes von 254.353 DM im Streitjahr.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 24.01.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2004 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb ein Verlust nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) aus wesentlicher Beteiligung an der EAT GmbH in Höhe 254.353 DM berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Verlust sei erst nach der Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2001 zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten und die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist unbegründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsteht ein Auflösungsverlust gemäß § 17 Abs. 4 EStG grundsätzlich erst mit Abschluss des Liquidationsverfahrens. Die Entstehung eines nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Verlustes setzt neben der zivilrechtlichen Auflösung der Gesellschaft weiter voraus, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen nicht mehr rechnen kann; es muss ferner feststehen, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten anfallen werden, und welche im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Aufgabekosten der Gesellschafter zu tragen hat. Ausnahmen hat der Bundesfinanzhof zugelassen, wenn aufgrund des Inventars und der Konkurseröffnungsbilanz des Konkursverwalters oder einer Zwischenrechnungslegung ohne weitere Ermittlungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich ausgeschlossen erscheint (Beschluss des BFH vom 1. April 2004 VIII B 172/03, nicht amtlich veröffentlicht, Haufe-Index 1174915, juris; Urteil des BFH vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761). Es muss die Möglichkeit einer späteren Auskehrung von Restvermögen an die Gesellschafter ausgeschlossen sein.

Nach dem Beschluss des Finanzgerichts München vom 28. Januar 2005 (9 V 4268/04, juris Nr. STRE200570383) kann der Zeitpunkt der Verlustrealisierung schon vor Abschluss der Liquidation durch Konkurs liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits bestehenden Verlustes wegen Vermögenslosigkeit der GmbH nicht mehr zu rechnen ist. Nach Auffassung des Gerichts ist die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft keine Vermögenslosigkeit in diesem Sinne. Eine Über...

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