Entscheidungsstichwort (Thema)

Realisierungszeitpunkt des Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG. Zurechnung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG. Umfang der Vorläufigkeit des Bescheids. Festsetzungsfrist bei vorläufiger Steuerfestsetzung. AdV der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs und AdV der Folgebescheide

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG entsteht bei einer GmbH, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, grundsätzlich erst mit Abschluss des Konkursverfahrens.

2. Hat der Stpfl. die GmbH-Anteile unentgeltlich erworben, sind nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für die Ermittlung des Auflösungsverlusts die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend. Hat der Rechtsvorgänger der GmbH ein kapitalersetzendes Darlehen gegeben, das steuerlich als nachträgliche Anschaffungskosten zu werten ist, so sind diese nachträglichen Anschaffungskosten dem Stpfl. auch dann zuzurechnen, wenn der Rechtsvorgänger ihm die Darlehensforderung nicht abgetreten hat.

3. Erging der Einkommensteuerbescheid nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlusts, kann das FA eine Änderung nach § 165 Abs. 2 AO auch dann vornehmen, wenn es zu der Erkenntnis kommt, dass ein Veräußerungsverlust in diesem Jahr überhaupt nicht anzusetzen ist.

4. Sind die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10 d Abs. 4 EStG von der Vollziehung ausgesetzt worden, ist auch die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide der Folgejahre, bei denen ein Verlustabzug nach § 10 d Abs. 2 EStG zu Unrecht nicht vorgenommen wurde, möglich.

 

Normenkette

EStG 1997 § 17 Abs. 4, 2; EStG § 10d; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 4

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2000, 2001 und 2002 vom 10. August 2004 und des Einkommensteuerbescheids 2003 vom 1. Oktober 2004 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in folgender Höhe ausgesetzt: Einkommensteuer 2000: 20.134,16 EUR, Einkommensteuer 2001: 23.227,48 EUR, Einkommensteuer 2002: 23.535,00 EUR, Einkommensteuer 2003: 11.237,00 EUR.

Die Vollziehung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.2001 und 31.12.2002 vom 10. August 2004 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens mit der Maßgabe ausgesetzt, dass vorläufig von einem verbleibenden Verlustabzug von 119.999 EUR zum 31.12.2001 und 54.882 EUR zum 31.12.2002 ausgegangen wird.

Die Verwirkung angefallener Säumniszuschläge wird insoweit aufgehoben, als sie auf die ausgesetzten Beträge entfallen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die ASt zu 1/8 und das Finanzamt zu 7/8.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist u.a., in welcher Höhe und in welchem Jahr ein Verlust nach § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen ist.

Der Antragsteller (ASt) hat am 5. Februar 1998 45 % des Stammkapitals (Geschäftsanteile im Nennbetrag von 45.000 DM) der …D-GmbH unentgeltlich von seiner Mutter erworben (s. notarieller Geschäftsanteilsabtretungsvertrag vom 5. Februar 1998). Im Jahr 1995 hatte die Mutter der D-GmbH ein Darlehen von 500.000 DM gewährt. Die Bilanz der D-GmbH zum 31.12.1994 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 693.943 DM aus. Die Mutter trat die Darlehensforderung bei der Geschäftsanteilsabtretung nicht an den ASt ab. Am 18. Mai 1998 wurde über das Vermögen der D-GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter erstellte am 20. Dezember 2001 die Schlussrechnung, aus der sich ein verfügbarer Massebestand von 51.571,96 DM ergab. Die Mutter meldete ihre Darlehensforderung in Höhe von 500.000 DM zur Konkurstabelle an, fiel aber damit in vollem Umfang aus. Am 6. November 2003 wurde die D-GmbH im Handelsregister gelöscht.

Der ASt machte in der Einkommensteuererklärung 1998 einen Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG in Höhe von 545.000 DM geltend (Stammkapital von 45.000 DM, kapitalersetzendes Darlehen von 500.000 DM). Im nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes erlassenen Einkommensteuerbescheid 1998 vom 3. Januar 2000 berücksichtigte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) den erklärten Verlust nach § 17 Abs. 4 EStG. Im Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 stellte das FA einen verbleibenden Verlustabzug in Höhe von 524.535 DM fest. In den Einkommensteuerbescheiden 1999 bis 2002 wurde jeweils ein Verlustabzug nach § 10 d Abs. 2 EStG durchgeführt, der zu einer Steuer von jeweils 0 DM (0 EUR) führte. In den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 bis 31.12.2002 wurde der nach Abzug des Verlustabzugs verbleibende Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 EStG jeweils fortgeschrieben.

Mit Änderungsbescheid vom 10. August 2004 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung für 1998 nach § 165 Abs....

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