Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerstundungsmodell. Abzugsbeschränkung auch bei Definitivwerden der Verluste. § 15b EStG ist verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In den Anwendungsbereich des § 15b EStG fallen alle Objekte, die auf der Basis eines modellhaften, vorgefertigten Konzepts an den Steuerpflichtigen herangetragen werden, wenn Verluste oberhalb der Nichtaufgriffsgrenze nach § 15b Abs. 3 EStG vorgesehen sind. Dies gilt auch für Fonds, die nicht primär darauf angelegt sind, ihren Anlegern einen Verlust zuzuweisen.

2. Eine einschränkende Auslegung des § 15b EStG dahin, dass die lediglich verrechenbaren Verluste im Falle ihres Definitivwerdens (durch Wegfall der Einkunftsquelle; im Streitfall aufgrund der Insolvenz der Fondsgesellschaft) als abzugsfähige Verluste zu behandeln sind, kommt nicht in Betracht.

3. Die Beschränkung des Verlustabzugs bei Steuerstundungsmodellen gemäß § 15b EStG ist auch bei Eintritt von Definitivverlusten nicht verfassungswidrig.

 

Normenkette

EStG § 15b; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 123.077,00 EUR.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob

  • • ein Steuerstundungsmodell gemäß § 15b EinkommensteuergesetzEStG– vorliegt,
  • • sogenannte finale Verluste zu vollausgleichsfähigen Verlusten führen,
  • § 15b EStG verfassungsgemäß ist und ob
  • • Verluste aus dem steuerlichen Sonderbetriebsvermögen des Klägers bereits dem Grunde nach von der Vorschrift des § 15b EStG erfasst werden.

Der Kläger ist seit 18. Juli 2007 als Kommanditist an der A KG beteiligt (nachfolgend KG genannt).

Die KG ist im Kalenderjahr 2005 gegründet worden und hatte die Herstellung, den Handel mit Biodiesel und Pflanzenölen, Glycerin, Rapskuchen und Rapsschrot sowie den Handel mit alternativen Produkten zum Gesellschaftszweck.

Gesellschafter der Kommanditgesellschaft waren im Streitjahr 2009:

  • • die C GmbH (Komplementärin),
  • • die D (Kommanditistin),
  • • die E (Kommanditistin),
  • • die F (Treuhandkommanditistin) sowie
  • • diverse weitere Kommanditisten (vgl. Anlage FB zur Feststellungserklärung 2009).

Zur Aufnahme des Unternehmensgegenstandes wurde durch die KG eine Biodiesel-Produktionsanlage (Biodieselwerk) errichtet.

Bei der KG handelt es sich um einen geschlossenen Fonds, der von der E, die langjährige Erfahrung in der Konzeption und Verwaltung geschlossener Fonds hatte, initiiert wurde. Komplementärin der KG ist die G.

Gründungsgesellschafter der KG war unter anderem die F, die laut Treuhandvertrag vom 05. Oktober 2005 die Kommanditanteile treuhänderisch im Namen und auf Rechnung der Anleger verwalten sollte.

Am 22. November 2005 legte die E einen Werbeprospekt für den streitgegenständlichen Fonds auf. Bei dem Beteiligungsangebot wurde dem Kapitalanleger die Möglichkeit gegeben, sich ab 20.000,00 EUR an der KG zu beteiligen. Das gesamte Kommanditkapital betrug 19,2 Mio. EUR, wovon 17,3 Mio. EUR zur Beteiligung angeboten wurden.

Der wesentliche Teil des Werkes sollte in der Herstellung von Biodiesel aus Raps bestehen. Die Jahreskapazität sollte dabei 60.000 Tonnen bzw. 67,1 Mio. Liter betragen, die bevorzugt an das Transportgewerbe verkauft bzw. durch Beimischung zum konventionellen Dieselkraftstoff verwendet werden sollte. Gerade in Bezug auf den Einsatz von Biodiesel im Transportgewerbe ging die KG zukünftig von einem erhöhten Bedarf aus.

Die Nebenprodukte wie hochwertiges Extraktschrot für die Verfütterung an Tiere sowie Fettsäuredestillat und Glycerin sollten zusätzlich insgesamt 24,2 % des gesamten Umsatzes ausmachen.

Bezüglich der zu erwartenden Umsatzerlöse und den daraus resultierenden Gewinnen war den potentiellen Anlegern für 2005/2006 ein steuerliches Ergebnis i. H. v. minus 3.071.000,00 EUR und für 2007 i. H. v. minus 902.000,00 EUR prognostiziert worden. Ab dem Kalenderjahr 2008 sollten sodann steuerliche Ergebnisse im positiven Bereich erwirtschaftet werden, so dass der Anleger bis zum Jahr 2020 einen Totalüberschuss i. H. v. 155,6 % erwirtschaften würde.

Zudem wurde in dem Prospekt auch zu den steuerlichen Verhältnissen – unter anderem auch zu der Problematik des § 15b EStG – Stellung genommen (siehe Prospekt Seite 76 und 78). Die Anleger wurden darauf hingewiesen, dass in der Anfangsphase ein kumuliertes negatives steuerliches Ergebnis i. H. v. 3,973 Mio. EUR bei einem eingesetzten Kapital von 17,3 Mio. EUR anfalle. Das Verhältnis von Verlust in der Anfangsphase zu dem eingesetzten Kapital betrage 22,97 % und liege somit über der in § 15b EStG geforderten 10 %-Grenze. Daher falle die Beteiligung unter die Beschränkung des Entwurfs des § 15b EStG. Folge für alle Anleger sei daher die fehlende Verlustverrechnung mit anderen Einkommensquellen. Die Anleger wurden ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung die Umsetzung des Gesetzes zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen mit Wirkung zum 11. November 2005 angekündigt habe und davon auszugehen sei, dass diese ...

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